Italien schüttelt die Märkte durch
In den letzten Tagen wiesen die Finanzmärkte Fiebertendenzen auf, ihre Kurven schwankten sehr stark. Auch der Euro war nicht gerade ein stabilisierendes Element. Die Risikoaufschläge auf italienische Staatsanleihen stiegen. Das war leider zu erwarten gewesen. Schuld daran war die schon wieder gescheiterte Regierungsbildung in Italien.In Italien haben sich, wie bereits von uns berichtet, die beiden populistischen Parteien Lega Nord und Fünf Sterne zu einem Regierungsbündnis zusammengeschlossen, dessen Regierungsprogramm die politisch Verantwortlichen in der EU, aber leider auch die Finanzmärkte schaudern ließ. Der von beiden Parteien auserkorene Ministerpräsident Giuseppe Conte scheiterte mit der Personalie des Euroskeptikers Paolo Savona am Veto von Staatspräsident Sergio Mattarella. Der 81-jährige Savona sollte nach dem Willen beider Partner den Posten des Wirtschafts- und Finanzministers übernehmen. Der Euroskeptiker, der auch schon als Industrieminister in Italiens Regierung saß, hatte die Frage aufgeworfen, ob Italien den Euro als Landeswährung aufgeben solle. Als verantwortlicher Ressortchef hätte er weit mehr Einfluss auf die italienische Politik, insbesondere die Finanzpolitik ausgeübt.
Eine Übergangsregierung aus Technokraten soll es nun richten
Nun also soll eine Übergangsregierung unter der Führung des ausgewiesenen Finanzexperten und IWF-Sparspezialisten Carlo Cottarelli das Land bis zu Neuwahlen durch die Staatskrise steuern und was noch wichtiger ist, die Finanzmärkte wieder beruhigen. Ob das gelingt, steht noch in den sprichwörtlichen Sternen, denn die zwei bisher die Mehrheit im Parlament stellenden populistischen Parteien werden der Regierung die Zustimmung versagen. Sie streben schon für Juli die nächsten Wahlen an. Das Ergebnis wird jedoch höchstwahrscheinlich nicht viel anders ausfallen, da sich die Rahmenbedingungen in der italienischen Gesellschaft und Wirtschaft nicht über Nacht geändert haben. Im Gegenteil – es wird eine Frustwahl erwartet; für die Populisten wird es weitere Stimmenzuwächse geben. Aber vielleicht gelingt es Cottarelli ja, mit einem überzeugenden Programm und einem dazu passenden Personaltableau aus Spezialisten im Parlament eine Mehrheit zu bekommen.
Die Märkte reagieren nervös
Wir haben es alle gemerkt: Die Märkte sind nicht begeistert von der neuen Staatskrise, wobei noch nicht einmal ganz genau feststeht, welche Nachricht die Märkte in Bezug auf Italiens Gesamtsituation bullisch oder bärisch aufgenommen hat und aufnehmen wird. Zu schnell ändern sich die News aus dem Land, als dass wir daraus einen Trend ableiten können, in welche Richtung die Börsenbarometer ausschlagen werden. Fakt ist aber, dass Italien dringend eine neue Regierung braucht, die die Probleme im Land anpackt und keine Itexit-Pläne aus dem Euro verfolgt bzw. auch nur darüber nachdenkt.
Der Euro hat auch kräftig verloren im Zuge der neuen Hiobsbotschaften, von einst einmal 1,21 Euro auf 1,15 Euro. Das sind schon keine Kleinigkeiten mehr, denn schließlich geht es in den Wechselkursen zum US-Dollar meistens nur Zehntelprozentpunkte rauf oder runter. Der tiefste Stand seit gut einem Jahr verhilft wiederum der deutschen Exportwirtschaft zu neuen Höhenflügen. Das ist doch wenigstens eine gute Nachricht in dem ganzen Italien-Drama.
Wie geht es nun weiter?
Unser „Super Mario“ wird wahrscheinlich als EZB-Präsident und Italiener bald wieder ein Superstatement von sich geben, ganz im Sinne von „whatever it takes“. Dabei ist die Frage nicht, ob, sondern wann es geschieht. Doch wenn er sich noch ein paar Wochen Zeit lässt, könnten die Aktienmärkte zwischenzeitlich noch weiter in Richtung Süden gehen.
Das Zinsniveau in Europa (außer in Deutschland!) steigt, und damit steigen auch die Finanzierungskosten. Das bremst die Konjunktur und gefährdet, wenn der Zins zu hoch ist, die Zahlungsfähigkeit vieler hoch verschuldeter Länder wie eben Italien, aber auch Griechenland, Portugal, Spanien, Irland etc. Das mittlerweile krisenerprobte Management der EU-Finanzmärkte ist auf diese Situation jedoch vorbereitet.
Sorgen machen auch die Spekulanten, denn die internationale Spekulanten-Gemeinschaft ist aktuell unterwegs und verkauft europäische Titel, natürlich speziell Banken, weil diese traditionell italienische Staatsanleihen in ihren Büchern stehen haben.
Aber nicht nur Banken sind davon betroffen, sondern auch eine Vielzahl anderer Titel. Insbesondere deutsche Aktien stehen derzeit auf den Verkaufszetteln. Dabei gehen die Spekulanten davon aus, dass Deutschland ja – so die international unbestrittene Gewissheit – irgendwann für die Schulden von Italien (aber auch Griechenland) aufkommen muss. Ein energisches Statement unserer Bundeskanzlerin oder des Bundesfinanzministers, das dem nicht so sein wird, vermissen wir leider bis zum heutigen Tage.
Fazit
Kleinanleger sollten die Nerven behalten und bei Neuanlagen erst einmal zurückhaltend sein. Wir müssen schließlich nicht ständig handeln. Wer allerdings davon überzeugt ist, dass die zurückgekommenen Werte eine gute Kaufgelegenheit sind, der sollte sich einen Einstieg überlegen. Nicht überlegen müssen die Inhaber von Fonds. Dafür haben sie ja ein Fondsmanagement, das sie vor größeren Verlusten bewahren (sollte). Schwankungen sind natürlich auch hier nicht zu vermeiden.Lesen Sie auch