
Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Klingt wie ein Märchen, ist aber traurige Realität in den USA. „Wir können so nicht weitermachen, so gespalten wie wir sind“, sagte der amerikanische Ex-Präsident Joe Biden bei seiner ersten größeren Rede seit der Amtseinführung seines Nachfolgers in dieser Woche in Chicago. Es sei „geradezu atemberaubend“, wie viel in nicht mal hundert Tagen zerstört worden sei. Recht hat er, der alte Joe.
Der Handelskrieg mit allen internationalen Handelspartnern ruht erst einmal, außer mit dem Erzfeind China.
Und es sieht nicht so sehr gut aus für die USA im selbst entfachten Handelskrieg. Unter Wirtschaftsexperten wachsen indes die Zweifel, ob Washington einen eskalierenden Handelskrieg mit China gewinnen kann – u. a. aus drei Gründen:
Im Handel mit den USA erzielte China 2024 einen Überschuss von rund 300 Milliarden Dollar. Angesichts der aktuell gültigen Strafzölle von 145 Prozent könnten die chinesischen Exporte in die USA nun weitgehend zum Erliegen kommen. Allerdings drohen auch den USA empfindliche Einbußen. So exportiert Amerika vor allem Soja, Baumwolle oder Fleisch nach China. Das ist relativ leicht zu ersetzen, die US-Einfuhren aus China wie Computer oder Maschinen aber nicht.
Vielleicht sollte sich der Wüterich im Weißen Haus anschauen, wer einen Großteil der amerikanischen Schuldscheine, sprich Anleihen, hält. China ist der zweitgrößte US-Gläubiger nach Japan. Peking hält US-Staatsanleihen im Volumen von rund 780 Milliarden Dollar. Sollte die Parteiführung beginnen, die Anleihen im großen Stil zu verkaufen, wären die Folgen für die US-Börsen wohl verheerend. Zwar würde sich Peking damit auch „ins eigene Fleisch schneiden“, weil die Kurse dann fallen würden und China damit erhebliche Verluste erleiden könnte, so Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Aber allein die Drohung mit einer Kernschmelze an der Wall Street gibt Peking ein machtvolles Druckmittel an die Hand. Und der Schaden für das Reich der Mitte ist überschaubar. Denn viele Staaten, darunter Japan, würden dann wohl auch verkaufen.
Und noch etwas sollte er und seine Berater bedenken, das Problem Seltenen Erden, wie wir es schon einmal extra vor Kurzem beschrieben haben. China hält praktisch ein weltweites Quasi-Monopol bei Seltenen Erden. Sie werden zur Produktion von Elektroautos gebraucht, Computern, Solaranlagen oder für die Härtung von Artillerie-Granaten. Erst am Montag dieser Woche stoppte Peking die Auslieferung von Seltenen Erden und Magneten. Sollte Peking die Lieferung dauerhaft kappen, hätte dies kaum absehbare Folgen für US-Unternehmen wie Tesla (der Elon wird davon nicht sehr gegeistert sein) oder Rüstungskonzerne. Da bekommt die Ukraine ein neues Druckmittel in die Hand, denn die Vorkommen an Seltenen Erden sind nun besonders wichtig für die USA. Aber im Kriegszustand dürfte eine Erschließung oder gar Förderung dort nicht funktionieren.
Natürlich trifft es auch die deutsche Industrie, aber es könnte durchaus passieren, dass die EU schneller ein solides Handelsabkommen mit China erreicht als eine total erratische Führung in Washington.
Dazu kommt der Fakt, dass China weitaus bessere Wirtschaftsdaten vermelden kann, als von Experten erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt stieg von Januar bis Ende März um 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie das Statistikamt in Peking mitteilte. Ökonomen hatten nur mit einem Plus von 5,1 Prozent gerechnet. Gemessen am Vorquartal legte sie diesmal um 1,2 Prozent zu. “Wenn es den Zollstreit nicht gebe, würde so etwas alleine reichen, um die Konjunkturhoffnungen weltweit anzuschieben”, kommentierte ein Händler die berechtigte Hoffnung. Natürlich müssen wir abwarten, wie sich die Situation nach den gegenseitigen Zöllen entwickelt, denn es wird dem Exportmeister auch erheblichen Schaden zufügen. Trotzdem ist ihr Autor der Meinung, dass die Chinesen sich in der stärkeren Position befinden.
Das sehen wir auch an den Erwartungen für den US-Markt. Analysten prognostizieren für das Gewinnwachstum des S&P 500 im laufenden Jahr im Schnitt noch immer 11,2 Prozent – allerdings beginnen sie gerade erst, ihre Schätzungen anzupassen. Dies kann einige Zeit in Anspruch nehmen, schließlich ändert sich das Zollumfeld dieser Tage recht häufig und die Aussichten für die Wirtschaft sind unscharf. Die Experten und auch ihr Autor gehen davon aus, dass die Analysten ihre Prognosen deutlich kürzen werden. Eine Daumenregel besagt, dass jeder Rückgang des Wirtschaftswachstums um einen Prozentpunkt etwa fünf Prozentpunkte Gewinnwachstum kostet.
Ausgerechnet vor Ostern gibt es leider schlechte Nachrichten für die Freunde der Ostereier. Deutsche Legehennenhalter befürchten, dass wegen der Stilllegung von Hühnerbetrieben in den Niederlanden in Deutschland Eier künftig knapp werden könnten. “Die Entwicklung in den Niederlanden ist dramatisch”, sagte Hans-Peter Goldnick, Präsident der deutschen Geflügelwirtschaft und Vorsitzender des Bundesverbandes Ei, dem “Tagesspiegel”. Man spreche von fünf bis zehn Prozent der Legehennenplätze, die abgeschafft wurden oder noch abgebaut werden. “Ein Fünftel der Eier, die bisher aus den Niederlanden gekommen sind, und damit fünf Prozent des gesamten deutschen Eiermarkts, würden wegfallen.” Deutschland kann sich nur zu 73 Prozent selbst mit Eiern versorgen, jeden Tag werden 13 Millionen Eier aus den Niederlanden importiert. Wenn die Importe aus den Niederlanden wegfallen, müssten die Verbraucher im Laden mehr zahlen. Probleme bekämen aber vor allem die Hersteller von Fertigessen, die Saucen oder Kuchen produzieren. Die Produzenten müssten die Rezepturen ändern, weil das Ei als Zutat zu teuer werde und daher wegfalle. Warten wir ab, ob wir Ersatzlieferanten erhalten.
Wir wünschen unseren Lesern trotzdem frohe Ostern!