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Happy Birthday, EZB! – Gastkommentar Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

 

Gastkommentar von Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

25 Jahre ist die Europäische Zentralbank (EZB) nun alt geworden. Sie wurde erschaffen als neue Währungshüterin für die neue Gemeinschaftswährung Euro. Man kann sagen, dass sowohl Zentralbank als auch Währung in ihrem jungen Alter bereits ein bewegtes Leben hatten.

Zunächst fiel der Euro gegenüber dem Dollar, dann erholte er sich kräftig, bis die Finanzkrise kam. In deren Folge fiel er nicht nur wieder, sondern schlitterte auch in seine erste heftige Krise. Spätestens da wurde vollkommen klar, dass die Gemeinschaftswährung viel zu früh eingeführt worden war.

Die Konvergenz der einzelnen Länder war noch viel zu gering. Die Peripherieländer hatten aufgrund ihrer immer mal wieder schwächelnden eigenen Währung viel höhere Zinsen. Mit der Euro-Einführung sank das Zinsniveau dann aber in Richtung der Anker-Währung DM, und das sahen vor allem die Bürger Spaniens, Portugals, Griechenlands und Irlands als große Einladung, sich hoch zu verschulden und Immobilien zu kaufen.

Das kurbelte die Konjunktur in diesen Ländern an, woraufhin sie hoch gelobt wurden, während Deutschland zum kranken Mann Europas gestempelt wurde. Dass dieser Konjunkturaufschwung rein schuldenfinanziert war, sahen viele nicht. Als die Immobilienpreise im Zuge der Finanzkrise dann massiv einbrachen, wurde das Elend sichtbar.

Nun kann man Schulden irgendwann abschreiben, das war ja auch in den USA so. Schmerzhaft für diejenigen, die dann ihren Besitz verlieren und die Banken, die auf ihren Forderungen sitzen bleiben. Aber am Ende beginnt das Spiel dann von Neuem.

Die genannten Länder hatten sich aber in ein viel größeres Dilemma gebracht. Denn mit der auf Pump angekurbelten Konjunktur und Nachfrage waren die Löhne und die Lohnstückkosten deutlich stärker gestiegen als in Deutschland und anderen Ländern, die zuvor eher stabile Währungen hatten. Damit verloren sie massiv an Wettbewerbsfähigkeit, und der Weg, sich daraus zu befreien, indem man die eigene Währung abwertet, den gab es jetzt nicht mehr.

Der Geist der Bundesbank ist längst verschwunden
Als die Bedingungen für die Einführung der Gemeinschaftswährung ausgehandelt wurden, da pochte vor allem Deutschland auf die im Maastricht-Vertrag festgelegten Verschuldungsgrenzen. Und wie die Statuten der Bundesbank wurden nach den deutschen Wünschen auch die der EZB so gestaltet, dass sie eine gänzlich unabhängige Institution ist, allein der Geldwertstabilität verpflichtet.

Dafür erhielt Deutschland nicht den Posten des EZB-Präsidenten, sondern dieser wurde zunächst mit Wim Duisenberg ein Holländer, auf ihn folgte der Franzose Jean-Claude Trichet.

Im Zuge der Eurokrise wurden diese Statuten dann alle aufgeweicht. Wobei man einräumen muss, dass Deutschland in der Zeit der Agenda 2010 eines der ersten Länder war, dass die Neuverschuldungsgrenze von drei Prozent überschritt. Das war damals schon richtig, um die Härte dieser Reformen abzufedern und genau so war es richtig, in der Eurokrise einen pragmatischen Kurs zu fahren.

Dazu gehörte vor allem der Aufkauf von Staatsanleihen und die Nutzung anderer liquiditätsschaffender Instrumente. Es ist meine feste Überzeugung, dass mit einem Kurs gleich der Bundesbank die gemeinsame Währung heute nicht mehr existieren würde, oder zumindest nicht mit allen Teilnehmern.

Es war immer eine Illusion in Deutschland, zu glauben, wir würden unsere stabile Währung der Bundesbank verdanken. Ob eine Währung stabil ist, das hängt viel mehr von der Stärke der Volkswirtschaft ab und diese war eben in der Eurokrise, wenn man den Euroraum als Ganzes betrachtete, nicht vergleichbar mit der von Deutschland in DM-Zeiten.

Und daher war auch der Euro schwächer. Eine restriktive Geldpolitik hätte daran nichts geändert. Diese schafft kein Vertrauen, sondern die Solidität einer Volkswirtschaft tut es.

Deutschland ist klarer Gewinner des Euro
Wir können froh sein, dass der Italiener Mario Draghi mit seinem schon legendären Satz „Whatever it Takes“ die Eurozone zusammengehalten hat. Wie unglücklich wäre es allein, wenn wir nach Italien oder Spanien führen, wir wieder die Währung tauschen müssten.

Aber Deutschlands Vorteil durch den Euro liegt weit über diesen praktischen Vorteilen für uns Bürger. Hätten wir die DM noch, hätte diese in den letzten Jahren gegenüber den anderen europäischen Währungen und wahrscheinlich auch gegenüber dem Dollar und damit aber auch gegenüber dem chinesischen Renminbi deutlich aufgewertet. Unsere Wettbewerbsfähigkeit wäre immer wieder geprüft worden.

Ja, das Argument ist richtig, dass Deutschland auch mit der starken DM sowie die Schweiz mit dem Schweizer Franken jahrelang klargekommen ist, weil sie durch den Zugewinn an Produktivität die permanente Aufwertung ihrer Währung ausgleichen konnte.

Aber das alles hatte jahrelang den Preis hoher Arbeitsplatzverluste, und das wäre dann in den Jahren, wo wir den Euro hatten, natürlich weitergegangen. Der Euro war insofern auch ein Beschäftigungsprogramm hierzulande und verhinderte den weiteren Export von Arbeitsplätzen.

Am Ende zahlen wir die Schulden der Peripherie-Länder, war ein weiteres Argument, das die Skeptiker immer wieder vorbrachten. Aber das stimmt einfach nicht. Das meiste, was wir zur Verfügung gestellt haben, waren Garantien, die gar nicht in Anspruch genommen wurden.

Und was die Schulden insgesamt betrifft, so zeigt doch das Jahr 2022, in dem die Verschuldung prozentual erstmals in Relation zum Bruttoinlandsprodukt deutlich sinkt, was Volkswirtschaftlern mit gesundem Menschenverstand immer klar war: Die Schulden werden durch die Inflation bezahlt, weil sie das Geld und damit auch die Schulden entwertet. So war es immer, wenn Länder zu hoch verschuldet waren.

So wie es jetzt aussieht, dürfte der Euro Bestand haben, denn die Peripherieländer gewinnen in den letzten Jahren gegenüber Deutschland an Wettbewerbsfähigkeit, weil sie die Löhne zuletzt kaum angehoben oder teilweise sogar gesenkt haben. Dies allerdings in einer Geschwindigkeit, die in einer Demokratie noch machbar war und ist.

Die Bundesbank-Vorsitzenden der letzten Jahre, die allesamt Hardliner waren, hätten – wären sie EZB-Präsidenten gewesen – die Länder überfordert. So hätte man dann die Maastricht-Kriterien vielleicht etwas besser eingehalten. Allerdings mit dem Ergebnis: Operation gelungen, Patient tot.