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Wohin geht die Reise? Finanzmärkte senden widersprüchliche Signale – Gastkommentar Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

 

Gastkommentar von Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

Die aktuellen Entwicklungen an den Finanzmärkten sind von widersprüchlichen Signalen geprägt. Während einige Indikatoren auf wirtschaftliche Erholung hinweisen, gibt es gleichzeitig Anzeichen für Unsicherheit und mögliche Rückschläge. Welche Faktoren beeinflussen diese komplexe Marktlage?

Der Optimismus am Aktienmarkt nimmt weiter zu. Auch Goldman Sachs hat mittlerweile die Jahresend-Rallye ausgerufen. Und ja, bisher liegen sie und andere mit ihrer Zuversicht richtig. Saisonbedingt darf die Angst kleiner werden: Der statistisch schwächste Börsenmonat, der September, liegt hinter uns, und auch der berüchtigte Crash-Monat Oktober ist bereits zu einem Drittel geschafft.

Selten folgt ein Crash direkt auf das Erreichen neuer Höchstkurse. In der Regel bröckelt der Markt erst, bevor es richtig abwärts geht. Doch aktuell geht es nicht abwärts, sondern erreicht der S&P 500 Index neue Rekorde. Insofern kann man zuversichtlich sein, dass der Crash zumindest mal im Oktober ausbleibt. Und so rückt mittlerweile sogar das Goldilocks-Szenario wieder in realistische Nähe.

Zinssenkungen versus Quantitative Tightening
Die derzeitigen Optimisten begründen ihre Zuversicht so: Die Inflationsraten sinken, die Wirtschaft schwächt sich ab. Das könnte den Notenbanken erlauben, die Geldpolitik weiter zu lockern. Dadurch könnte eine Rezession vermieden werden und Unternehmensgewinne könnten weiter steigen. Das klingt schlüssig und es ist durchaus möglich, dass sich dieses Szenario am Ende durchsetzt. Allerdings gibt es wie immer Unbekannte in der Rechnung.

Der Zinsoptimismus ist momentan sehr groß und könnte wie schon Anfang des Jahres übertrieben sein. Wieder steigende Energiepreise und plötzlich 0,5 Prozent mehr Inflation könnten dem Zinsoptimismus einen Strich durch die Rechnung machen. Außerdem könnten die stark gestiegenen Zinsen seit 2022 noch Wirkung entfalten, insbesondere dort, wo Zinsbindungen aus der Nullzinsphase erst in Zukunft auslaufen. Nicht zu vergessen: Die US-Notenbank fährt mit dem Prozess des Quantitative Tightening weiterhin einen restriktiven Kurs auf dieser Seite der Geldpolitik.

Dienstleistungen versus verarbeitendes Gewerbe
Ist das Thema Rezession vom Tisch? Trotz vieler Anzeichen in den vergangenen zwei Jahren ist sie bisher nicht eingetreten. Dennoch gibt es nach wie vor viele Indikatoren, die darauf hindeuten, dass die Konjunktur nicht rosig aussieht. Von Deutschland rede ich gar nicht, das sich quasi in einer Dauerrezession befindet. Doch auch andernorts sind gegenläufige Trends festzustellen: Das verarbeitende Gewerbe steckt in einer Rezession, während die Dienstleistungen davon weitgehend unberührt sind. Dieses Bild zeigt sich vor allem in den USA und in abgeschwächter Form auch in Europa, wobei die Einkaufsmanagerindizes für den Dienstleistungssektor in der Eurozone zuletzt ebenfalls rückläufig waren und nur noch knapp über der Wachstumsschwelle von 50 notieren.

Sollte sich der Dienstleistungssektor oberhalb der Nulllinien halten, könnte eine Rezession vermieden werden. Dies spräche dann auch weiter für Unternehmen des Dienstleistungssektors, wie beispielsweise Alphabet, Meta, Microsoft und letztlich auch Apple, die zwar Mobiltelefone bauen, aber eher als Dienstleistungsunternehmen betrachtet werden.

Die Halbleiterindustrie unterliegt ohnehin oft eigenen Zyklen und der KI-Boom wird weiter eine Sonderkonjunktur haben. Es bleibt die Frage, ob das verarbeitende Gewerbe am Ende die gesamte Wirtschaft mit nach unten zieht. In Deutschland werden wir dies besonders gut beobachten können, da hier die Rückgänge in diesem Bereich am stärksten sind, verglichen mit anderen Industrieländern.

Aktienkäufe versus Bewertungen
Betrachtet man das Verhältnis von Angebot und Nachfrage, spricht vieles für Aktien und eine Fortsetzung des Aufwärtstrends. In den USA befinden sich autorisierte Aktienrückkäufe durch große Unternehmen, die wichtigste Nachfrageseite der vergangenen Jahre, auf Rekordniveau, wenn man die ersten neun Monate dieses Jahres mit den Vorjahren vergleicht. Demgegenüber steht trotz Rekordkursen ein sehr geringes Volumen an Neuemissionen.

Das war beispielsweise 2021 anders, als viele Unternehmen während des Post-Corona-Booms an die Börse gingen. Betrachtet man jedoch die Durchschnittsbewertungen, zeigt sich, dass bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 22 im S&P 500 Index in der Vergangenheit die Renditen der folgenden Jahre mager ausfielen. In der Tat stellt sich die Frage, wo das Wachstum nach der jüngsten Rallye herkommen soll. Allerdings ist das Bild uneinheitlich: Betrachtet man den S&P 500 Equal Weight, also gleichgewichtet, liegt die Bewertung nur leicht über dem Median der Vergangenheit.

Mid Caps sind gerade mal so bewertet wie in früheren Zyklen, Small Caps sogar darunter. Europa ist von den bekannten Qualitätsaktien abgesehen, insgesamt billig. Alles in allem könnte es darauf hinauslaufen, dass weder der breite Bullenmarkt weitergeht noch ein Crash kommt. Vielleicht erleben wir zukünftig einen Aktienmarkt, in dem sich vor allem selektive Chancen bieten, während die großen Indizes, angeführt von hoch gewichteten Technologietiteln, die wirklich nicht mehr günstig sind, eher seitwärts laufen.

 

Neues vom Clubfonds: Accenture

Die Accenture Plc mit Geschäftssitz in der irischen Hauptstadt Dublin ist einer der weltweit größten Dienstleister im Bereich der Unternehmens- und Strategieberatung sowie Technologie und Outsourcing.

Unser Depotwert beendete das Geschäftsjahr bereits am 31. August 2024. Schauen wir also in das Zahlenwerk.

Accenture erzielte einen Umsatz von 16,41 Milliarden Dollar allein im vierten Quartal und übertraf damit geringfügig die Analystenprognose von 16,38 Milliarden Dollar.

Trotz herausfordernder Marktbedingungen zeigte das Unternehmen eine starke finanzielle Performance, einschließlich eines Anstiegs der Auftragseingänge sowie eines Umsatzwachstums. Der bereinigte Gewinn pro Aktie (EPS) verzeichnete ebenfalls einen moderaten Anstieg. Mit einer Strategie, die auf Erneuerung durch Technologie und Shareholder Value fokussiert ist, positioniert sich Accenture solide für das kommende Geschäftsjahr. Die Auftragseingänge für das gesamte Geschäftsjahr erreichten einen Rekordwert von 81 Milliarden Dollar. Das entspricht einem Anstieg von 14 Prozent. 

Der Umsatz für 2024 wurde mit 65 Milliarden Dollar ausgewiesen, immerhin ein Anstieg von zwei Prozent. Der bereinigte Gewinn je Aktie wurde dabei ebenfalls um zwei Prozent gesteigert auf 11,95 Dollar. Der Free Cashflow war 8,6 Milliarden Dollar und es wurden davon 7,8 Milliarden Dollar an die Aktionäre zurückgeführt. Vorgenommene Investitionen in GenAI-Technologie verdreifachten den Umsatz auf 900 Millionen Dollar.

Das Unternehmen stellte im vierten Quartal 2024 rund 24.000 Mitarbeiter ein, hauptsächlich in technischen Positionen.
Lt. aktuellem Stand von Oktober 2024 zahlte unser Depotwert innerhalb der letzten zwölf Monate eine Gesamtdividende von insgesamt 4,85 Euro/Aktie. Das entspricht beim aktuellen Kurs von 328,44 Euro einer Dividendenrendite von 1,48 Prozent. Trotz der niedrigen Rendite hat das Unternehmen seine Dividende vier Jahre in Folge erhöht und seit 20 Jahren ununterbrochen gezahlt. Dies demonstriert eine starke und konsistente Rendite für die Investoren. Zudem können die Cashflows des Unternehmens die Zinszahlungen ausreichend decken, was ein beruhigendes Zeichen für die finanzielle Stabilität ist.

Accenture’s Geschäftsjahr 2024 spiegelte bei der Vorstellung der Zahlen die Widerstandsfähigkeit und strategische Ausrichtung des Unternehmens in einem volatilen Markt wider. Die Marktkapitalisierung beträgt 220,73 Milliarden Dollar, was die bedeutende Position in der IT-Dienstleistungsbranche unterstreicht. Das KGV liegt bei einem robusten Wert von 31,8, was das Vertrauen der Investoren in die Ertragskraft des Unternehmens signalisiert. Bemerkenswert ist auch das hohe Kurs-Buchwert-Verhältnis von 7,95, was darauf hindeutet, dass der Markt die Vermögenswerte des Unternehmens sehr positiv bewertet. 

Der Beratungsausblick für das begonnene neue Geschäftsjahr liegt auf Grund vorsichtiger makroökonomischer Bedingungen im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich. Bei der GenAI werden weitere Steigerungen erwartet. Das Unternehmen betonte dabei seine starken Akquisitionsfähigkeiten und die Integration von GenAI zur Verbesserung von Effizienz und Kundenmanagement.

Accenture’s Leistung im Geschäftsjahr 2024 umfasste 81 Milliarden Dollar an Neuaufträgen, wobei 125 Kundenabschlüsse über 100 Millionen US-Dollar erzielt wurden. CEO Julie Sweet sagte: „Wir haben 310 Großkunden gewonnen und 3 Milliarden US-Dollar an Aufträgen für generative KI erzielt.“

Der globale IT-Dienstleistungsriese Accenture hat einen Aktienrückkaufplan im Wert von 4,0 Milliarden US-Dollar bekannt gegeben und signalisiert damit ein hohes Maß an finanziellem Selbstvertrauen, während das Unternehmen weiterhin von der wachsenden Nachfrage nach Lösungen für generative künstliche Intelligenz profitiert. Das Unternehmen rechnet damit, seinen Aktionären durch Dividenden und Aktienrückkäufe mindestens 8,3 Milliarden Dollar in bar auszuschütten.

Julie Sweet, Vorsitzende und CEO von Accenture, betonte das transformative Potenzial der KI und erklärte: „Wir bauen unsere Führungsposition im Bereich der generativen künstlichen Intelligenz weiter aus. Wir sind davon überzeugt, dass diese Technologie die bahnbrechendsten Veränderungen im nächsten Jahrzehnt bewirken wird, und verzeichnen in diesem Jahr Neuaufträge im Wert von 3 Milliarden Dollar.“

Die Neuaufträge von Accenture, eine wichtige Kennzahl, die den Wert der Kundenverträge mit zukünftigen Ausgabenverpflichtungen widerspiegelt, stiegen im vierten Quartal auf 20,1 Milliarden Dollar, gegenüber 17,25 Milliarden Dollar im dritten Quartal.

Die Neubuchungen im Beratungsbereich beliefen sich auf 8,6 Milliarden Dollar oder 43 Prozent aller Neubuchungen, während die Neubuchungen im Bereich Managed Services 11,6 Milliarden Dollar oder 57 Prozent aller Neubuchungen ausmachten.

Unser Depotwert Nvidia gab am 2. Oktober 2024 eine erweiterte Kooperation mit der IT-Unternehmensberatung Accenture bekannt, um Unternehmen bei der Einführung von KI zu unterstützen. Im Rahmen der Übereinkunft ist auch die Gründung einer neuen Nvidia Business Group durch Accenture vorgesehen, um Unternehmen weltweit dabei zu helfen, ihre KI-Einführung schnell zu skalieren. Rund 30.000 Mitarbeiter gehören der neuen Nvidia Business Group von Accenture weltweit an, die geschult werden, um die Einführung von KI in Unternehmen mit KI-Agenten voranzutreiben.

Beim Schreiben dieses Beitrags stand unser Depotwert bei 362 Dollar, das bedeutet einen Anstieg über ein Jahr gesehen von 16,98 Prozent. Wir bleiben dabei.

Wie der Standort Deutschland noch zu retten wäre – Gastkommentar Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

 

Gastkommentar von Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

Deutschland steckt in einer Dauerrezession und die politischen Parteien finden darauf bisher keine überzeugende Antwort. Dabei kennen wir doch die Probleme – und müssten sie nur entschlossen anpacken.

Der Abgesang auf den Standort Deutschland ist in vollem Gange. Das ist auch nicht verwunderlich, befindet sich Deutschland gefühlt und womöglich auch real in einer Dauerrezession. Die Gründe sind klar: Zu hohe Energiepreise, zu hohe Abgaben, überbordende Bürokratie, Fachkräftemangel, ein rückständiges Bildungssystem und eine marode Infrastruktur – sowohl in Bezug auf die klassische Infrastruktur als auch auf die digitale, die unzureichend ausgebaut ist.

Feindbilder taugen nicht als Lösungen
Es gibt also viel zu tun am Standort Deutschland. Die Probleme werden auch immer wieder benannt und diskutiert. Wir haben kein Erkenntnisproblem. Das betrifft auch die politischen Parteien, besonders im Hinblick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr. Die wissen auch, was zu tun ist.

Doch anstatt sich eiligst über konstruktive Lösungen Gedanken zu machen, bedienen sie überwiegend Feindbilder. Da ist allen voran die AfD, die das Migrationsproblem zum größten Problem der Republik hochstilisiert. Ohne Frage haben wir ein Problem mit illegaler Migration und auch mit der Kriminalität, die damit einhergeht.

Aber bewusst habe ich es nicht in der oben genannten Liste aufgeführt. Denn in Bezug auf den Standort Deutschland ist dies das geringste Problem. Es wird erst dann zum Problem, wenn aus den Feindbildern, die aufgebaut werden, gegenüber den vielen hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund ein ausländerfeindliches Bild von Deutschland entsteht. Dann nämlich lösen wir zum Beispiel den Fachkräftemangel nicht. Dieser lässt sich nur mit ausländischen Fachkräften beheben.

Auch die anderen Parteien haben kaum Lösungen
Leider haben die anderen Parteien auch nichts Besseres zu bieten. Da gibt es die Linke und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), die den Menschen vorgaukeln, das Problem sei eine Folge falscher Umverteilung, und die die vermeintlich „Reichen“ zum Feindbild stilisieren.

Auch das ist sehr gefährlich. Denn die soziale Marktwirtschaft funktioniert deshalb so gut, weil es eine nicht unbedeutende Gruppe von Menschen gibt, die den Ehrgeiz entwickeln, es im Leben zu etwas zu bringen – auch finanziell. Diese Menschen arbeiten keine 37,5, sondern häufig 70 Stunden die Woche, um ihren Wohlstand zu erreichen. Sie tragen auch Unternehmerrisiken.

Das aber muss sich lohnen. Wer ihnen alles wegbesteuert, wird sie aus dem Land vertreiben. Dabei muss man diese Kräfte nutzen, um Wohlstand für alle zu schaffen, was bei einem gerechten Steuersystem durchaus möglich ist. Die meisten dieser Gruppe sind auch bereit, etwas dafür zu bezahlen, dass wir keine Zustände wie in den USA bekommen. Dort gibt es tausende Zeltlagern an Straßenrändern und Menschen, die so unheilbar suchtkrank sind, dass ihnen kaum noch zu helfen ist. In Deutschland gibt es bisher zum Glück nur ein paar Hotspots, wo man sehen kann, wie das aussehen könnte.

Die Konservativen rennen der AfD nach: das ist fatal
Und die Konservativen? Wenn wir links keine Lösungen finden, wie sieht es dann bei den Konservativen und Liberalen aus, wo es in Deutschland in der Parteienlandschaft durchaus gewisse Schnittmengen gibt? Statt zu versuchen, den Menschen zu erklären, welche Probleme wir angehen müssen, bedienen sie leider auch Feindbilder.

Sie springen auf den Zug der Migrationsabwehr auf, aus Panik wegen der steigenden Wahlergebnisse der AfD. Das ist sehr gefährlich, denn in der Vergangenheit haben die Leute trotzdem lieber das Original gewählt. Die französischen Konservativen sind ein gutes Beispiel dafür: Je mehr sie sich dem Rassemblement National annäherten, desto mehr marginalisierten sie sich selbst und machten den rechten Rand umso stärker.

Ein weiteres Feindbild, das die konservativen Kräfte in Deutschland bedienen, sind die „faulen Bürgergeldempfänger“. Ja, sicher muss hier nachjustiert werden. Aber grundsätzlich muss klar sein, dass wir eine gewisse Umverteilung brauchen, weil die Globalisierung Gewinner, aber eben auch Verlierer geschaffen hat.

Der internationale Lohndruck war so groß, dass sich Teile der Bevölkerung heute nur noch das Existenzminimum leisten können. Das schafft Unzufriedenheit. Ein Grundeinkommen für alle, wie ich es bereits einmal hier gefordert habe, wäre eine mögliche Lösung. Es würde sicherstellen, dass sich Arbeit wieder lohnt und nicht durch Abzüge bestraft wird. Kurz gesagt: Zu glauben, wir müssten nur die Migration stoppen und die Bürgergeldempfänger zum Arbeiten zwingen, löst überhaupt kein Problem.

Wo ist die Mitte nur?
Bleiben die SPD und die Grünen. Abgesehen von gewissen Strömungen in beiden Parteien, die ebenfalls gern das Narrativ vom „bösen Kapitalisten“ bedienen, wären sie diejenigen, die die richtigen Worte finden müssten.

Robert Habeck kann man nicht absprechen, dass er wohl der pragmatischste Kopf in der Bundesregierung ist, der auch in der Lage ist, in seinen Reden die Menschen mitzunehmen. Sein Problem aber ist seine Partei, wie der Rücktritt der Führungsriege zuletzt gezeigt hat. Es gibt zu viele Fundis bei den Gründen. Sozialromantiker, die fernab der Realität leben.

Bleibt also noch die SPD, die mit Olaf Scholz schließlich den Bundeskanzler stellt. Dieser jedoch wirkt abwesend und in seinen Reden so mitreißend wie ein stehendes Gewässer. Es bräuchte jetzt einen Gerhard Schröder oder Helmut Schmidt – jemanden, der in einfachen Worten erklärt, was unsere Probleme sind. Jemand, der ein „Wir-Gefühl“ erzeugen und uns überzeugen kann, dass wir mit einer Kraftanstrengung, die zweifellos einige Jahre dauern wird, vom Schlusslicht Europas wieder zur Spitze aufschließen können. Selbstverständlich kann der „jemand“ genauso gut eine Frau sein.

So ließe sich der Standort Deutschland sanieren, und anstatt zu deindustrialisieren, würden Unternehmen wieder nach Deutschland kommen. Denn nach wie vor haben wir Strukturen, die, wenn sie mit Leben gefüllt würden, eine blühende Wirtschaft und Gesellschaft ermöglichten. Dann wären auch deutsche Unternehmen, die nicht nur im Ausland ihre Umsätze erwirtschaften, sondern vom Standort Deutschland abhängen, wieder attraktiv für Anleger – sowohl in Deutschland als auch weltweit.

 

Neues vom Clubfonds: Fortescue Ltd.

In Australien feiert unser Depotwert Fortescue Ltd. die Bilanzzahlen für 2024. Nein, kein Irrtum in down under, das Unternehmen hat ein abweichendes Geschäftsjahr und das endet im Juni. Aber können die Anleger wirklich schon die ersten Silvesterkorken knallen lassen?

Fortescue Ltd, ehemals Fortescue Metals Group (FMG), ist ein in Australien ansässiges integriertes Unternehmen für grüne Technologien, Energie und Metalle. Das Unternehmen ist in zwei Segmenten tätig: Metalle und Energie. Das Segment Metals beschäftigt sich mit der Exploration, der Erschließung, der Produktion, der Verarbeitung, dem Verkauf und dem Transport von Eisenerz sowie der Exploration von anderen Mineralien. Das Segment Energie befasst sich mit der Entwicklung von Projekten für grünen Strom, grünen Wasserstoff und grünes Ammoniak. Durch sein Wachstumsprojekt Iron Bridge und seine Beteiligung am Belinga-Eisenerzprojekt in Gabun investiert das Unternehmen in das Wachstum seines Eisenerzgeschäfts. Der integrierte Betrieb in der Pilbara umfasst die Bergbauzentren Chichester, Solomon und Western. Die Bergbauinfrastruktur ist mit dem Herb Elliott Port mit fünf Liegeplätzen und der Judith Street Harbour Schleppanlage in Port Hedland verbunden. Das Solomon-Hub in den Hamersley Ranges liegt 60 Kilometer (km) nördlich von Tom Price und 120 km westlich des Chichester-Hubs.

Das 2003 von John Forrest gegründete Unternehmen hat seinen Sitz in Perth ist im Aktienindex S&P/ ASX50 gelistet. Nach eigenen Angaben ist es der viertgrößte Eisenerzproduzent der Welt und beliefert vor allem China und den asiatischen Raum. Fortescue ist Landeigentümer über ein Gebiet von 88.000 km², was der doppelten Größe der Schweiz entspricht. Im Vergleich dazu besitzen Rio Tinto 11.000 km² und BHP Billiton 7.000 km². Dieses riesige Landeigentum in der Pilbara-Region (Western Australia) machen dieses Unternehmen zur Eigentümerin eines weltbedeutenden Eisenerzvorkommens von ca. zwei Milliarden Tonnen.

In den vergangenen zehn Jahren weist die FMG-Aktie einen deutlichen Kursaufschlag von im Schnitt 18,2 Prozent pro Jahr aus. Ein Einsatz in Höhe von 10.000 Euro wäre damit auf 53.347 Euro gestiegen. Dass auch 2024 ein erfolgreiches Jahr war, zeigen die Bilanzzahlen für 2024.

Der Umsatz stieg um acht Prozent auf 18,22 Milliarden Dollar, dabei wurde ein Gewinn (EBIT) 8,489 Milliarden Dollar erzielt. Das entspricht einer Steigerung von rund 21 Prozent, wobei wir feststellen müssen, dass der Gewinneinbruch von 2023 auf sieben Milliarden Dollar nur teilweise aufgeholt wurde. Im Geschäftsjahr 2022 standen immerhin neun Milliarden als Gewinn (EBIT) in der Bilanz von FMG. Besonders gut findet ihr Autor, dass die Netto-Verbindlichkeiten von 1,034 Milliarden Dollar auf 497 Millionen Dollar oder um über die Hälfte (51,93 Prozent) zurückgeführt wurden. Und ganz nebenbei wurde die Dividendenausschüttung um 19,17 Prozent auf 1,336 Dollar gesteigert. Das entspricht einer Dividendenrendite von 9,8 Prozent.

Wenn wir uns die geografische Umsatzverteilung einmal ansehen, stellen wir fest, wie sehr das Unternehmen von seinem Hauptabnehmer China abhängig ist. Im Geschäftsjahr wurden insgesamt Waren für 16,08 Milliarden Dollar ins Reich der Mitte geliefert und 2,14 Milliarden an den Rest der Welt.

Das Fortescue Ltd die gefährliche Abhängigkeit von China verringern möchte und sich auf anderen Gebieten profilieren möchte, wird durch eine gerade vermeldete neue Partnerschaft unterstrichen. Das australische Bergbauunternehmen Fortescue und der deutsch-schweizerische Ausrüstungshersteller Liebherr haben sich Aufträge für 100 autonome, batteriebetriebene Bergbau-LKWs für andere Bergbau- und Transportunternehmen gesichert. Die beiden Unternehmen unterzeichneten Ende September diesen Jahres eine Partnerschaft im Wert von 2,8 Milliarden Dollar, die die Lieferung von 360 Lkw an Fortescue vorsieht. Das sind dreimal so viele wie die 120, die im Rahmen der ursprünglichen Partnerschaft geplant waren. Außerdem werden sie 55 elektrische Bagger und 60 batteriebetriebene Planierraupen liefern. Die von ihnen entwickelten Fahrzeuge sollen auch anderen Firmen zur Verfügung gestellt werden, erklärten die Unternehmen. Fortescue baut die Antriebsstränge und Batterien, die es selbst entwickelt hat, während Liebherr den Lkw liefert.

Fortescue hat verschiedene Strategien zur Produktion von grünem Eisenmetall erforscht. Das Unternehmen wolle schließlich sein gesamtes Eisenerz in grünes Eisen umwandeln, sagte Unternehmensgründer Forrest, der sich weigerte zu sagen, wann es dieses Ziel erreichen könnte. Es gäbe eine starke Nachfrage nach grünem Eisen von Stahlwerken in China, Japan, Südkorea und Europa.

Die 16 Analysten auf Marktscreener geben die durchschnittliche Empfehlung zu einem Halten des Wertes als Ergebnis ihrer Analysen heraus. Als mittleres Kursziel wurden 12,55 Dollar ermittelt. Aktuell steht unser Depotwert bei 14,34 Dollar. Da muss durch die Finanzexperten noch einmal nachgearbeitet werden. Auf jeden Fall ist der Kurs durch eine hohe Dividende abgesichert. Der Sekt kann also doch in Down under schon einmal geöffnet werden.

Kommt die Rezession? – Gastkommentar Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

 

Gastkommentar von Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

Die Märkte jubeln über die Zinssenkungen, aber die Schatten einer Rezession drohen. Widersprüchliche Signale verwirren die Experten.

Viel wurde in den vergangenen zwölf Monaten darüber diskutiert, wann die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Zinsen senken wird, wie oft sie dies in diesem Jahr tun wird und wie stark die erste Zinssenkung ausfallen wird. Man bekam fast den Eindruck, als hinge das Wohl und Wehe der Märkte von dieser Frage ab.

Dabei ist es schon bemerkenswert, dass am Jahresanfang für dieses Jahr sieben Zinssenkungen erwartet wurden und es dann bis zum 18. September gedauert hat, bis die erste Senkung kam. Dies war ein großer Schritt, den die Märkte entsprechend gefeiert haben. Denn die Zinsen sanken nicht wie üblich um 0,25 sondern gleich um 0,5 Prozentpunkte.

Wirtschaftsentwicklung ist entscheidend
Schaut man in die Historie, dann hängt die weitere Börsenentwicklung nicht allein von der Zinspolitik ab, sondern vielmehr davon, wie sich die Wirtschaft entwickelt. Seit 1984 gab es acht Episoden, in denen es in den folgenden zwölf Monaten nach der ersten Zinssenkung keine Rezession gab. In diesen Fällen stieg der S&P 500 im Median um rund zehn Prozent. In drei Episoden kam es innerhalb der darauffolgenden zwölf Monate zu einer Rezession, hier verlor der S&P 500 im Median rund 15 Prozent.

Das Platzen der Dotcom-Blase und die Finanzkrise sind gute Beispiele dafür. Da nützten die Zinssenkungen wenig: Die Zinsen waren in diversen Zinsschritten auf eins bis 0,5 Prozent gesenkt worden, bevor die tiefsten Kurse erreicht wurden.

Rezession oder nicht Rezession
Um die weitere Aktienentwicklung einzuschätzen, muss man also richtig prognostizieren, ob es eine Rezession geben wird. Indikatoren wie die inverse Zinsstrukturkurve sowie die weit unter der aktuellen Lage befindlichen Erwartungen der US-Verbraucher zeigen eindeutig eine Rezession an.

Bisher lag die Trefferquote solcher Indikatoren bei 100 Prozent, wobei bereits seit einiger Zeit eine Rezession angezeigt wird, diese bisher aber nicht kommen will. Dazu kommt aktuell der Sahm Recession Indicator, der bei einem Anstieg der durchschnittlichen Arbeitslosenquote der vergangenen drei Monate gegenüber der tiefsten Arbeitslosenquote der vergangenen zwölf Monate um 0,5 Prozentpunkte anzeigt, dass wir uns in einer Rezession befinden. Aktuell ist dies der Fall.

So weit so gut. Man muss allerdings auch einräumen, dass bei diesem Indikator üblicherweise die Arbeitslosigkeit stark steigt und deswegen die Arbeitslosenquote nach oben geht. Diesmal ist es allerdings so, dass mehr Leute in den Arbeitsmarkt drängen und eher noch Vollbeschäftigung herrscht.

Eine Rezession könnte auch ausbleiben, weil fiskalisch mit dem Inflation Reduction Act (IRA) und dem Chips Act enorm stimuliert wird, was die restriktive Geldpolitik konterkariert.

Ich persönlich halte es trotzdem für wahrscheinlicher, dass die USA noch eine Rezession erleben, da die Zinserhöhungen noch nicht voll durchgeschlagen haben dürften. In der Regel dauert es 24 Monate von der ersten Zinserhöhung bis zur Rezession. Mittlerweile haben wir 30 Monate erreicht, bei der Finanzkrise waren es aber 42 Monate, und es gab auch andere Episoden, in denen es ähnlich lange dauerte wie bisher.

Es wäre schön, wenn man relativ sicher voraussehen könnte, ob es eine Rezession gibt oder nicht. Denn dann wüsste man, was mit den Kursen mit hoher Wahrscheinlichkeit passieren wird. Leider ist es diesmal aufgrund der gegensätzlichen Indikatoren schwerer als sonst. Am Ende muss sich jeder selbst ein Bild machen – wozu ich neige, habe ich offen bekannt.

 

Neues vom Clubfonds: Regeneron

Regeneron Pharmaceuticals Inc. ist ein Biotech-Konzern, der Medikamente zur Behandlung schwerer Krankheiten entdeckt, erfindet, entwickelt, herstellt und vermarktet. Indikationsschwerpunkte sind Medikamente und Produktkandidaten zur Behandlung von Augenerkrankungen, allergischen und entzündlichen Erkrankungen, Krebs, Herz- Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, Schmerzen, Infektionskrankheiten sowie seltenen Krankheiten. In der Entwicklung betreibt das Unternehmen eine enge strategische Partnerschaft mit Sanofi. Für den Absatz eines zugelassenen Augenmedikaments (EYLA) besteht ein Joint-Venture mit der Bayer AG, die außerhalb der USA den Verkauf organisiert. Das operative Geschäft besteht aus nur einem Segment, das die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Arzneimitteln beinhaltet.

Die Aktie unseres Depotwertes erfreute die Anleger in letzter Zeit durch kurzfristige Kursgewinne, das dürfen wir bei Biotech-Unternehmen nicht unbedingt erwarten. Aber langfristig ist auch Regeneron eine sichere Bank für eine ordentliche Rendite durch Kursgewinne, wie die Zehn-Jahres-Betrachtung zeigt. In diesem Zeitraum haben Aktionäre mit der Regeneron-Aktie per Saldo 242,9 Prozent gewonnen, was einer jährlichen Performance von im Mittel 10,9 Prozent entspricht. Ein Investment in Höhe von 10.000 Euro wäre damit auf 28.108 Euro gestiegen. Und auch in der Jahresbetrachtung legte unser Wert zu, von 794 Euro am Jahresanfang bis zum heutigen Tag auf 936 Euro, was einem Kursanstieg von 142 Euro oder rund 18 Prozent entspricht. Das kann sich durchaus sehen lassen.

Aber Anleger sehen auch, dass Regeneron schon einmal höher bewertet war. Die Aktie stand im August schon einmal bei 1.088 Euro. Und jetzt ist der Trend gekippt, denn es geht abwärts. Wie meistens, aber nicht immer, in der Biotech- oder Pharmabranche ist ein Gericht für eine Unterbrechung des Aufwärtstrends verantwortlich. Ein Gericht lehnte die Bemühungen von Regeneron ab, Amgens Biosimilar-Netzhautmedikament Eylea vom Markt fern zu halten. Im schlimmsten Fall verschiebt die Entscheidung des Richters den Zeitplan für diese potenziellen Konkurrenten nur geringfügig nach vorne. Das Patent, das Eylea zugrunde liegt, läuft bereits im Juni 2027 aus. Unter Berufung auf Regeneron sagten die Analysten von Truist, dass es mindestens sechs Eylea-Biosimilars gibt, die von den Aufsichtsbehörden für den US-Markt zugelassen sind, obwohl Regeneron sich bisher erfolgreich gegen deren Verkauf gewehrt hat. Die Reaktion der Anleger auf die Ablehnung der einstweiligen Verfügung durch einen Bundesrichter und den dadurch ausgelösten Kursrückgang war eine Überreaktion, so die Analysten von Truist, zumal Amgen noch nicht entschieden hat, wann es das Medikament unter dem Markennamen Pavblu einführen wird.

Aber kann ein Unternehmen, das an der Börse mit 113 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung notiert ist, wirklich wegen so einem Gerichtsurteil dauerhaft ins Schleudern kommen? Ihr Autor denkt das nicht. 

Schauen wir uns die letzten veröffentlichten Zahlen an. Für das zweite Quartal meldete das Unternehmen einen Umsatz von 3,547 Milliarden Dollar, verglichen mit 3,158 Milliarden Dollar vor einem Jahr. Der Nettogewinn wurde mit 1,432 Milliarden Dollar gegenüber 968,4 Millionen Dollar vor einem Jahr ausgewiesen. Der unverwässerte Gewinn pro Aktie aus den fortzuführenden Geschäftsbereichen betrug 13,25 Dollar gegenüber 9,05 Dollar vor einem Jahr. Der verwässerte Gewinn pro Aktie aus den fortzuführenden Geschäftsbereichen belief sich auf 12,41 Dollar gegenüber 8,50 Dollar vor einem Jahr.

Auch das Halbjahresergebnis sieht gut aus. In den ersten sechs Monaten des Jahres betrug der Umsatz 6,692 Milliarden Dollar gegenüber 6.320,2 Milliarden Dollar vor einem Jahr. Der Nettogewinn stieg auf 2,154 Milliarden Dollar gegenüber 1,786 Milliarden Dollar vor einem Jahr. Der unverwässerte Gewinn pro Aktie aus den fortzuführenden Geschäftsbereichen betrug 19,95 Dollar gegenüber 16,69 Dollar vor einem Jahr. Der verwässerte Gewinn pro Aktie aus den fortzuführenden Geschäftsbereichen belief sich auf 18,68 Dollar gegenüber 15,68 Dollar vor einem Jahr.

Die Zahlen beweisen, unser Depotwert ist auf dem richtigen (leider durch Gerichtsentscheid aktuell unterbrochenen) Weg nach Norden. Es bleibt dem Unternehmen auch nichts anderes übrig als mit Kursgewinnen zu punkten, um seine Anleger zu überzeugen, denn eine Dividende zahlt Regeneron nicht.

Und 22 Analysten haben ein Regeneron Pharmaceuticals Kursziel für 2025 abgegeben. Das durchschnittliche Regeneron Pharmaceuticals Kursziel beträgt 1.179,36 Dollar. Das ist acht Prozent höher als der aktuelle Aktienkurs. Das höchste Kursziel liegt bei 1.300,00 Dollar, das niedrigste bei 805,00 Dollar. Eine Einstufung wurde von 28 Analysten vorgenommen und 20 empfehlen unseren Depotwert zum Kauf, sechs zum Halten und zwei zum Verkauf.

Wir halten das Papier in unserem Clubfonds weiter und sind trotz aller derzeitigen Probleme optimistisch, dass Regeneron wieder auf den Weg nach Norden wechselt.

Hier liegen die Gefahren der allgemeinen ETF-Euphorie – Gastkommentar Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

 

Gastkommentar von Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

Sind ETFs wirklich die sichere Anlageform, wie viele glauben? Der Artikel zeigt, warum die aktuelle Euphorie rund um ETFs auch Risiken birgt und welche Warnsignale Anleger kennen sollten.

Betrachtet man das Sentiment, also die Stimmung der Anleger, lassen sich grundsätzlich zwei Gruppen von Stimmungsindikatoren unterscheiden: Zum einen gibt es das Sentiment der dauerhaften Marktteilnehmer, wie Fondsmanager, Hedgefonds, Versicherungen, Pensionskassen und andere professionelle Anleger. Viele von ihnen handeln diskretionär, immer mehr jedoch auch computergestützt.

Deren Stimmung lässt sich zum Beispiel anhand der “Fund Manager Survey” der Bank of America ablesen, wo viele Fondsmanager nach ihren Investitionsquoten befragt werden. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Umfrage der “National Association of Active Investment Managers (NAAIM)“. Um die Stimmung systematisch agierender Anleger zu erfassen, eignen sich Indikatoren wie die Positionierung der CTAs aber auch der häufig zitierte Hulbert-Index, der Börsenbriefe auswertet, von denen viele im Wesentlichen trendfolgende Kauf- oder Verkaufssignale senden.

Zum anderen gibt es auch Privatanleger, die langfristig am Aktienmarkt aktiv sind. Auch deren Stimmung kann man an einigen Indikatoren gut ablesen, wie der „American Association of Individual Investors (AAII)“.

Von der guten Stimmung zur Milchmädchen-Hausse
Die genannten Stimmungsindikatoren für aktive Marktteilnehmer zeigen vor allem mögliche Korrekturen innerhalb eines übergeordneten Trends. Ist der Trend aufwärtsgerichtet, deuten sich Rückschläge an, ist er abwärtsgerichtet, signalisieren sie Aufwärtskorrekturen, die es immer wieder gibt.

Über die Stimmung der aktiven Marktteilnehmer hinaus existiert aber auch eine allgemeine Börsenstimmung in der Bevölkerung – bei Menschen, die etwas Geld zum Anlegen haben. Diese Stimmung wird durch andere Indikatoren gemessen und gibt Aufschluss darüber, ob ein mehrjähriger übergeordneter Aufschwung möglicherweise gefährlich weit fortgeschritten ist und wir das Stadium der Milchmädchen-Hausse – wie man es früher genannt hat – erreicht haben.

Ein Klassiker unter den Indikatoren, die eine solche breite Börseneuphorie anzeigen, ist der sogenannte “Bild-Zeitungs-Indikator”. Wenn die Bild-Zeitung das Thema Aktien auf dem Titel hat, sollte man sich langsam nach dem Ausgang umsehen, spricht sie von der großen Börsenpanik, ist das Tief oft erreicht. Für meine Generation war der Internetboom der 1990er Jahre bis ins Jahr 2000 hinein beispielhaft.

Nicht nur, dass die Börse und der damalige Neue Markt für Technologie-Aktien auf den Titelseiten präsent waren – es gab sogar Musterdepots für den Neuen Markt in der Bild-Zeitung. Für mich war das damals das Signal, meine Technologieaktien zu verkaufen. Drei Monate später begann eine dreijährige Abwärtsbewegung. Solche Indikatoren tauchen jedoch nur alle paar Jahre auf, wenn eine echte Börseneuphorie oder -panik die breite Bevölkerung erfasst. Ansonsten sind sie abwesend. Wenn überall über Börse und Aktien gesprochen wird und Tipps ausgetauscht werden, ist das ebenfalls ein klares Warnsignal. Interessiert sich hingegen niemand mehr für Börse, deutet es in die andere Richtung.

Gute Stimmung überall
Wenn wir auf die aktuelle Stimmung der dauerhaft aktiven Anleger blicken, sehen wir, dass sie mit der Korrektur, die im Juli begann und Anfang August ihren Höhepunkt fand, teilweise schon wieder stark eingetrübt war. Von echtem Pessimismus waren wir aber noch weit entfernt. Mit der Erholung hat sich die Stimmung wieder deutlich gebessert. So sind laut der Umfrage der AAII bereits über 50 Prozent der US-Privatanleger wieder bullisch eingestellt – ein historisch