Treffen, Treffen, Treffen – mit und ohne Ergebnis
Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub
Das waren wirklich viele Treffen in Europa, die der amerikanische Präsident Joe Biden da in kurzer Zeit absolvierte. G7-Treffen, EU, Nato, Gipfeltreffen mit Russlands Präsident Putin…und vielleicht auch noch das eine oder andere Treffen, das nicht in der Öffentlichkeit erwähnt wurde.
Was ist nun dabei herausgekommen? Fakt ist, nicht sehr viel, galt es doch erst einmal die Bekanntschaft mit dem ehemaligen Vizepräsidenten und US—Senator zu erneuern.
„Die gelbe Gefahr“ so sagten schon unsere Urgroßeltern, wenn sie von China, dem riesigen Reich der Mitte, sprachen. Und genauso wird es jetzt auch durch die EU und Nato eingeschätzt. Ex-Präsident Trump verhängte harte Wirtschaftssanktionen gegen China, die jetzige Führung im Weißen Haus behält sie bei und möchte Europa auf die Seite der USA ziehen.
Deutschland hat so seine Probleme mit diesen und vielleicht noch weiter folgenden Sanktionen, denn es ist abhängig vom Export nach China. Also kann man die Zurückhaltung der deutschen Bundekanzlerin, übrigens waren es wahrscheinlich ihre letzten Gipfeltreffen, durchaus verstehen.
Die G7-Staaten wollen sich im Umgang mit der zweitgrößten Volkswirtschaft „über ein kollektives Vorgehen absprechen, um marktwidrige Politik und Praktiken anzufechten, die den fairen und transparenten Ablauf der Weltwirtschaft untergraben“, hieß es im dazu verabschiedeten Papier.
Wir hatten schon vor einigen Jahren das Projekt der chinesischen neuen Seidenstraße vorgestellt, die in China beginnt und im Duisburger Hafen enden wird.
Nun haben die G7 eine Milliarden-Initiative zum Aufbau von Infrastruktur in ärmeren Ländern beschlossen – als Konkurrenz zu Chinas neuer Seidenstraße. Die G7-Initiative trägt den Titel „Build Back Better World“ („eine bessere Welt wiederaufbauen“) – in Anlehnung an den von Joe Biden in seinem Wahlkampf bereits für die USA genutzten Slogan „Build Back Better.“ Die Idee passt in die Debatte, dass es mehr bringt, selbst attraktive Angebote zu machen, als sich über Chinas Infrastruktur- und Impfprogramme zu beklagen.
Nach US-Schätzungen werden in Teilen der Welt Infrastrukturinvestitionen in Höhe von rund 40 Billionen US-Dollar benötigt. Durch die Pandemie sei sie noch größer geworden, berichteten US-Regierungsbeamte. Die USA wollten mit den G7-Partnern, dem privaten Sektor und anderen Stakeholdern zeitnah gemeinsam hunderte Milliarden für Infrastruktur-Investitionen in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen mobilisieren. Die G7 gründeten dafür eine Taskforce, die erste Projekte benennen soll. Klare Finanzzusagen wurden allerdings noch nicht gemacht und genau deshalb zweifelt ihr Autor. Wo sollen das hochverschuldete Italien, das in einer jahrelang festhängende Deflation und ebenfalls hochverschuldete Japan, sowie die mit den Pandemiefolgen kämpfenden G7 Staaten die Gelder für zusätzliche Projekte in anderen Staaten hernehmen? Und private Investoren wollen Sicherheiten für ihre Investitionen. Da wird China wohl früher sein Projekt Seidenstraße fertigstellen.
Die EU und die USA setzen bei ihrem Treffen Strafzölle auf Produkte wie Flugzeuge, Wein oder Ketchup bis 2026 aus. Die am Dienstag bei Spitzengesprächen in Brüssel getroffene Vereinbarung soll es ermöglichen, den Streit über staatliche Hilfen für den US-Flugzeugbauer Boeing und seinen europäischen Rivalen Airbus in Ruhe zu lösen. Ein Schritt in die richtige Richtung. Das Problem wird dabei sein, wer die Kongress-Zwischenwahlen 2022 und die Präsidentschaftswahlen 2024 gewinnt.
Und dann trafen sich noch Joe Biden und Wladimir Putin. Hier wurden erste Vereinbarungen zu einer Rückkehr zu normalen diplomatischen Verhältnissen mit der jeweiligen Besatzung in den Botschaften beider Länder getroffen. Wer mehr erwartet hatte, dem sei gesagt, die russisch-amerikanischen Beziehungen waren auf einem Tiefpunkt angelangt. Und so ist es schon ein Megaerfolg, dass beide Seiten wieder miteinander reden und die Gespräche fortgesetzt werden sollen.
Und auch die Spitze der US-Notenbank traf sich in der abgelaufenen Woche und die US-Notenbanker haben signalisiert, dass die Zinssätze bis Ende 2023 steigen werden, früher als sie es noch im März erwartet hatten, da sich die Wirtschaft schnell von den Auswirkungen der Pandemie erholt und die Inflation steigt. Der Median der Projektion zeigte, dass eine Anhebung von nahe Null auf 0,60 Prozent bis Ende 2023 erwartet wird. Im März hatten die Notenbanker noch erwartet, den Leitzins bis 2023 konstant zu halten. So schnell ändert sich die Zinssituation in den USA. Warten wir ab, wie die EZB darauf reagiert, die ja auch noch keine Inflationsgefahr im Euro-Raum bisher sah.
Wir haben schon öfter auf die Lieferengpässe in der deutschen Wirtschaft hingewiesen. Jetzt kommt das renommierte ifo Institut München mit einer neuen Konjunkturprognose um die Ecke. Die deutsche Wirtschaft wächst weiter, in diesem Jahr um 3,3 Prozent. Das klingt schon einmal sehr gut, aber es war auch schon höher prognostiziert. Im März sagten die Forscher noch 3,7 Prozent voraus. Schuld an der Eintrübung sind die globalen Lieferengpässe z.B. der Chipmangel in der Automobilindustrie, Holz und andere Vormaterialien etc. Dafür könnte es dann im kommenden Jahr wesentlich kräftiger aufwärts gehen als ursprünglich gedacht. Für 2022 erhöhte das ifo-Institut seine Wachstumsprognose um 1,1 Punkte auf 4,3 Prozent. Die Corona-Pandemie 2020 bis 2022 wird allein die deutsche Wirtschaft ca. 382 Milliarden Euro kosten, so die Forscher von ifo.