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Wirecard – Der DAX-Neuling in Turbulenzen

Wirecard – Der DAX-Neuling in Turbulenzen

Die Kursschwankungen der Wirecard-Aktie nehmen kein Ende. Nach teils panikartigen Verkäufen in den letzten Tagen schlug das Pendel in dieser Woche nun wieder deutlich in den grünen Bereich aus. Der Anfang einer Erholungsrallye oder eine Bullenfalle? – Das fragen sich viele Anleger mit Blick auf die aktuell günstige Bewertung des Papiers.

Das Unternehmen

Das Unternehmen Wirecard wurde 1999 gegründet. Allerdings firmierte es bis zum 13.3.2005 noch unter dem Namen InfoGenie. Wirecard ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Aschheim bei München.

Wirecard beschäftigt sich mit Lösungen für den elektronischen Zahlungsverkehr, das Risikomanagement sowie die Herausgabe und Akzeptanz von Kreditkarten (z. B. VISA, Mastercard, American Express, Discover/Diners, JCB, Alipay, Apple Pay sowie China UnionPay). Zum Konzern gehört auch die Tochtergesellschaft Wirecard Bank AG, die über eine deutsche Banklizenz verfügt.

Wirecard bietet Produkte und Dienstleistungen in den Bereichen Mobiles Bezahlen, E-Commerce, Digitalisierung und Finanztechnologie an. All das umfasst klassischerweise auch die Einbindung von Zahlungsmethoden sowie die Abwicklung von Zahlungen im E-Commerce sowie an der stationären Kasse (PoS). Hier arbeitet Wirecard derzeit mit insgesamt 250 000 Unternehmen zusammen (Stand: Juni 2018), darunter unter anderem Orange Bank, KLM, Rakuten oder Telefónica sowie die dazugehörige Telefónica Deutschland Holding. Darüber hinaus gibt das Unternehmen Kredit- und Geschenkkarten heraus, auch virtuelle.

Dem Quartalsbericht für das 3. Quartal 2018 entnehmen wir, dass der Konzernumsatz um 41 Prozent auf 1,447 Milliarden Euro gestiegen ist. Der Gewinn pro Aktie erhöhte sich auf 2,02 Euro. Das international aufgestellte Unternehmen beschäftigt derzeit über 5000 Mitarbeiter, die unter der Führung von CEO Markus Braun und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates Wulf Matthias für ein unglaubliches Wachstum sorgen. Die Aufnahme des Finanzdienstleisters in den DAX im September 2018, das dort die Commerzbank ersetzte, war also kein Wunder.

Der Absturz der Wirecard-Aktie

Über kein deutsches Wertpapier wird aktuell so gern diskutiert. Der Kursverlauf der Aktie erweist sich seit Monaten als hochvolatil. Ausgehend von ihrem Rekordhoch im August des vergangenen Jahres von rund 196 Euro hatte die Aktie mit ca. 96 Euro Mitte Februar über 50 Prozent an Wert verloren. Grund dafür sind Vorwürfe in der Financial Times, nach denen im Zusammenhang mit einem Bericht der Singapurer Kanzlei Rajah & Tann ein zweites Mal kriminelle Machenschaften bei dem deutschen Bezahldienstleister aufgetreten sein sollen. Vorher wurden schon Vorwürfe über Bilanzmanipulationen durch das gleiche Medium laut.

Ganz offensichtlich konnte CEO Braun die Beschuldigungen über gefälschte Buchführung, Betrug, Korruption und Geldwäsche in einem Statement entkräften, denn der Kurs der Aktie sprang wieder an. Aber die Financial Times legte erneut nach, doch Braun dementierte wieder. So erklärt sich das extreme Auf und Ab der Notierungen.

Was soll das Ganze?

Es wird vielleicht so volatil weitergehen, und irgendwann am Ende wird sich die Wahrheit herausstellen. Wir sollten dabei allerdings auch die zunehmende Spekulation gegen die Wirecard-Aktie berücksichtigen. Dem Finanzdatenanbieter Markit zufolge ist der Wert der Leerverkäufe mit Blick auf das Wirecard-Papier innerhalb eines halben Jahres nämlich von 70 auf 566 Millionen Euro angestiegen, was rund 3,5 Prozent der frei handelbaren Aktien entspricht. Allein der britische Hedgefonds Odey Asset Management wettet mit knapp 132 Millionen Dollar gegen die Aschheimer. Und woher stammt die Financial Times gleich noch mal, war das nicht eine britische Zeitung???

Okay, egal, wie die Sache ausgeht, die Vorwürfe gehören entkräftet für die Aktionäre, aber auch für den Finanzplatz Frankfurt. Bis dahin gleicht es einer Lotterie, sich als Anleger durch kurzfristiges Handeln an den Spekulationen zu beteiligen. Das Spiel mit Call- und Put-Optionen auf den Wert verführt. Die Chance auf schnelle und via Hebel oft große Gewinne ist hoch, ebenso aber auch das Risiko von Verlusten nahe oder über der Schmerzgrenze.

Deshalb hat die deutsche Finanzdienstleistungsaufsicht Leerverkäufe auf Wirecard-Aktien für vier Wochen verboten, um weiteren Schaden abzuwenden. Damit dürfte das Spiel gegen die Wirecard-Aktie der britischen Leerverkäufer, sofern es ein Spiel war, ausgespielt sein. Viele Leerverkäufer bleiben deshalb jetzt auf ihren Positionen sitzen, wenn nicht irgendetwas Neues und fundamental Belastendes geschieht. Aber seltsamerweise ist auch in der Financial Times nichts mehr dazu zu lesen.

Die meisten Analysten sind jedenfalls positiv gestimmt und setzen das Papier auf „Kaufen“, mit einem Höchstkursziel von 225 Euro (Kepler Cheuvreux).

Fazit

Fakt ist eins: Als neuer Wert im DAX hat Wirecard noch nicht die Durchschlagskraft, um den DAX 30 Chart nachhaltig zu beeinflussen.

Das Problem mit seiner Öffentlichkeitsarbeit und den Compliance-Regeln hat Wirecard sicher erkannt. Schnelles Wachstum birgt auch immer die Gefahr in sich, dass die Strukturen im Konzern nicht mitwachsen, und es so zu Fehlern und daraus folgend Gerüchten kommt. Wir haben Wirecard noch nicht in unserem Portfolio, aber das Unternehmen steht als Wachstumswert unter Beobachtung.