
Gründe für das starke Abschneiden gibt es viele. Vor allem die steigenden öffentlichen und privaten Konsumausgaben und die Zunahme der Investitionen, die durch die Europäische Union tatkräftig gefördert werden, sind die Hauptgründe für den Aufschwung.
Für Zuversicht beim Vorort-Experten sorgen auch die vielen Ausrüstungsinvestitionen. Hier rechnet man mit einem Zuwachs von 4,2 Prozent. Die verfügbaren Mittel für Ausrüstungsinvestitionen sind gestiegen, viele spanische Unternehmen haben zuletzt positive Jahresabschlüsse für 2024 vermeldet, mit höheren Umsätzen was ganz wichtig ist mit Gewinnen, die jetzt problemlos investiert werden können. Betriebswirtschaftlich gesehen zählen zu den Ausrüstungsinvestitionen insbesondere Ausgaben für Maschinen und Werkzeuge, die in der Industrieproduktion und bei Dienstleistungen eingesetzt werden. Steigende Ausrüstungsinvestitionen können ein Indiz dafür sein, dass sich die Wirtschaft auf einen Aufschwung vorbereitet oder zumindest von einem längeren signifikanten Wachstum ausgeht. Auch hier ein Vergleich zu Deutschland: hierzulande in Deutschland sinken seit Jahren die Ausrüstungsinvestitionen und tendieren aktuell um die Nullmarke. Zudem ist seit einigen Jahren die Bruttowertschöpfung der Produktion in Spanien im Wachsen begriffen. Experten sehen das als Hinweis, dass sich die spanische Wirtschaft moderner und dienstleistungsorientierter aufstellt. Um das zu verstehen, was beide – Produktion und Bruttowertschöpfung – müssen wir wieder einen kurzen Ausflug in die Volkswirtschaftslehre unternehmen. Die Bruttowertschöpfung erfasst nicht nur den Ausstoß von Waren, sondern auch Ausgaben, die eher im Bereich der Dienstleistungen anzusiedeln sind, wie etwa den Handel von Waren sowie Forschung und Entwicklung. Eine hochentwickelte Volkswirtschaft muss nicht alle Waren selbst herstellen, um erfolgreich zu sein. Die Unternehmen können auch ihr Wissen, ihr Know-how, zur Verfügung stellen, um eine Produktion im Ausland anzukurbeln und die dort hergestellten Waren dann weiter zu exportieren und zu verkaufen. Die Produktion hingegen erfasst genau diesen Aspekt nicht. Driften beide auseinander, zeigt das ein Erstarken der Dienstleistungen im Bereich des verarbeitenden Gewerbes an. Die spanische Wirtschaft ist im Umbruch, könnte man auch formulieren. Weg von der Herstellung einfacher Waren, hin zu komplexen Dienstleistungen. Klar dabei geholfen haben auch die Finanzspritzen des Aufbauplans „Next Generation“ der EU.
Der Wiederaufbaufonds ist ein Konjunkturpaket der Europäischen Union, um die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie in den Mitgliedstaaten zu mildern. Spanien wurden daraus fast 80 Milliarden Euro zugesprochen, das Land hat aber erst knapp 50 Milliarden Euro abgerufen. Die weiteren rund 30 Milliarden Euro stehen über die kommenden Jahre noch zur Verfügung. Demzufolge ist in Spanien noch einiges mehr möglich.
Wie das konkret aussehen kann, sollen zwei aktuelle Beispiele zeigen. Zum einen gaben die beiden Autohersteller Stellantis aus Frankreich und Leapmotor aus China eine gemeinsame Investition von rund 200 Millionen Euro in ein Werk nahe der nordspanischen Stadt Saragossa bekannt. Zuvor waren auch Standorte in Deutschland und der Slowakei geprüft worden, nun ist es Spanien. Dort wollen beide Unternehmen einen Elektro-Crossover bauen, der 2026 auf dem europäischen Markt eingeführt werden soll. Zum anderen haben Stellantis und Chinas Batteriebauer CATL ein Joint Venture gegründet, das in eine große europäische Lithium- Eisen-Phosphat-(LFP)-Batterieanlage (ebenfalls in Saragossa) rund 4 Milliarden Euro investieren. Wir dürfen davon ausgehen, dass die Planung und Genehmigungsverfahren in Spanien nicht so lange dauern, bis die Investoren aufgeben.
Dass in beiden Fällen die Wahl auf Spanien gefallen ist und zuvor ausdrücklich andere Standorte ausgeschlossen wurden, ist bemerkenswert und sollte uns in Deutschland zu denken geben. Spanien gilt in den Augen der Industrie mittlerweile als begehrter Standort, der vergleichsweise niedrige Arbeitskosten aufweist und durch Förderprogramme seitens des Staates vorangetrieben wird. Zudem wird der Industrie günstiger, häufig durch regenerative Energien hergestellter Strom zur Verfügung gestellt. Im Schnitt mussten Unternehmen mit einem Jahresverbrauch zwischen 20 und 500 Megawattstunden im zurückliegenden Jahr knapp 14 Cent je Kilowattstunde zahlen, in Deutschland waren es im Schnitt über 23 Cent. Übrigens liegt der spanische Strompreis auch unter dem EU-Durchschnitt (die Kilowattstunde Strom kostete im 1. Halbjahr 2024 in Europa im Schnitt 28,9 Cent).
Da muss Deutschland verdammt schnell in die Puschen kommen, damit Investoren sich hier wieder ansiedeln. Auch niedrigere Mindestlöhne mit 8,32 Euro werden für Spanien ausgewiesen. Dass ist ein weiterer Standortvorteil für die dortige Volkswirtschaft.
Selbst die US-Konzerne sind nun auf Europatour in Spanien gelandet (und nicht in Deutschland und anderen europäischen Ländern!). So planen Amazon, Meta und Microsoft, ihre Standbeine durch den Bau von Rechenzentren in Spanien zu stärken. Dass dabei die Region Aragonien mit der Hauptstadt Saragossa im Besonderen in den Blickpunkt rückt, liegt daran, dass hier große Mengen an erneuerbaren Energien produziert werden, vor allem Windenergie. Der fast stetige Wind, der über die Hügel von Aragonien weht, macht die Region besonders energiesicher. Zugleich ist Windenergie die von allen Arten der Energieerzeugung preislich günstige Variante.