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Die endgültige Trennung, Wirtschaftswachstum, das Dilemma der Automobilindustrie

Die endgültige Trennung, Wirtschaftswachstum, das Dilemma der Automobilindustrie

Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub

Endlich ist der Brexit durch. Das Handels- und Kooperationsabkommen erhielt eine überwältigende Mehrheit von 660 der 697 abgegebenen Stimmen und ist damit ratifiziert. Damit wird der vorläufig geltende Vertrag zwischen Großbritannien und der EU zum 01.05.2021 zu einem rechtsgültigen Abkommen umgewandelt. Wichtigster Punkt des Vertrags für die Wirtschaft ist Zölle zu vermeiden, unbegrenzten Handel in beide Richtungen zu erlauben und Reibungsverluste so weit wie möglich zu begrenzen. Zollformalitäten und Kontrollen gibt es allerdings trotzdem. Unter anderem wird geprüft, ob Produkte wirklich hauptsächlich in Großbritannien hergestellt wurden und ob Lebensmittel geforderten Standards entsprechen. Großbritannien gewinnt mit dem Pakt Zugang zum EU-Binnenmarkt. Im Gegenzug verlangte die EU faire Wettbewerbsbedingungen – das sogenannte Level Playing Field (gleiche Umwelt-, Sozial- und Subventionsstandards). Ob sich beide Seiten an das rund 1.000 Seiten starke Abkommen halten, wird die Praxis zeigen.
Trotz verstärktem Lockdown und anhaltend hoher Inzidenzraten erwartet die Bundesregierung in diesem Jahr ein höheres Wirtschaftswachstum als bisher. In seiner vorgestellten Frühjahrsprojektion geht Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nun von einem Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,5 Prozent aus. Im Januar hatte er lediglich 3,0 Prozent veranschlagt. Grund dafür ist der starke Export. Für 2022 wird mit einem Anstieg von 3,6 Prozent gerechnet. Im vergangenen Jahr war er wegen der Corona-Krise um 4,9 Prozent eingebrochen. Das ist ja prima, könnte man sagen, aber wenn wir in andere Länder schauen, da relativieren sich schon wieder die Zahlen. So dürfte die US-Wirtschaft in diesem Jahr um 6,5 Prozent zulegen. Frankreich, Italien und Spanien erwarten jeweils eine Zunahme zwischen fünf und sechs Prozent. Die „Wirtschaftsweisen“ hatten erst vor zwei Wochen ihre Prognose nach unten revidiert und rechnen für 2021 nur noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 3,1 Prozent. Im Herbst waren die Wirtschaftsweisen noch von 3,7 Prozent ausgegangen.
Egal wie es am Ende ausgeht, es fehlt die verstärkte Binnennachfrage für einen Aufschwung und damit eine wichtige Säule der Wirtschaft. Wer schuld ist, wissen wir schon seit längerem…
Allerdings sollten wir dabei auch der Wirtschaft einen Teil der Schuld am verpassten Aufschwung zuschreiben, speziell der Automobilindustrie. Die Auftragsbücher der deutschen Autohersteller quellen zwar über, die starke Nachfrage aus den USA und China macht die Konzerne zu den ersten Gewinnern des Nach-Corona-Booms, aber die Autohersteller schicken in diesen Wochen wieder Tausende Mitarbeiter in Kurzarbeit. Es stockt, aber nicht wegen Covid 19 oder fehlender Impfdosen, sondern der Nachschub an Mikrochips fehlt und ohne die kann man Autos heutzutage nicht mehr bauen. Wir dürfen also durchaus einmal nachfragen, warum die hochbezahlten Manager der Automobilindustrie nicht genügend Mikrochips geordert haben? Erinnern wir uns zurück. Als im März des vergangenen Jahres die Weltwirtschaft zum Stillstand kam, reagierten die meisten Unternehmen richtigerweise mit Notstandsmaßnahmen. Bestellungen wurden storniert, Lieferungen nicht mehr angenommen, die Mitarbeiter wurden nach Hause geschickt und die Produktion gestoppt. Allerdings gingen die Manager davon aus, dass wie nach der Finanzkrise 2008 die Unternehmen der Chipindustrie reihenweise Probleme bekommen würden und sie dann die Mikrochips bei den übriggebliebenen Unternehmen billiger einsammeln könnte. Nur gingen die Mikrochip-Unternehmen nicht pleite. Denn die Kunden stornierten zwar ihre Autobestellungen, aber bestellten Computer, Bildschirme, Playstations, Tablets. Auch die kann man ohne Mikrochips nicht betreiben. Wir profitieren mit unseren Depotwerten Infineon und Nvidia von diesem Nachfrageboom. Der Nachfrageausfall der Autobauer wurde durch den Boom der Elektronikindustrie überkompensiert. Das heißt für die Automobilindustrie hinten anstellen und warten bis sie an der Reihe sind. Die verschmähten Hersteller der vermeintlichen Halbleiter-Massenware diktieren den Liefer-Takt und zunehmend auch den Preis. Bis genügend neue Fertigungskapazitäten entstanden sind, werden trotz staatlicher Förderung, Jahre vergehen. Bis dahin werden sich die Autohersteller wohl damit abfinden müssen, dass sie nicht mehr die Lieblingskunden der Halbleiter-Industrie sind. Sie selbst haben im ersten Corona-Jahr viel dafür getan, die Lieferbeziehungen zu zerrütten. Jetzt zahlen sie vorerst den Preis dafür. Wir können trotzdem sicher sein, dass sie versuchen werden, den höheren Preis an die Kunden weiter zu geben.
Hoffnungsfroh stimmen die Zahlen unserer Depotwerte aus den USA. Facebook, Amazon, Alphabet & Co lieferten sehr gute Zahlen für das abgelaufene Quartal. Das deckt sich dann auch mit der optimistischen Rede zur Lage der Nation von US-Präsident Joe Biden in der abgelaufenen Woche. Und um die Positivnachrichten noch weiter abzurunden, hält die Fed an ihrer lockeren Zinspolitik fest. Der Leitzins verbleibt wie erwartet auf dem sehr niedrigen Niveau von null bis 0,25 Prozent. Dies sei angesichts der Lage am Arbeitsmarkt und der langfristig niedrigen Inflationsrate angemessen, erklärten die Notenbanker dazu.
Da ging es fast schon unter, dass die CDU ihren Kanzlerkandidaten mit Armin Laschet gefunden hat. Aber für uns ist interessanter, dass Laschet den Wirtschafts- und Finanzexperten Friedrich Merz in sein Wahlkampfteam holte. Nun fehlt nur noch das Wahlprogramm mit richtungsweisenden Perspektiven, wie die Partei Deutschland nach der Pandemie wieder auf einen neuen Wachstumskurs führen will. Das grüne Wohlfühlprogramm braucht jedenfalls eine realistischere Antwort.