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Der Clubfonds-Ticker

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Börsenwissen: Zölle Teil 1

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Donald Trump ist zurück im Weißen Haus und damit sein jetzt präsidialer Schlachtruf „Make America great again“ (MAGA). Jetzt hat er eine weitere Amtshandlung auf den Weg dahin vollzogen. Zölle für Waren aus den Nachbarstaaten Kanada und Mexiko (auch wenn diese aktuell für beide Länder einen Monat ausgesetzt sind). Ebenso traf es China, das ja eh schon länger auf der Agenda Trumps zu finden ist. Kolumbien war auf der Liste, dieses Land bleibt vorerst verschont, weil es seine ersten illegalen Migranten in den USA zurücknahm.

Auch wenn es ihm sicher gefallen würde, Donald Trump hat die Zölle nicht erfunden. Die gibt es schon sehr lange. 

Was ist ein Zoll?

Als Zoll (Plural: Zölle, abgeleitet aus dem Spätlateinischen, gleichbedeutend mit teloneum) bezeichnet man eine Abgabe, die beim körperlichen Verbringen einer Ware über eine Zollgrenze erforderlich wird. Zölle sind heute Steuern im Sinne der Abgabenordnung. Nicht zu verwechseln ist der Zoll mit der Einfuhrumsatzsteuer (die der Umsatzsteuer entspricht, die auch im Inland zu jedem Nettopreis hinzugerechnet wird). Der Zoll ist ein Instrument der Außenhandelspolitik. Eine historische Form ist der Wegezoll. Die entsprechende Berufsbezeichnung lautet Zöllner.

Zölle existieren schon sehr lange, schon im Altertum und im Mittelalter wurden sie meist in Form von Geleitzöllen – vergleichbar einer Maut – erhoben, wobei der Kaiser immer mehr Hoheitsrechte an Territorialherren (und damit die einzelnen Städte) verlor. Erstmals 1074 wird in einer Urkunde König Heinrich des IV der deutschsprachige Begriff „zol“ verwendet. Im Zeitalter des Merkantilismus (Wirtschaftspolitik, die möglichst viele Waren in das Ausland verbringt und möglichst wenig aus dem Ausland bezieht) wurden Zölle gezielt als wirtschaftspolitische Maßnahme zum Schutz der Zahlungsbilanz und der inländischen Produzenten eingesetzt. Prohibitivzölle sollten überhaupt die Einfuhr ausländischer Produkte unterbinden, Erziehungszölle den Aufbau der eigenen Industrie fördern und Schutzzölle diese vor den (billiger produzierenden) ausländischen Konkurrenten schützen.

Seit 1947 wurden die Zölle weltweit im Rahmen des GATT deutlich abgebaut. Seit 1995 geschieht dies im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO). Heute ist die WTO mit Sitz in Genf für internationale Zollstreitigkeiten zuständig.

 

Die Europäische Union ist eine Zollunion, innerhalb derer keine Zölle erhoben werden. Zuständig für die Verwaltung der Zölle sind dagegen die Mitgliedstaaten (z. B. in Deutschland die Bundeszollverwaltung).  Zolleinnahmen aller europäischen Mitgliedstaaten stehen der EU zu – eine der wenigen direkten Einnahmequellen der EU. Die EU legt auch die Höhe der Zölle fest und erlässt weitere Regelungen in dieser Sache. Von Bedeutung sind hier nur noch Einfuhrzölle gegenüber Nicht-EU-Ländern. 

Das im vorigen Jahr geschlossenen Abkommen der EU mit den Mercosur-Staaten sieht einen schrittweisen Abbau der Zölle vor (wir haben darüber berichtet).

Warum wollen die USA (Straf-)Zölle einführen?

Der Freihandel ermöglicht zwar eine größere wirtschaftliche Effizienz zum Wohle aller, aber bei anhaltenden Handelsdefiziten und bei Verdrängung von Arbeitsplätzen ins Ausland schwinden die Vorteile des Freihandels. Stammt nicht von ihrem Autor, sondern von Robert Lighthizer, dem Handelsbeauftragten der USA im ersten Kabinett Trump. Es ist die Kernaussage seines Buches „No trade is free“ (erschienen 2023).

Diese Einschätzung von Lighthizer findet in der Fachwelt durchaus Zuspruch. Einige Wirtschaftswissenschaftler argumentieren, dass der Freihandel den Prozess der „schöpferischen Zerstörung“ beschleunigt. Unternehmen haben es leichter ihre Produktion weltweit in Gebiete mit niedrigeren Arbeitskosten und größerer Wettbewerbsfähigkeit zu verlagern. Nach der Gründung der WTO im Jahr 1995 kam es zum Beispiel zu einer Beschleunigung der Globalisierung und des Welthandels. Dies trug zu einem Rückgang der US-Industrie bei. Das spiegelt der Index der Industrieproduktion wider. Dieser Index misst das Produktions- und Kapazitätsniveau in den Branchen Fertigung, Bergbau, Elektrizität und Gas im Vergleich zu einem Basisjahr. Konnte die US-Industrie in den 1980er-Jahren noch vom Freihandel profitieren, schlug die Entwicklung ab den 2000er-Jahren um, seitdem kam es bestenfalls zu einer Stagnation, vorübergehend sogar zu erheblichen Einbrüchen. Parallel dazu legten die Importe etwa aus China, Japan und Deutschland schlagartig zu. Das sehen wir unter anderem an den Leistungsbilanzen der Länder. Die Leistungsbilanz umfasst alle Ausgaben und Einnahmen einer Volkswirtschaft, darunter auch die Importe und Exporte von Gütern und Dienstleistungen. In den zurückliegenden Jahrzehnten hat sich die Leistungsbilanz der USA dabei quasi spiegelverkehrt zu den Bilanzen der Exportnationen China, Japan und Deutschland verschlechtert. Kritiker sagen, der wirtschaftliche Erfolg der drei Exportnationen beruhe auf dem Niedergang der US-Industrie. Demnach fand der US-Verbraucher billigere Alternativen zu den in den USA hergestellten Waren. Die heimische Industrieproduktion kam ins Stocken. Der Freihandel führte zudem zu verstärkten Kapitalströmen auf den Märkten. Viel Geld floss in die USA als Anlageziel, was den Dollar aufwerten ließ und zu einer zusätzlichen Verschlechterung der Bedingungen für die US-Industrie führte. Denn je stärker der Dollar, desto teurer werden die Produkte, die von US-Unternehmen im Ausland angeboten werden. 

Der Blick über die Märkte: Chemische Industrie

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Die Solarindustrie ist schon längst aus Deutschland verschwunden und befindet sich fest in der Hand der Chinesen. Es sind wiederum die chinesischen Konzerne, die die strategischen Managementfehler der deutschen Autokonzerne ausnutzten und die Konkurrenz hierzulande überrollen.

Und das gleiche Schicksal droht nun einem weiteren Standbein der ehemaligen Deutschland AG, denn die Chemische-Industrie gehörte mit zu den weltführenden Konzernen. Denken wir dabei nur an die börsennotierten Vorzeigeunternehmen BASF, Merck, Altana, Covestro, Lanxess, Evonik, Wacker etc.

Und wo kommt der Angriff auf die Chemische Industrie her? Richtig aus China und das dürfen wir nicht vergessen zu erwähnen, wieder hat die einfältige deutsche Politik die Hände mit dem Untergang im Spiel.

Es begann eigentlich wie immer, der China-Standort war ideal für die deutschen Konzerne. Ein riesiger Absatzmarkt war vorhanden, billige Arbeitskräfte und nun ja, auch der Arbeitsschutz und die Arbeitnehmerrechte konnte man mit den überaus strengen Vorgaben in Deutschland nicht vergleichen. Die Manager in Deutschland hatten die Eurozeichen vor Augen und setzten neben den Markt auch den Produktionsstandort in China.

Und heute droht den deutschen Chemiekonzernen dort ein ähnliches Schicksal wie den Autoherstellern, die ihren selbstverschuldeten Niedergang nicht mehr aufhalten können.

Aber wie konnte es so weit kommen, fragt sich verdutzt der deutsche Michel. Ganz einfach, als Vorlage diente die deutsche Automobilindustrie. Erst wurde gelockt mit günstigen Standortbedingungen und gewaltigem Absatz. So erwarben die Chinesen Knowhow, was sie vorher nicht hatten. Dann mischte die dortige Politik mit. Mit gewaltigen Staatskrediten bauten die chinesischen Konkurrenten ihre Kapazitäten aus. Das störte niemand, solange die Inlandsnachfrage nach chemischen Erzeugnissen vorhanden war. Als dann die Inlandsnachfrage schwächelte, drangen die chinesischen Konzerne zunehmend mit billiger Ware ins Ausland vor und verdrängen auf den Märkten Asiens die deutsche Konkurrenz. Und dabei sind die Waren nicht nur billiger, sondern auch hochwertige Produkte, denn das haben sich die Produzenten von Deutschland abgeschaut. Schließlich können deutsche Konzerne nicht einfach nach China gehen und dort eine Niederlassung aufbauen. Hier benötigte man ein Joint Ventures mit chinesischen Unternehmen und damit war die Falle langfristig gestellt.

Die Experten von McKinsey bemerken dazu: „Der Druck auf die deutsche Chemieindustrie wächst sowohl horizontal (immer mehr Konkurrenz) als auch vertikal (immer mehr Konkurrenten mit technisch hoch entwickelten Angeboten).“

Bleibt die Frage, haben wir die Falle wieder nicht gemerkt? Jedenfalls die Experten warnten seit Jahren vor einem großen Umbruch im chinesischen Chemiemarkt. Schließlich waren Überkapazitäten weit verbreitet. Und McKinsey warnte weiter: Die riesige Größe der chinesischen Industrie dürfe man nicht als Zeichen der Stabilität missverstehen. Die Chinesen dringen vielmehr in neue Marktsegmente vor, so die Unternehmensberater von Alix Partners:  In den letzten fünf Jahren hat sich China strategisch auf die schnelle Entwicklung der Spezialchemie konzentriert. Das bedeutet, das Land verabschiedet sich von simplen Grundstoffen und produziert vermehrt hochwertige und margenstarke Chemie für industrielle Abnehmer.

Das alles trifft alle globalen Chemiekonzerne, die bisher den Markt beherrschten, sehr stark, denn der Druck wächst enorm. Billigere und qualitätsmäßig gleichwertige Produkte aus China werden den Markt überschwemmen und wird auf die Kundschaft der bisher herrschenden Weltkonzerne der Chemieindustrie treffen und dort offene Türen einrennen.

Das ist damit nicht nur ein deutsches Problem, sondern damit auch ein internationales Problem.

 

Beispielsweise Europäische Chemieaktien gaben 2024 im Schnitt fast sechs Prozent nach. Die Branche kämpft seit Jahren mit einer Reihe von Herausforderungen wie Lieferkettenunterbrechungen, hohen Rohstoffpreisen, zunehmender Konkurrenz aus den USA, aus China und aus dem Nahen Osten sowie einer niedrigen Nachfrage aus der Industrie. 2025 könnte sich die Gemengelage durch einen möglichen „Handelsstreit 2.0“ weiter verkomplizieren. Gleichzeitig sollten die eingeleiteten Kostensenkungsmaßnahmen der Unternehmen langsam wirken.

Kommen wir nun zu den politischen Fehlern der Ampel-Regierung. Natürlich war es ein Schuss in den Ofen, die Energiepreise künstlich zu erhöhen. Politische Fehler (Atomausstieg, CO2-Abgabe, Kohleausstieg etc.) belasten jetzt zusätzlich. Kein Unternehmer wird bei der Unsicherheit lange in Deutschland mehr produzieren. 

Der Blick auf den Januar zeigt: Das Chemiegeschäft bleibt schwierig. Anders als noch im Vorjahr hat sich die Lage der Branche zum Jahresanfang 2025 nicht verbessert. Das Warten auf eine Trendwende setzt sich damit fort. Die Mehrheit der Unternehmen bewertet laut jüngster ifo-Umfrage die aktuelle Situation genauso negativ wie in den vergangenen Monaten. Auch die sich kaum gebesserte Nachfrage macht den Unternehmen zu schaffen. Die Mehrheit der Firmen gab an, die Produktion im Vergleich zum Vormonat konstant gehalten oder sogar gesenkt zu haben. Gründe für die Drosselung waren aber nicht nur die schwache Nachfrage, sondern auch die gut gefüllten Fertigwarenlager. 

Die Unternehmen planen ihre Produktion auf niedrigem Niveau wieder auszudehnen. Für das Exportgeschäft kehrt der Optimismus etwas deutlicher zurück. Dabei bleibt die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung am Heimatstandort jedoch bestehen. Neben der fehlenden Nachfrage bereiten vor allem die hohe Steuerlast und nicht konkurrenzfähige Energiepreise und Fachkräftemangel sowie eine überbordende Bürokratie den Unternehmen Sorgen.

Hoffen wir, dass die neue Bundesregierung sehr schnell etwas daran ändert, sonst dürften wir auch dem deutschen Chemiestandort bald nachtrauern.

Die Rubel-Krise ist wieder im Anmarsch

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Die Älteren unter uns erinnern sich sicher noch an die wilden Jahre der Präsidentschaft von Boris Jelzin, die mit der Rubel-Krise ihren zweifelhaften Höhepunkt fand. Erste Anzeichen für eine Wirtschaftskrise begannen im Herbst 1997, kurz nach Beginn der Asienkrise. Diese Krise machte Anleger und Investoren in vielen Ländern (auch in Russland) nervös; sie verkauften z. B. Aktien, Anleihen und Rubel und transferierten die Erlöse in besonders sicher erscheinende Länder („Kapitalflucht“). Dadurch geriet der russische Rubel – dessen Kurs die russische Regierung damals nicht frei floaten ließ – unter Druck. Außerdem hatte Russlands Regierung einen hohen Bedarf für kurzfristige Kredite, um Haushaltsdefizite zu finanzieren. Die Hauptprobleme der russischen Wirtschaft waren eine hohe Binnenverschuldung und daraus folgend eine Zahlungsunfähigkeit. Fabriken konnten ihre Arbeitnehmer nicht bezahlen, da sie für ihre Waren kein Geld bekamen. Die Fabriken konnten bspw. nicht für den verbrauchten Strom zahlen, weshalb die Energiekonzerne wiederum keine Steuern an den Staat abführten. Wie die Sache ausging, wissen wir. Russlands Präsident Boris Jelzin übergab dem russischen Geheimdienst in Person von Wladimir Putin die Macht im russischen Riesenreich. Und heute sprechen wir davon, dass der Geheimdienst hatte sich damit seinen Staat geschaffen.

Und genau vor einer neuen Rubel-Krise stehen wir heute wieder. Ihr Autor hat einige Freunde in Russland, die von einer exorbitanten Teuerung berichten sowie einhergehend mit einem rasanten Verfall der russischen Währung. Güter des Grundbedarfs werden zu praktisch zu Luxusgütern. Mit hohen Zinsen hat die russische Zentralbank zwar versucht, die Inflation wieder einzufangen, aber es war ihr bisher nicht gelungen.

Die Nervosität im Finanzsektor steigt darum immer weiter, die auch durch immer wieder neue Gerüchte bestärkt werden.

Eine der vielen ungeschriebenen Regeln in Russland besagt: Wenn die Behörden sich die Mühe machen, ein Gerücht zu dementieren, dann muss wohl etwas dran gewesen sein. Folgt man dieser Prämisse, dann dürfte die russische Zentralbank zu Beginn des Monats in der Bevölkerung für einige Unruhe gesorgt haben. Die Zentralbanker wiesen öffentlich energisch zurück, dass es Pläne gebe, Bankeinlagen oberhalb von umgerechnet 10.000 Dollar einzufrieren. In seinem Kanal beim Kurznachrichtendienst Telegram reagierte das Institut auf besorgte Fragen von Bürgern, die genau das zuvor im gleichen Medium gelesen hatten: „Diese Idee ist absurd“, hieß es von der Zentralbank. „Mit einem solchen Schritt würden nicht nur die Rechte von Bürgern und Unternehmen verletzt, über ihr Kapital zu verfügen. Er würde auch die Grundlagen des Bankensystems und die finanzielle Stabilität des Landes gefährden.“

Das solche Gerüchte überhaupt aufgekommen waren, hat mit einer bemerkenswerten Entwicklung im russischen Finanzsektor selbst zu tun. Die Einlagen bei russischen Privatbanken sind in den vergangenen Monaten in die Höhe geschossen, weil die Institute extrem hohe Zinssätze anbieten – in einigen Fällen von bis zu 30 Prozent. Das wiederum ist eine Reaktion auf den hohen Leitzins, mit dem die Zentralbank versucht, die zunehmende Inflation in Russland zu bekämpfen. Auf 9,5 Prozent taxierte die Statistikbehörde Rosstat die offizielle Preissteigerung für das Jahr 2024, deutlich mehr als noch im Vorjahr.

Und hier beginnt der Teufelskreis von vorn. Der Druck auf die Währungshüter wächst, ihren Leitzins zu senken, weil er es naturgemäß privaten Unternehmen schwerer macht, Kredite aufzunehmen. Sollte es also zu einer plötzlichen Zinssenkung kommen, könnten die meisten inländischen Bankkunden auch ihre Einlagen abziehen.

Doch im Kern hat die Unruhe im russischen Finanzsektor noch einen ganz anderen Hintergrund. Trotz der hohen Leitzinsen ist das Kreditwachstum seltsamerweise bisher ungebrochen, was wiederum die Inflation weiter anheizt. Denn hier wird zusätzliches Geld in den Kreislauf gegeben, das nicht mit einer wirtschaftlichen Leistungserhöhung zu tun hat. Nach Statistiken der Zentralbank sind die Kredite an die Unternehmen nicht nur ein Stück nach oben gegangen, sondern innerhalb der vergangenen zwei Jahre geradezu explodiert. 

Neben der offenen Finanzierung des Krieges gegen die Ukraine aus dem Staatshaushalt sei ein System entstanden, mit dem Banken dazu gezwungen würden, günstige Kredite an Unternehmen der Kriegswirtschaft zu vergeben. „Dieses Konzept führt dazu, dass der offizielle Staatshaushalt auf einem soliden Niveau bleibt“, schreibt der Russland-Experte und einstige Morgan Stanley-Banker Craig Kennedy in seiner Studie. „Damit entsteht der falsche Eindruck, dass Russlands Kapazitäten zur Kriegsfinanzierung auf Dauer belastbar sind.“

Daraus ergibt sich für die russische Wirtschaft ein großes Problem. Die Banken finanzieren Rüstungsbetriebe und andere Unternehmen, die die Kriegsinfrastruktur bereitstellen, zu deutlich günstigeren Konditionen als sie der Kapitalmarkt eigentlich hergeben würde. Zugleich müssen sie sich zu sehr hohen Zinsen bei der Zentralbank refinanzieren. Auf Dauer dürfte das auch größere russische Finanzinstitute in eine Schieflage bringen. Es entwickle sich ein „destabilisierender Grundstock an toxischen Schulden, der sich im Markt für Unternehmenskredite ausbreitet“, schreibt Kennedy.

Das Wachstum geht zurück, während die Inflation weiter galoppiert, was wiederum Unternehmen und Bürger naturgemäß davon abhält zu investieren. Auch der russische Rubel steht seit Monaten stark unter Druck. „In den vergangenen zwei Jahren war die russische Wirtschaft wie ein gedopter Marathonläufer unterwegs – und jetzt lässt die Wirkung dieses Dopings nach“, so Alexandra Prokopenko, die einst für die russische Zentralbank arbeitete und nun in Deutschland forscht. „Das Wachstum nimmt ab, wichtige Branchen schwächeln und die Behauptung, wonach Putins Wirtschaft unverwundbar ist, lässt sich kaum noch halten.“

Es ist der russischen Zentralbank unter Elvira Nabiullina zu verdanken, dass das System überhaupt bisher überlebt hat. Inzwischen wächst der Druck auf sie, den hohen Leitzinssatz von 21 Prozent wieder zu senken. Eine deutliche Zinssenkung aber könnte im russischen Bankensektor eine Spirale in Gang setzen – mit unabsehbaren Folgen, nicht nur für Russland, sondern auch für mit Russland befreundete Staaten und damit im Endeffekt für die Weltwirtschaft. Hoffentlich sind wir darauf vorbereitet.

Der Blick über die Märkte: Die Lebensmittelbranche

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Gegessen und getrunken wird immer, so heißt es landläufig. Deshalb gehört die Nahrungsmittel- und Getränkebranche zu den stabilsten und beständigsten Wirtschaftszweigen weltweit. Unabhängig von Konjunkturschwankungen bleibt die Nachfrage nach Lebensmitteln und Getränken kontinuierlich bestehen. Die existenzielle Bedeutung für den Menschen und die demografisch gestärkte Nachfrage schaffen eine robuste und damit besser planbare Investitionsumgebung ohne zu große zyklische Störungen. Diese Eigenschaften machen die Branche zu einem attraktiven Ziel für Investoren, die nach langfristiger Stabilität und Wachstumspotenzial suchen.

Der wohl größte Vorteil der Branche liegt in ihrer Resilienz gegenüber wirtschaftlichen Abschwüngen. Lebensmittel und Getränke gehören zu den Grundbedürfnissen des Menschen – sie werden immer benötigt, unabhängig von der wirtschaftlichen Lage. Dies ist ein großer Vorteil, hat doch jedes andere Konsumgut am Ende einen Makel: Es ist zumindest zeitweise oder auch ganz entbehrlich. Die Unternehmen der Branche profitieren von einer höheren Krisensicherheit und Stabilität der Nachfrage. Zusätzlich ist das Investitionsumfeld von globalen Megatrends und einer dynamischen Trendausprägung über Dekaden hinweg geprägt.

Die wachsende Weltbevölkerung sorgt langfristig für eine steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Getränken. Im Vergleich zu anderen Wissenschaften ist die Demografie sehr präzise und bringt so eine gewisse Planbarkeit mit sich. Mit dem stetigen Anstieg der Mittelschicht, besonders in asiatischen Schwellenländern, steigt der weltweite (Fleisch-)hunger und eine Adaption westlicher Ernährungsweisen ist zu erkennen. Dabei finden die Unternehmen Lösungen, wie immer mehr Menschen mit immer weniger nutzbarer Agrarfläche versorgt werden. Der Rückgang von nutzbarem Boden ist eines der Risiken für die Lebensmittelsicherheit der Welt. In den bereits arrivierten Industriestaaten verändert sich das Bewusstsein und der Fokus auf Gesundheit und Nachhaltigkeit nimmt zu. Immer mehr Verbraucher achten auf gesunde Ernährung und nachhaltige Produkte. Bio-Lebensmittel, pflanzliche Alternativen und zuckerfreie Getränke sind Wachstumssegmente, die von Unternehmen gezielt bedient werden. Wir merken das in den Supermärkten, denn die alternative Ernährungsbranche spielt sich nicht mehr in den kleinen Öko- und Bioläden ab, sondern hat die breite Masse der Kundschaft längst erobert.  Die Verwissenschaftlichung der Nahrung wird als Lösung der Zukunft gesehen und könnte erst am Anfang der Entwicklung stehen. Der Bedarf an qualitativ hochwertigen und schnell verfügbaren Speisen und Fertiggerichten wächst stetig. Viele Unternehmen in der Nahrungsmittel- und Getränkebranche sind etabliert und zeichnen sich durch stabile Erträge aus. Diese kontinuierlichen Cashflows ermöglichen es vielen Firmen, regelmäßig Dividenden auszuschütten – ein Faktor, der für eine Vielzahl von Investoren attraktiv ist. 

Unsere zwei NDAC–Clubfondswerte Coca-Cola und McDonalds sind aktuell unsere stärksten Vertreter im Rennen um die Renditen in der Lebensmittelbranche. Sobald die Zahlen vorliegen, werden wir danach schauen. 

Unser ehemaliger Depotwert Nestlé, ein führendes Unternehmen im Bereich der verpackten Lebensmittel aus der Schweiz, steht wieder vor einer positiven finanziellen Zukunft. Die Prognose der Finanzanalysten deutet auf einen Anstieg des Aktienkurses um 10,30 Prozent innerhalb der nächsten 12 Monate hin, mit einem Zielkurs von 109,64 CHF. Wir haben das Papier erst einmal verkauft, der Kurs ging auf Grund von Managementfehlern zu sehr gen Süden. Aber das muss ja nicht für immer sein. 

Außerdem ist auch die niederländisch-britische Unilever Plc eine Bank im internationalen Geschäft mit Lebensmitteln, die sich im Gegensatz zu der Konkurrenz aus der Schweiz Nestle gut entwickelte. Die britische Diageo Plc als letztes Beispiel ist eine Getränkeaktie, aber im Bereich der Destillateure und Winzer unterwegs. Die Aktie weist zwar ein langsames Wachstum auf, was für die Anleger nicht so gut ist, aber für die Gesundheit der Konsumenten umso besser. Trotzdem hat das Papier in den letzten zwanzig Jahren immerhin 218 Prozent zugelegt.

Obwohl Ärzte und Verbraucherschützer immer wieder davon abraten, greifen die Konsumenten immer mehr zu Nahrungsergänzungsmitteln. Per Definition ist Nahrungsergänzungsmittel ein Produkt, das den Stoffwechsel eines Menschen mit bestimmten Nährstoffen gezielt versorgen soll. Rechtlich gesehen stellt ein Nahrungsergänzungsmittel ein Lebensmittel dar, welches die allgemeine Ernährung eines Einzelnen ergänzen soll. Auch wenn die meisten börsennotierten Anbieter der Präparate aus den USA nur ein geringes Umsatzvolumen aufweisen, sollte man doch ab und zu danach schauen. Es könnte sich auch etwas Größeres entwickeln.

Zu Größerem fällt ihrem Autor die Dubai-Schokolade ein, die ja nun buchstäblich in aller Munde ist. Leider ist das Unternehmen aus Dubai, die Schokoladen-Manufaktur Fix Dessert Chocolatier nicht an der Börse notiert.

Wir werden sehen, was für neue Kreationen die Lebensmittelbranche noch hervorbringen und erfolgreich vermarkten wird. Trotz aller Werbung um die gesunden Lebensmittel nimmt gewichtsmäßig die Bevölkerung weltweit immer mehr zu. Dafür haben wir allerdings die Abnehmspritzen unserer Clubfondswerte Novo Nordisk und Eli Lilly im Angebot. Das ist aber wieder ein anderes Thema.

Quellensteuern – Wird es jetzt einfacher?

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Wir hatten schon einmal ausführlich über die Wege zur Erstattung der Quellensteuer geschrieben. Bei einigen Ländern geht es einfacher, bei anderen Ländern ist es schwieriger, weil u. a. die Formulare nicht in unserer Sprache vorliegen. Und jedes Jahr haben wir leider das Problem erneut, wenn wir im Ausland anlegen.

Haben Sie schon einmal versucht, sich ausländische Quellensteuer erstatten zu lassen? Falls nicht, sind Sie in guter Gesellschaft. Weit mehr als die Hälfte aller Privatanleger holt sich die zu viel gezahlten Steuern auf Auslandsdividenden nicht zurück, obwohl ein Anspruch bestünde. Das Verfahren ist von Land zu Land anders, und viele fürchten den damit verbundenen bürokratischen Aufwand. Also freut sich der Fiskus des jeweiligen Landes über zusätzliche Steuereinnahmen, die ihm nicht zustehen.

Aber jetzt gibt es Hoffnung und die kommt ausgerechnet von der EU, die ja nicht gerade für den Abbau der Bürokratie bekannt ist. Eine von der EU-Kommission initiierte Richtlinie ist vielversprechend. Was da genau geplant ist und wann die Entlastung kommt, damit wollen wir uns nachstehend beschäftigen. 

Im engeren Sinne werden Quellensteuern vom Quellenstaat im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht von den Einnahmen ohne Veranlagung durch Steuerabzug einbehalten. In den meisten Staaten werden Quellensteuern im engeren Sinne auf Kapitalerträge beispielsweise Habenzinsen, Anleihezinsen, Dividenden etc. aber auch auf Lizenzeinahmen erhoben. Quellensteuern beruhen auf dem Quellenprinzip, wonach eine Steuererhebung am Ort und zu der Entstehung der steuerpflichtigen Einnahme (Einkunftsart oder Ertrag) stattfindet. Klingt, wie alles was mit Steuern zu tun hat, kompliziert.

Bei Auslands-Dividenden kommt oft nicht das ganze Geld bei Ihnen an. Einen Teil davon beansprucht so genannte Quellensteuer das Herkunftsland der Aktiengesellschaften, von denen sie stammen. Wie viel die ausländische Depot-Bank abzieht, ist abhängig vom jeweiligen Land. Die Schweiz verlangt stolze 35 Prozent, Österreich 27,5 Prozent und Norwegen 25 Prozent (in Deutschland wird bekanntlich eine einheitliche Quellensteuer auf Zinsen und Dividenden in Höhe von 25 Prozent erhoben. Zusätzlich sind ggf. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer zu zahlen).

Nur ein Teil davon – zumeist 15 Prozent – rechnet der deutsche Fiskus auf die hiesige Steuerschuld (25 Prozent) an. Das heißt: Wenn Sie sich die Quellensteuer nicht im jeweiligen Land zurückholen, zahlen Sie in der Schweiz insgesamt 45 Prozent statt 25 Prozent, in Österreich 37,5 Prozent statt 25 Prozent und in Norwegen 35 Prozent statt 25 Prozent. Das Erstattungsverfahren ist zumeist extrem mühsam. Es soll jetzt erleichtert werden – und das wirkt sich womöglich nicht nur auf EU-Länder aus.

Der Entwurf zur entsprechenden EU-Richtlinie steht seit Mitte Juni 2024 im Raum. Er heißt FASTER, und der Name ist Programm. Er verspricht eine schnellere und einfachere Quellensteuer-Erstattung oder sogar EU-intern einen Verzicht darauf. Die sogenannte FASTER-Initiative zielt darauf ab, die Quellensteuerverfahren in der EU für grenzüberschreitend tätige Anleger, nationale Steuerbehörden und Finanzintermediäre wie Banken oder Investitionsplattformen sicherer und effizienter zu machen. 

Wie soll das erreicht werden? Durch folgende Punkte:

Eine elektronische Ansässigkeitsbescheinigung (eTRC) als Nachweis, dass Sie in Deutschland voll steuerpflichtig sind, ersetzt das Papierdokument. Dieses Dokument verlangt bislang fast jedes Land zur Quellensteuer-Erstattung. Sie brauchen es dann aber nicht mehr umständlich postalisch beim Finanzamt beantragen und bekommen es binnen 14 Tagen.

Der EU-interne Verzicht auf den Quellensteuer-Abzug, vorausgesetzt, das betreffende Mitgliedsland stimmt zu. Als EU-Bürger würde Ihnen dann die entsprechende Quellensteuer gar nicht mehr von Ihren Dividenden abgezogen.

Die Pflicht, Ihnen den Erstattungsbetrag binnen 50 Tagen zu überweisen, falls die Erstattung doch beantragt werden muss. Das wäre zum Beispiel bei Italien ein echter Fortschritt, denn da dauert es mitunter mehrere Jahre, bis die Erstattung auf Ihrem Konto landet.

Die Einstufung von Depot-Banken als „zertifizierte Finanzintermediäre.“ Wenn Ihre Depot-Bank sich registrieren lässt und der zuständigen Steuerverwaltung die quellensteuerpflichtigen Zahlungen (mit Absender und Empfänger) meldet, würde das den Erstattungsprozess auch in Nicht-EU-Ländern (z. B. Norwegen, Schweiz) erleichtern und beschleunigen. Das hat sich die EU-Kommission von den USA abgeschaut. Der Status der meisten Depot-Banken als „Qualified Intermediary“ ist der Grund dafür, dass Sie als Anleger bei US-Aktien auch ohne Erstattungsantrag zumeist keine Mehrbelastung haben. Es wäre in der Tat begrüßenswert, wenn dieses System auch in Europa Einzug hielte.

Bleibt die Frage, wann die neuen Regeln in Kraft treten. Nun ja, wie das immer so ist in der EU, wir müssen uns noch gedulden. 

Aktuell ist noch unklar, wann die Richtlinie verabschiedet und in nationales Recht umgesetzt wird. Geplant ist eine Umsetzung bis spätestens 2026. Dann könnte die Neuregelung schon ab dem 1. Januar 2027 wirksam werden. Es gibt aber auch Stimmen, die erst ab 2030 damit rechnen. Aber immerhin erwartet uns mit den neuen Regelungen eine erhebliche Verbesserung. 

Rückblick 2024 und Ausblick 2025 Teil 3

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Kennen Sie das „Goldlöckchen-Szenario“? Ehrlich gesagt, ihr Autor hatte das auch noch nicht gekannt. Mit diesem Szenario umschreiben Börsenoptimisten eine Welt, mit niedrigen Zinsen, mäßiger Inflation und einem robusten Wirtschaftswachstum.

Ob dieser Dreiklang nun wirklich ertönen wird, werden wir 2025 erleben. Aber einiges spricht ja doch dafür. In den USA dürfte der neue Präsident durch eine expansive Fiskalpolitik und protektionistische Eingriffe (Importzölle, Embargos, Handelshemmnisse, usw.) der heimischen Wirtschaft einen Schub versetzen. Wie lange der anhalten wird, müssen wir abwarten, die betroffenen Länder werden mit Sicherheit mit harten Gegenmaßnahmen darauf reagieren.

In Europa wird es einen weiteren Zinsrückgang durch die EZB geben, was zu einer Erholung der heimischen Wirtschaft beitragen könnte. Wohlgemerkt könnte, denn an den Zinsen allein können wir die derzeitige wirtschaftliche Schwäche bei uns nicht allein festmachen. Denn dazu bedarf es noch anderer Schritte der neuen Bundesregierung. Es müssen Impulse für die Konjunkturerholung gesetzt werden. Steuern und Abgaben für die Unternehmen und Konsumenten müssen gesenkt werden. Und warum nicht ein großes Konjunkturprogramm auflegen? Denn auf den früheren Status Exportweltmeister können wir uns schon lange nicht mehr verlassen. Da muss die Binnenkonjunktur wieder anspringen. Und dazu muss auch die Schuldenbremse umgestaltet werden, um aus der der Stagnationsphase herauszukommen.

Zumindest sollten wir uns als Anleger unter Trump 2.0 auf Märkte einstellen, die volatiler reagieren werden als bisher. Wir wissen nicht, wann Trump die Zollraketen gegen Erzrivalen China zünden wird. Und das er dabei die beiden Nachbarländer Kanada und Mexiko verschonen wird, dürfte nach den Ankündigungen der letzten Tage unmöglich sein. Aber wir sollten uns auf schnelle Aktionen der Trump-Administration einstellen. Denn viel Zeit hat er nicht mehr, der Donald. Sein Lebensalter und die aktuell nicht mögliche Wiederwahl als Präsident setzen die Grenzen für ihn. Außerdem, in zwei Jahren sind Zwischenzahlen und da kann es politisch ganz anders laufen für seine Präsidentschaft.

Ein weiterer Punkt ist die zu erwartende Rückkehr der Inflation, die führenden Zentralbanken werden die Zinsen weiter senken. Die EZB wahrscheinlich noch schneller, um der Wirtschaft in Europa Wachstumsimpulse zu geben. Und wir müssen dabei im Hinterkopf behalten, wie schnell das Gespenst der Inflation heraufzieht und wie schwer es war, die Inflation wieder einzufangen.

Über die Situation in Deutschland haben wir im abgelaufenen Jahr schon viel geschrieben, müssen wir nicht alles wieder wiederholen. Bei einer richtigen Wirtschafts- und Fiskalpolitik könnten wir im zweiten Halbjahr mit einer Erholung der Industrieproduktion rechnen. Vorausgesetzt, die neue Regierung und die noch ungefähr ein halbes Jahr geschäftsführende Regierung treffen die richtigen Entscheidung im herausziehenden Handelskrieg zwischen den USA, China und der EU.

Daher sind auch deutsche Aktien einen Blick wert, auch wenn die Erfolge im kommenden Jahr noch nicht zu sehen sein werden. Da werden wir wohl bis 2026 warten müssen, bevor Deutschland die Intensivstation verlassen kann. Aber einerseits soll man Aktien billig kaufen, wenn andere sie verkaufen und andererseits in der jetzigen Konstruktion des DAX40 werden die Werte auch nicht weiter groß einbrechen lassen. Egal, ob es eine Rezession im Inland gibt oder nicht, denn deutsche Unternehmen realisieren 84 Prozent ihrer Umsätze im Ausland.

Und wir sollten damit aufhören, um ausgewählte Schwellenländer einen Bogen zu machen. Das dort erhöhte Risiko in den etablierten Märkten wird sich in langfristigen Renditen auszahlen.

Natürlich sollten wir wegen des heraufziehenden Konfliktes zwischen China und Taiwan vorsichtig sein, gerade Aktien dieser beiden Länder in unseren Depots lange zu halten.

Aber was sollte man kaufen?

Amerikanische Banken werden von den geplanten Deregulierungen profitieren.

Andererseits sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wachstums- und Substanzaktien herrschen.

Irgendwann stößt auch das Wachstum der Tech-Riesen an die Grenzen. Deshalb bleibt es ein Gebot der Stunde, bei Tech-Aktien auch in die zweite und dritte Reihe zu schauen und damit das Risiko zu mindern.

Über das Wachstumsland Indien hatten wir im abgelaufenen Jahr schon viel geschrieben.

Internationale Biotech- und Pharma-Aktien sind weiter ein großes Feld für Investitionen. Auch ein zweites Biontech in Deutschland kann es durchaus geben, möglicherweise kommen auch die Renditen von Biontech wieder.

Wir werden sehen, wie sich alles entwickeln wird. Eine Glaskugel, die die Zukunft richtig voraussagt, haben wir leider nicht im Angebot. Aber wir haben mit unserem NDAC-Clubfonds ein Instrument, das auf vorhersehbare Entwicklung auf den Aktienmärkten besonnen reagieren wird.

Bedanken möchten wir uns bei unseren Mitglieder und Lesern für die Treue im Jahr 2024. Wir hoffen, dass wir auch im Jahr 2025 auf unsere Mitglieder und Leser zählen können und wünschen Ihnen allen ein gesundes neues Jahr!

Rückblick 2024 und Ausblick 2025 Teil 2

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Schauen wir uns als nächstes den DAX40 an, der die Realität scheinbar ausblendete. Und die Realität ist nun mal, dass wir uns in einer Rezession befinden. Ihr Autor möchte nicht schon wieder die großen Unternehmen aufzählen, die im letzten Jahr große Probleme hatten, die sich auch im nächsten Jahr fortsetzen werden. Und das sind nur die großen meist börsennotierten Unternehmen, die anderen Mittelständischen-, und Klein- und Kleinstunternehmen haben ebenfalls große Sorgen um ihre Zukunft. Aber sie sterben still.

Und der DAX40 eilt von Hoch zu Hoch und erreichte dabei ein Allzeithoch von 20.522 Punkten, wobei wir gar nicht so richtig bemerkt haben, dass der deutsche Leitindex 2024 einen Rekord nach dem anderen aufstellte. Und dass von einem in der Rückschau niedrigen Level von 16.345 Punkten im Monat Januar.

Und für alle Enthusiasten, die den DAX40 schon bei 100.000 Punkten sehen, haben wir eine kleine Ernüchterung bereit. Der reine DAX40 Kursindex hat als Jahreshoch auch im Dezember 7.884 Punkte erreicht, ausgehend von einem Tiefstwert im Januar 6.467 Punkten. Diese beiden Zahlen spiegeln die Realität im Lande besser wider. Ihr Autor wird auch weiterhin darauf hinweisen, dass der DAX40 Performanceindex die gesamten Dividenden beinhalten. Und wo werden noch Gewinne gemacht? Richtig, im Ausland.

Unser NDAC-Clubfonds beendete das Jahr mit 165,76 Euro je Anteil oder 24,27 Prozent Zuwachs und lässt damit einige größere Fonds hinter sich.

Vielleicht wird nächstes Jahr auch noch SAP den DAX40-Index verlassen. Nach den Regularien der Deutschen Börse soll keine Aktie im Deutschen Aktienindex Dax gemessen am Börsenwert mehr als 15 Prozent Gewicht haben. Bei dieser Schwelle liegt die sogenannte Kappungsgrenze. Erst in diesem Frühjahr war sie angehoben worden, von 10 auf 15 Prozent. SAP liegt knapp davor, allein in diesem Jahr legte der Titel 60 Prozent zu. Und damit würde ein weiteres Vorzeigeunternehmen den deutschen Leitindex verlassen und damit unserem Depotwert Linde folgen, dass den DAX40 bereits vor Jahren verließ. Wie sinnvoll die Regeln der Frankfurter Börse sind, lassen wir einfach einmal dahingestellt.

Kommen wir aber nun zu einem weiteren Senkrechtstarter des auslaufenden Jahres 2024, dem Bitcoin. Der Kurs erreichte kurz vor Weihnachten ein Allzeithoch von 102.938 Euro. OK, da hat der Protagonist der digitalen Währung, Donald Trump, erheblich dazu beigetragen mit seinen personellen Entscheidungen, aber auch mit der Ankündigung den Bitcoin zur nationalen US-Reservewährung zu erheben. Müssen wir erst einmal sehen, was von seinen Ankündigungen wahr wird, denn wir wissen, wie schnell der Bitcoin nach unten wegdrehen kann. Und wie schnell auch ein paar Bitcoins in den unendlichen Weiten des Netzes verschwinden können.

Aber jetzt ist das Jahr vorbei und wir müssen es abhaken. Trotz der tragischen Ereignisse von Magdeburg. Es bleibt nur die Hoffnung, dass so etwas endlich der Vergangenheit angehören wird und die Sicherheit im Land erholt wird. Eine neue Regierung muss das endlich schaffen.

Der Ausblick für 2025

Jedes Jahr veröffentlicht die Saxo Bank ihre bekannten “Outrageous Predictions” für die Entwicklung des Aktienmarktes in den kommenden zwölf Monaten. Dabei liegen die Prognosen selten richtig, zeigen aber mit einem Augenzwinkern in eine Richtung, in welche Richtung es gehen kann und was Anleger womöglich für das kommende Jahr noch nicht auf dem Schirm haben. Wir möchten unseren Lesern diese nicht vorenthalten, unkommentiert:

1. Donald Trump lässt den US-Dollar implodieren
Aufgrund von Zöllen und dem Handelsdefizit soll Trump den US-Dollar zum Einsturz bringen und ihn massiv im Wert fallen lassen. Die großen Profiteure: Gold und Bitcoin.

2. Nvidia wird doppelt so groß wie Apple
Nach der massiven Rallye bei Nvidia soll noch lange nicht Schluss sein. Der Chipdesigner soll 2025 die doppelte Marktkapitalisierung von Apple erreichen.

3. China bekommt ein 50-Billionen-CNY-Stimuluspaket
Durch die Krise in China soll die Regierung in Peking laut den Analysten der Saxo Bank ein 50-Billionen-CNY-Stimuluspaket starten, das die Wirtschaft zurück auf Kurs bringt.

4. Erstes 3D-gedrucktes Menschenherz wird eingesetzt
Durch einen Durchbruch in der Medizin geraten 3D-gedruckte Organe zunehmend in den Fokus, was zu einem Hype an der Börse und einer IPO-Welle führt.

5. Elektromobilität beendet Ölnachfrage
Wegen der zunehmenden E-Mobilität bricht der Ölpreis wegen zu geringer Nachfrage ein und die Vormachtstellung der OPEC+ wird damit zerstört.

6. USA besteuern KI-Rechenzentren
Aufgrund eines massiven Strompreisanstieges beginnen die USA, die dafür verantwortlichen KI-Rechenzentren zusätzlich zu besteuern.

7. Naturkatastrophe führt zur Versicherungsinsolvenz
2025 soll es laut der Saxo Bank erstmals der Fall sein, dass ein großer Versicherer wegen einer Naturkatastrophe in die Insolvenz rutscht.

8. Pfund steigt auf Pre-Brexit-Niveau
Wegen der brummenden Wirtschaft im Vereinigten Königreich steigt das Pfund gegenüber dem Euro über das Niveau vor dem Brexit

Rückblick 2024 und Ausblick 2025 Teil 1

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Was für ein Jahr ist da mit 2024 zu Ende gegangen? Und vor allem, wie schnell die Dinge sich wandelten. Irgendwie hatte so mancher von uns das Gefühl, wir sitzen alle in einem Karussell, das sich immer schneller dreht. Aber womöglich müssen wir uns an neue Tempi gewöhnen in dieser wirklich nicht ganz einfachen Zeit.

Einige Dinge sind uns leider erhalten geblieben. So der Ukrainekrieg, der immer mehr internationalisiert wird. Oder hätten Sie gedacht, dass der kleine dicke Raketenmann Kim Jong Un plötzlich mit Soldaten in die militärische Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine eingreifen würde? Dabei dienen die Soldaten aus Nordkorea nur als Kanonenfutter für den Fleischwolf der beiden Kriegführenden Parteien. Und es könnte noch schlimmer kommen, wenn Präsident Macron seine Fremdenlegion in den Konflikt verheizen würde. Ist nur gut, dass der französische Präsident aktuell keine Zeit hat, sich um das Problem zu kümmern. Schließlich kostet so ein von ihm angedachter Einsatz der légion étrangère (Fremdenlegion) sehr viel Geld. Und wenn der Macron eins nicht hat, dann ist es Geld. Die Wirtschaft schwächelt dort genauso wie bei uns in Deutschland. Nur ist in Paris bekanntlich der Schuldenstand höher, was einem militärischen Abenteuer enge Grenzen setzt.

Aber die NATO-Bündnisländer brauchen sehr viel mehr Geld, denn in den USA regiert ab dem Jahr 2025 wieder Donald Trump. Der möchte die Militärausgaben in den Mitgliedsländer der NATO auf je nach Lesart auf vier oder fünf Prozent erhöht sehen. Nur zur Erinnerung, der Bundeshaushalt hat seit der Zeitenwende-Rede des nur noch amtierenden Bundeskanzlers Olaf Scholz gerade mal so das bisherige Zwei-Prozent-Ziel des BIP erreicht. Und das auch noch mit dem Trick eines Sondervermögens von 100 Milliarden Euro, das aber auch nur Schulden und kein Vermögen darstellt.

Überhaupt war Donald Trump für die hiesigen Medien und damit auch für die deutsche und wahrscheinlich auch europäische Politik die größte Überraschung. Die meisten hier in Europa hatten auf Kamala Harris als neue Hausherrin im Weißen Haus gesetzt, zumal sie ja den alternden Präsidenten Joe Biden mit Hilfe des Partei-Establishment der Demokraten, nun ja, sagen wir einmal, ziemlich unsanft in die Pension geschickt hatte. Aber noch nicht gleich, denn als Präsident wurde er noch gebraucht und so kam es trotz hohem Spendenauskommens zu einer verheerenden Niederlage der noch amtierenden Vizepräsidentin. Von ihr hört und sieht man auch nicht mehr viel seit jenen enttäuschenden Tagen im November.

Alles konzentriert sich jetzt auf Donald Trump, der auch nicht mehr ganz taufrisch Mitte Januar seine zweite Amtszeit antreten wird. Die Versprechungen und Ankündigungen eines Präsidenten Trump sollte man zwar beachten, aber auch kritisch hinterfragen.

Wenn er den Krieg zwischen Russland und der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden will, dann sollte er die Worte eines Wladimir Putins schon ernst nehmen. Der will gar nicht verhandeln. Aber einen Sonderbotschafter für die Region hat er ja schon ernannt. Selbst wenn er Erfolg hat, dann muss der Frieden irgendwie gesichert werden, durch europäische Truppen. Die Amis halten sich da raus, es ist schließlich kein amerikanisches Territorium, was da verteidigt werden muss. Nur hat der Donald vergessen, mit irgendwem in Europa darüber zu verhandeln, aber vielleicht kommt das ja noch. Auch deshalb, weil es in Europa keinen führenden Ansprechpartner mehr gibt. In Deutschland und in Frankreich ist das System der „Lame duck“ Regierungen aktuell etabliert.

Das war das zweite Überraschungsmoment in 2024: Die deutsche Ampelregierung ist zerbrochen. Das war zwar absehbar, jetzt wählen wir ständig in der Faschingszeit und der Weihnachtsmann kommt als Wahlkämpfer für die jeweiligen Parteien zum Einsatz. Aber es war leider notwendig, denn die drei Parteien sind zwar mit einem großen Sprung eines Tigers in die Zukunft gestartet, landeten aber als Bettvorleger wieder in der Vergangenheit. So kann es gehen, wenn man sich als Regierung nicht an haushalterische Regeln hält und das Bundesverfassungsgericht allzu kreativer Umwidmung und Buchführung einen Riegel vorschiebt.

Aber einen Trost gibt es, jetzt bekommen die Hausbesitzer die Wärmepumpen viel billiger. Dafür warten die Bürger in den Kommunen darauf, ob und welche Wärmenetzplanung in den jeweiligen Städten und Gemeinden vorgenommen wird, um sich dann darauf einzustellen. Das muss sein, schließlich wird eine von der CDU geführte Regierung die CO2-Bepreisung nicht wieder abschaffen. Da fällt ihrem Autor übrigens ein, wir warten jetzt nicht mehr auf das Christkind, sondern auf die Zahlung des groß angekündigte Klimageldes. Nur so als kleiner Tipp für die Wahlkämpfer im Land und für alle, die die Wahlversprechen wirklich ernst nehmen.

Schätzen wir einmal, die Auszahlung wird auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Schließlich haben wir andere Probleme im Land, sagen die Politiker.

Der Blick über die Märkte: Wasserstoff-Aktien Teil 2

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Wenn wir uns so in Deutschland umschauen, dann würde eine umfangreiche grüne Wasserstoffproduktion ebenso scheitern, wie in anderen Teilen der Welt. Wir haben hier nicht genügend Sonne und Wind, um die benötigte Energie zur Herstellung dauerhaft zu erzeugen. Es mag zwar im Sommer heiß sein, aber das ist nur auf ein paar Wochen, wenn es hochkommt dann auf ein paar Monate, begrenzt. Und der grüne Strom wird für die verschiedenen Elektroantriebe jeder Art in Industrie, Landwirtschaft, Handwerk und privat benötigt.

Wir müssen uns also im Ausland umschauen, wo wir unsere europäischen Solarparks aufstellen können. Am besten kann der grüne Wasserstoff in Nordafrika produziert werden. Die Frage stellt sich nur, wo?

In Libyen, einem Land, das vom Krieg gezeichnet ist und noch nicht einmal über eine einheitliche Regierung verfügt? Vielleicht Algerien oder Marokko? Möglich, doch auch in Algerien brodelt es. Macht es da Sinn, dieser Region unsere Energieversorgung in die Hände zu legen, nachdem wir uns von Russland mit Hängen und Würgen losgesagt haben? Auch in anderen Ländern der Sahel-Zone ist es zwar heiß, aber eben auch politisch heiß. Jederzeit kann dort irgendwo ein Umsturz geschlossene Verträge in Frage stellen. 

Doch wo soll der Wasserstoff dann herkommen? Australien bietet sich an, ein bisschen weit weg. Die Regierung in Canberra hat zumindest eine schlüssige Wasserstoffstrategie erarbeitet. Doch der Transport nach Europa ist lang und teuer. Ob sich das eines Tages lohnen wird?

Das gleiche Problem mit den Kosten hätten wir in Lateinamerika, Afrika und den USA. Wobei im Weißen Haus in den nächsten vier Jahren nicht unbedingt an Subventionen für die Entwicklung des grünen Wasserstoffs als Energieträger gedacht wird. Das könnten dann einzelne Bundestaaten im Süden subventionieren. Allein der Glaube fehlt daran, denn die USA haben genügend Energiereserven im Boden lagern. Und Klimawandel interessiert auch nur, wenn es Profit bringt oder dessen Erwirtschaftung im Wege steht.

Zudem ist der Einsatz des grünen Wasserstoffs zur Dekarbonisierung der Wirtschaft zwar weitestgehend unumstritten, unklarer ist jedoch die Lage bei der Mobilität. Batteriebetriebene Elektroautos haben derzeit die Nase vorn, der Einsatz von Brennstoffzellen, die mit Wasserstoff betankt werden, lohnt sich dagegen derzeit wohl nur im Schwerlastkraftverkehr. Der breite Einsatz im Auto ist weniger sinnvoll, weil die Umwandlung von Sonnen-/Windenergie in Wasserstoff und dann die Rückwandlung in Antriebsenergie mit einem Leistungsverlust und daher mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Warum regenerative Energien umwandeln, wenn man sie auch direkt in eine Batterie einspeisen kann? Die Elektromobilität ist und bleibt in naher Zukunft für Autos noch immer die günstigste Option für einen treibhausgasneutralen Straßenverkehr, so denn auch die Schlussfolgerung des Umweltbundesamts. Nichtsdestotrotz loten die Autohersteller auch den Einsatz von Wasserstoff aus. Das zeigt etwa eine aktuelle Meldung von BMW. Der bayerische Autobauer will 2028 mit der Serienproduktion eines Wasserstoffautos mit Brennstoffzelle beginnen. BMW betrachtet die Wasserstofftechnologie als zweites Standbein neben batterieelektrischen Fahrzeugen, was vernünftig ist. Zumal angesichts knapper Batterierohstoffe und unzureichender E-Ladenetze die Elektromobilität ohnehin tendenziell eher noch eine Randerscheinung ist und bleiben kann, wenn es so schleppend weitergeht.

Bei der Produktion von grünem Wasserstoff denken Wissenschaft, Wirtschaft und Politik schon etwas weiter. Doch das soll sich ändern, grüner Wasserstoff soll schon bald in Massen produziert werden. Die Prognosen darüber schießen gen Himmel. Beobachter und Experten überschlagen sich mit positiven Schätzungen. Bis 2050, so eine Annahme von Deloitte, könnten weltweit 600 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff produziert werden. Das würde, so die Unternehmensberatung, einem globalen Umsatz von 1,4 Billionen Dollar entsprechen. Da lohnt es sich schon, einige Versuche auf dem Gebiet weiterzuführen.

Und einige Unternehmen, die nicht nur Wasserstoff in ihrem Portfolio haben, sind durchaus interessant für Anleger. Als eine Art Basisinvestment in die Wasserstofftechnologie bieten sich unser Depotwert Linde und Air Liquide an. Beide Unternehmen gehören zu den größten Wasserstoffproduzenten und decken die gesamte Wertschöpfungskette der Wasserstofftechnologie ab. Linde etwa hat in Leuna erst vor wenigen Jahren ein Werk in Betrieb genommen, in dem im großen Stil grüner Wasserstoff produziert wird. Mit der Produktionsmenge können zum Beispiel jährlich 600 Brennstoffzellen-Busse versorgt werden. Und Air Liquide, Spezialist für Industriegase, baut in der Normandie die nach eigenen Angaben größte Produktionsanlage der Welt für das CO2-neutrale Gas. In den USA hat die Regierung die Franzosen als Partner bei sechs der sieben „Hydrogen Hubs“ ausgewählt, die die geplante amerikanische Wasserstoffinfrastruktur ausmachen werden. Und das trotz der Unsicherheiten durch die künftige US-Politik.

Auch andere Unternehmen stehen für Anleger zur Auswahl, Bloom Energy, Plug Power aber auch noch kleinere Werte wie Power Cell Sweden und Nel Asa aus Norwegen. Doch Vorsicht ist geboten, so sind die Papiere von Nel Asa nur noch im Pennystock-Bereich zu finden. Und Power Cell Sweden hat auch schon einmal bessere Tage gesehen.

Der Blick über die Märkte: Wasserstoff-Aktien Teil 1

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Einige von uns können sich noch an den Hype der Wasserstoffaktien erinnern und fragen sich jetzt, wann kommen denn die neuen Wasserstoffautos und ja auch als Ersatz für das fossile Erdgas wurde Wasserstoff schon gehandelt. Aber der Hype kam, der Hype ging. Alles wurde auf Elektromobilität gesetzt, wobei sich ziemlich schnell herausstellte, dass die Kunden die neuen Angebote auch nicht annahmen, was aber an Fehlentscheidungen in der Politik lag (Ausbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur, zu hohe Preise für die E-Autos und den dafür benötigten Strom etc.).

Wasserstoff wurde bekanntlich schon in den 1990er-Jahren als neue Antriebsenergie gefeiert. Dann, vor wenigen Jahren, zu Beginn der 2020er, wurden Wasserstoff-Aktien wieder an der Börse gefeiert. Doch beide Male waren nach der Sektlaune der Kater angesagt. In den 1990er-Jahren musste man erkennen, dass Wasserstoff zwar viele Möglichkeiten bietet, aber per se nicht klimaneutral ist und auch technologisch gesehen Probleme mit sich bringt. Und seit 2021 sind die meisten Wasserstoff-Aktien wieder tüchtig unter die Räder gekommen. Kein Wunder, nicht wenige dieser „Wasserstoffraketen“, wie sie in einschlägigen Medien tituliert wurden, sind von Wunschdenken getrieben, verzeichnen kaum Umsätze und erst recht keine Gewinne. Aus den Raketen wurden Rohrkrepierer, und das werden sie wohl auf Dauer auch bleiben wenn sie denn noch existieren. 

Wasserstoff abzuschreiben ist wohl verfrüht und entspricht auch nicht den Tatsachen. Denn Wasserstoff bietet durchaus große Chancen, bei der Energieversorgung als Teil des Energiemix und auch an den Börsen. Der Hype ist vorbei, die Spreu hat sich getrennt und die Werte sind zurückgekommen. Das bringt neue Einstiegsmöglichkeiten für die Anleger.

Bevor jetzt wieder alles nach Wasserstoff-Aktien schreit und ein weiterer Hype ausgelöst wird, müssen wir uns als Anleger über etwas im Klaren sein. Wasserstoff wird nicht alle unsere Probleme lösen. Es wird zumindest in den nächsten Jahren oder auch sogar Jahrzehnten nur ein kleiner Bestandteil unseres Energiemixes sein.

Denn einzig grüner Wasserstoff ist klimaneutral und damit für den Verbraucher tragbar, doch dessen Produktion ist laut dem Jahresbericht „Global Hydrogen Review 2023“ der Internationalen Energieagentur (IEA) mit weniger als einer Million Tonnen verschwindend gering. Weltweit werden derzeit rund 100 Millionen Tonnen Wasserstoff hergestellt, und das zu über 80 Prozent mithilfe von fossilen Brennstoffen, was nicht zur ausgerufenen Klimaneutralitätsziel passt.

Schauen wir uns nachstehend zum besseren  Verständnis einmal die verschiedenen Wasserstoffarten an. Da sehen wir ein Farbenmuster, das der TÜV Rheinland für uns kurz zusammenfasst:

Der viel gelobte und herbeigesehnte grüne Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt, wobei ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen (wie etwa Sonnen- und Windenergie) zum Einsatz kommt. Unabhängig von der genutzten Elektrolyse-Technologie bleibt die Herstellung von grünem Wasserstoff völlig kohlenstofffrei. Die Produktionsmethode ist somit klimaneutral und am besten geeignet für den Verbrauch.

 

Grauer Wasserstoff wird aus fossilen Brennstoffen durch Dampfreformierung gewonnen. Das dabei in die Atmosphäre freigesetzte Kohlenstoffdioxid, kurz CO2, trägt zum Treibhauseffekt bei. So entstehen bei der Produktion einer Tonne Wasserstoff etwa zehn Tonnen CO2.

Blauer Wasserstoff entsteht auf die gleiche Weise wie grauer Wasserstoff. Das entstehende CO2 wird jedoch abgetrennt und dauerhaft gespeichert – Carbon Capture and Storage (CCS) nennt sich die verwendete Technologie. Mit ihr gelangt das bei der Dampfreformierung erzeugte CO2 nicht in die Atmosphäre, was die Methode ebenfalls klimaneutral macht. Die Langzeitwirkungen der Speicherung sind noch unbekannt. 

Türkiser Wasserstoff wird durch die thermische Spaltung von Methan erzeugt (Methanpyrolyse). Bei diesem Prozess entsteht fester Kohlenstoff. Damit türkiser Wasserstoff klimaneutral ist, muss die dem Hochtemperaturreaktor zugeführte Wärme aus erneuerbaren Energiequellen stammen und der Kohlenstoff dauerhaft gebunden bleiben.

Eines ist bei allen Wasserstofffarben gleich, es kostet zunächst einmal Energie, die aufgebracht werden muss, um die ganzen Prozesse durchzuführen. Natürlich kann man Kohlendioxid bzw. Kohlenstoff dauerhaft lagern. Das Problem ist, wo? Denken wir einmal an die komplizierte Suche nach Lagerstätten für den Atommüll in Deutschland. Jetzt müssten wir auch noch Lagerstäten für die anderen Schadstoffe finden. Ihr Autor denkt, dass unsere Bevölkerung weder für den Atommüll noch für andere Schadstofflager in der Erde bereit ist. Und das wird wahrscheinlich auch noch sehr lange andauern.  

Also bleibt uns nur der Einsatz von grünem Wasserstoff, wenn wir die Ziele der verschiedenen Klimakonferenzen, die in den letzen Jahrzehnten stattgefunden haben, erfüllen wollen.

Grünen Wasserstoff herzustellen ist wiederum mit anderen Problemen verbunden, die bisher leider auch nicht gelöst sind und wohl so schnell auch nicht zu lösen sind.