Investmentsteuerreformgesetz – Was ändert sich
Seit dem 1.1.2018 ist es in Kraft, das neue Gesetz zur Fondsbesteuerung, genauer gesagt das Investmentsteuerreformgesetz. Wir hatten bereits darüber berichtet (Die Fonds und die neuen Steuerregeln) . Okay, werden sich jetzt die meisten Inhaber eines oder mehrerer Fonds sagen, dann leben wir ja schon ein Jahr damit und haben nicht viel gemerkt davon. Wird wohl nicht so wichtig sein.Doch leider müssen wir unsere Anleger enttäuschen. Denn dieses neue Gesetz, auch InvStRefG; in der Tat klingt es wirklich wie ein automatisch generiertes Passwort;, greift erst voll zum 1.1.2019. Es stammt noch aus der letzten Legislaturperiode.
Fondssparer werden sich also vermutlich über geheimnisvolle Abbuchungen zu Beginn des kommenden Jahres wundern und denken, dass es sich nur um eine Fehlbuchung handeln kann. Bevor Sie nun aber zu Ihrer Depotbank gehen oder dort lange Zeit in der telefonischen Warteschleife hängen, möchten wir Ihnen das Gesetz und die Änderungen für die Anleger einmal genauer erklären.
Folgendes werden wir in unserer kleinen Reihe erläutern:
Was sind das für Abbuchungen, die durch die Banken oder Fondsgesellschaften als Vorabpauschale vom Depotkonto abgebucht werden?
Um was muss ich mich als Fondsbesitzer im Zusammenhang mit der Pauschale kümmern?
Wie werden die Pauschalen bei wiederanlegenden und ausschüttenden Fonds ermittelt?
Und für unsere Steuersparer gibt es auch eine Antwort auf die Frage, ob sich dieser Abzug vermeiden lässt.
Zum Thema Verkauf von Fondsanteilen und Vorabpauschale werden wir Tipps geben.
Ebenso stellt sich die Frage, was bei einem Fonds mit negativer Entwicklung passieren wird.
Und muss man eventuell zwei Mal Steuern zahlen, wenn man einen ausländischen Fonds im Depot hat?
Diesen Fragen werden wir uns Schritt für Schritt in loser Folge widmen.
Auch wenn es jetzt noch etwas kompliziert klingt, es wird Vieles einfacher. Waren es früher 33 Regeln, die Fondsinhaber ggf. bei der Steuer beachten mussten, so sind es jetzt nur noch die Vorschriften des neuen Investmentsteuerreformgesetzes.
Was ist die Vorabpauschale bei Fonds?
Wie wir schon ausgeführt haben, trifft die Vorabpauschale die Anleger von Investmentfonds zum ersten Mal Anfang 2019.
Aber nicht bei jedem Fondsinhaber wird eine Vorabpauschale erhoben. Betroffen sind nur alle thesaurierenden (also auf gut Deutsch nicht ausschüttenden) und kleine Beträge ausschüttenden Fonds.
Diese Pauschale ist wirtschaftlich betrachtet schlicht und einfach eine vorweggenommene Besteuerung zukünftiger Wertsteigerungen. Daher wird sie beim Verkauf der Fondsanteile auch vom tatsächlichen Veräußerungsgewinn wieder abgezogen.
Diese etwas seltsam anmutende Pauschale wird vom Giro- oder Depotkonto eingezogen und an das Finanzamt überwiesen. Das bedeutet, wir haben es trotz des etwas irreführenden Namens mit einer Steuer zu tun, genauer gesagt mit einer Vorabbesteuerung von Fonds.
Aus der Definition geht aber auch hervor, dass es sich nur um eine Fondssteuer handelt. Sie betrifft weder einzelne Aktien, noch Renten oder andere Zinspapiere. Auch Immobilienbesitzer oder Mieter brauchen sich keine Sorgen zu machen, dass eine weitere Steuer auf sie zukommt bzw. in der Nebenkostenabrechnung auf sie umgelegt wird. Auch Sparanlagen sind bei dieser Steuer außen vor.
Ebenso sind ausschüttende Fonds von der Pauschale nicht betroffen, da hier der Ertrag zum Ausschüttungstermin vorliegt und entsprechend der Höhe des Ertrages mit der Abgeltungssteuer unter Berücksichtigung der jährlichen Freibeträge (für Ledige 801 Euro und für Verheiratete 1602 Euro) belegt wird.
Ziel ist es, eine Gleichbehandlung von Fondsarten sowie eine Vereinfachung für den Steuerzahler im Bereich der Investmentfonds zu erreichen.
Welche Fonds sind betroffen?
Egal, ob sie einen voll- oder teilweise wiederanlegenden Aktien-, Renten-, Geldmarkt- oder Immobilienfonds besitzen, die Vorabpauschale wird von den Fonds eingezogen, die Anleger in ihrem Depot halten.
Wer ermittelt die Vorabpauschale?
Sie wird von den depotführenden Stellen errechnet, das heißt von der Bank, bei der ein Kunde das Depot führt. Wenn der Kunde ein direktes Depot bei einer Investmentgesellschaft besitzt, dann ist die Investmentgesellschaft verpflichtet, die Pauschale zu ermitteln.
Wie wird die Vorabpauschale ermittelt? (Theorie laut Gesetz)
Um die Berechnungen nachvollziehen zu können, benötigen wir zwei Formeln.
Laut Gesetz ist die Vorabpauschale die Differenz zwischen dem sogenannten Basisertrag des Fonds und der Ausschüttung. In einem ersten Schritt wird zu Beginn eines Kalenderjahres (zum Beispiel am 1.1.2019 erstmalig) für das vorangegangene Kalenderjahr (zum Beispiel seit dem 1.1.2018) zunächst der Basisertrag nach folgender Formel ermittelt:
70 Prozent des jährlichen Basiszinses × Rücknahmepreis der Fondsanteile zum Jahresbeginn des vorangegangenen Kalenderjahres = Basisertrag
Die 70 Prozent stellen den gesetzlichen Deckel dar.
Im zweiten Schritt wird dann die Vorabpauschale errechnet:
Basisertrag – Ausschüttung des vorangegangenen Kalenderjahres = Vorabpauschale
Und jetzt werden interessierte Anleger sich die Augen reiben und fragen: Wieso denn eine Ausschüttung bei thesaurierenden Fonds, die schütten doch gar nichts aus? – Richtig, in diesem Fall ist die Berechnung der Vorabpauschale mit der Ermittlung des Basisertrages abgeschlossen. Denn hier gilt, der ermittelte Basisertrag ist gleich die Vorabpauschale.
Aber es gibt ja auch Fondskonstruktionen, bei denen nur ein Teil der Erträge automatisch wieder angelegt und der andere Teil nach vorher festgelegter Quote an die Anleger ausgeschüttet wird. In diesen Fällen muss die depotführende Stelle dann auch den zweiten Schritt gehen und die Differenz zwischen dem Basisertrag und der letztjährigen Ausschüttung ermitteln.
Auch beim Zeitpunkt des Zuflusses der Vorabpauschale machen die Finanzämter Unterschiede. So gilt bei komplett wiederanlegenden Fonds die Vorabpauschale am ersten Werktag des Folgejahres als steuerlich zugeflossen. Bei teilweiser Ausschüttung ist dagegen Folgendes zu beachten:
Ist die Teilausschüttung geringer als der ermittelte Basisertrag, muss der Anleger den ausgeschütteten Anteil und die Vorabpauschale zu unterschiedlichen Zeitpunkten versteuern:
Die Teilausschüttung fließt dem Anleger aus steuerlicher Sicht zu, sobald er darüber auf seinem Konto verfügen kann. Die Vorabpauschale gilt dagegen erst am ersten Werktag des Folgejahres wie bei voll thesaurierenden Fonds als zugeflossen.
Wie wird die Vorabpauschale in der Praxis ermittelt?
Folgende Formel dafür kennen wir bereits:
Vorabpauschale = Basisertrag – Ausschüttung des letzten Kalenderjahres.
Basisertrag = 70 Prozent des jährlichen Basiszinses × Rücknahmepreis der Fondsanteile zum Jahresbeginn des vorangegangenen Kalenderjahres (z. B. 1.1.2018).
Vorab festzustellen ist, dass hier keine konkrete, sondern nur, wie vom Gesetzgeber gewollt, eine pauschale Ermittlung der Pauschale durch die Depotbanken darstellt.
Beispielrechnung Vorabpauschale:
Für Fonds, die keine oder nur geringe Erträge ausschütten, wird ab 2019 ein fiktiver Betrag versteuert, die sogenannte Vorabpauschale. Die Höhe der Vorabpauschale ergibt sich aus dem Wert des Fondsanteils zum Jahresbeginn 2018, multipliziert mit 70 Prozent des Basiszinses. Für 2018 beträgt er 0,87 Prozent.
Wert des Aktienfondsanteils am 1.1.2018 = 20 000 Euro
Wert des Aktienfondsanteils am 31.12.2018 = 20 500 Euro
Wertsteigerung = 500 Euro
Die Berechnung der Vorabpauschale ergibt sich nun wie folgt:
Vorabpauschale (20 000 Euro × 0,0087 × 0,7) = 121,80 Euro
Zu versteuernder Betrag nach 30 Prozent Teilfreistellung:
(121,80 Euro × (100–30 Prozent Teilfreistellung) = 85,26 Euro
Die zu zahlende Abgeltungsteuer plus Soli (26,375 Prozent) beträgt im Beispiel 22,49 Euro. Gegebenenfalls ist auch noch Kirchensteuer in Abzug zu bringen.
Die Vorabpauschale wird jedoch nur angesetzt, wenn sie geringer als die Wertsteigerung ist, die der Fonds innerhalb des Jahres erzielt. Der Vorteil: Hat der Fonds keinen Wertzuwachs, entstehen für das Jahr also weder Vorabpauschale noch Steuern. Wird die entsprechende Teilfreistellung berücksichtigt, fallen auf den Endbetrag Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag an. Zahlt ein Fonds Erträge teilweise an Anleger aus und spart nur den Rest im Vermögen an, mindern Teilausschüttungen die Vorabpauschale maximal bis auf 0 Euro, so wie wir es bei unseren NDAC-Fonds durch die Umwandlung veranlasst haben.
Wer zieht die Steuer wovon ab?
Verantwortlich für den Steuerabzug und die Überweisung an das Finanzamt sind die Depotbanken und ggf. die Fondsgesellschaften bei Direktanlagen.
Allerdings gibt es ein Problem dabei zu beachten: Bei der Berechnung der Fondserträge fließen keine Gelderträge, da sie ja fiktive Erträge darstellen. Banken und Fondsgesellschaften müssen sich die Mittel für den Steuerabzug daher erst beschaffen, denn Vater Staat will natürlich sein Geld haben.
Bei Fonds mit Teilausschüttungen (NDAC) ist dies kein Problem; die können und werden die voraussichtlichen Beträge an die Anleger ausschütten.
Bei vollständig thesaurierenden Fonds ziehen die Banken das Geld vom Verrechnungskonto des Depots ein. Aber gegen die Verwendung des Dispositionskredits können Anleger vorab auch widersprechen.
Und wenn kein Geld auf dem Konto ist?
Es kann aber durchaus auch passieren, dass sich kein Geld auf dem Verrechnungskonto befindet und auch der Wertpapierkreditrahmen keine Abbuchung für die Steuer mehr zulässt. In diesem Fall wird die Bank mit einem netten Brief reagieren und die Anleger bitten, für ausreichende Deckung zu sorgen. Sollte dem nicht nachgekommen werden, sind die Banken verpflichtet, das zuständige Finanzamt zu informieren.
Einige Fondsgesellschaften haben auch angekündigt, entsprechende Fondsanteile im Falle eines Falls zu veräußern, um die Zahlungen an das Finanzamt leisten zu können. Das ist besonders dann ärgerlich, wenn Anleger die Papiere erst mit hohen Aufschlägen erworben haben.
Darum sorgen Anleger mit thesaurierenden Fonds am besten vor, indem sie liquide Mittel auf dem Verrechnungskonto vorhalten.
Freistellungsaufträge noch nicht ausgeschöpft?
Es gibt aber auch eine Möglichkeit, zu verhindern, dass für den Steuerabzug unter Umständen Fondsanteile verkauft werden. Das Zauberwort heißt hier Freistellungsauftrag.
Sparer sollten ihrer depotführenden Stelle folglich einen Freistellungsauftrag erteilen. Nur dann zieht sie keine Steuern von Dividenden oder Gewinnen ab, solange der Sparerpauschbetrag von 801 Euro/1602 Euro für Ehepaare nicht ausgeschöpft ist.
Für die Freistellung der erstmals am 2.1.2019 anfallenden Steuer auf die Vorabpauschale benötigen Anleger einen Freistellungsauftrag für das Veranlagungsjahr 2019.
Aber auch wenn die Steuer abgezogen werden sollte, weil der Freistellungsauftrag vergessen wurde, kann die zu viel gezahlte Steuer über die jährliche Steuererklärung zurückgeholt werden.
Sind auch ausländische Fonds betroffen?
Ja, denn mit der Vorabpauschale möchte der Staat sicherstellen, dass er seine Steuern auch bei ausländischen thesaurierenden Fonds zeitnah bekommt. Zuvor hatte der deutsche Fiskus keinen Zugriff und musste bis zum Verkauf der Anteile warten; erst dann führte die Bank automatisch Abgeltungsteuer ab. Allerdings waren Anleger verpflichtet, diese Erträge in der Steuererklärung anzugeben. Für Kleinanleger konnte es sehr nachteilig sein, ihre Erträge nicht jährlich dem Finanzamt zu melden. Denn kleine Beträge ließen sich aufgrund des Sparerpauschbetrags steuerfrei verbuchen, würden aber später nur zu einer größeren Summe auflaufen und damit eine hohe Steuerlast auslösen.