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Die Börse ist verwöhnt – Gastkommentar Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

 

Gastkommentar von Stefan Riße, Finanzanalyst und Börsenkorrespondent für “N-TV”

Die Berichtssaison läuft auf Hochtouren und gibt ein gemischtes Bild ab. Klar war von Anfang an, dass es mit den Gewinnsteigerungen vor dem Hintergrund der massiv gestiegenen Inflation und der konjunkturellen Unsicherheit ein Ende haben würde. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Unternehmen in den USA, aber auch in Europa nach dem kurzen Corona-Einbruch Rekordgewinne abgeliefert und damit frühere Ergebnisse teilweise weit übertroffen haben. Das hatte natürlich auch mit den staatlichen Ankurbelungsmaßnahmen und in einigen Branchen mit einer Sonderkonjunktur zu tun. Microsoft profitierte beispielsweise vom Trend zum Home-Office, Amazon von den geschlossenen Laden-Geschäften.
 
Normalisierung bedeutet nicht gleich Krise
Natürlich war klar, dass sich einiges normalisieren würde, aber dies bedeutet nicht den Weltuntergang. Schaut man sich die Ergebnisse der Tech-Riesen in den USA an, so bestätigt sich doch das, was ich hier in Kolumnen immer wieder mal erwähnt habe. Diese Unternehmen verdienen nach wie vor richtig Geld, haben hohe Gewinnmargen und ein funktionierendes Geschäftsmodell. Natürlich gibt es hier und da Umsatz- und auch Gewinnrückgänge. Ein spezieller Fall ist sicherlich Meta, und der ist es für mich immer. Dieses Unternehmen unterliegt viel mehr dem Zeitgeist als Unternehmen wie Microsoft, Alphabet oder Amazon, die fast Versorgerstatus in unserem Alltag erreicht haben. Auch sie müssen die Erwartungen in diesem wirtschaftlichen Umfeld herunterschrauben. Aber seien wir mal ganz ehrlich, das sind doch Luxusprobleme. Wir sind aus der Vergangenheit zu sehr verwöhnt.
 
Undankbare Investoren
Wer schon mal in einem großen Unternehmen gearbeitet hat, der weiß, dass in jeder Krise zunächst einmal das Reise- und das Mediabudget zusammengestrichen werden. Hier kann man am schnellsten Einsparungen erlösen. Bis sich die Entlassung von Mitarbeitern bezahlt macht, dauert es. Meistens sind zuvor hohe Abfindungen zu zahlen. Natürlich agieren die Unternehmen auch jetzt wieder so. Die Fluglinien können dies offenbar durch die immer noch hohe Reiselust der Privatleute ausgleichen, die geringeren Mediaausgaben spüren Unternehmen natürlich, die von diesen leben. Insofern ist es überhaupt nicht verwunderlich, das Alphabet einen Gewinnrückgang verzeichnet. Dass trifft auch Meta, diese aber noch härter, weil Facebook immer irrelevanter wird und sie wahnsinnig viel in das Metaverse investieren, von dem niemand weiß, ob wir uns dann wirklich demnächst in dieser digitalen Parallelwelt bewegen. Amazon und Apple gehen vorsichtiger ins Weihnachtsgeschäft. Vor dem Hintergrund der enorm gestiegen Energierechnungen und auch sonstiger Preise, die die Bürger zu schultern haben, ist eine Kaufzurückhaltung nur allzu verständlich. Das iPhone 12 tut es im Zweifel auch noch und es muss nicht sofort das 14er sein. Wundert sich denn hier wirklich jemand? Aber trotz Krisenstimmung sind wir bei diesen Unternehmen doch weit von der Verlustzone entfernt. Selbst Meta verdient noch Milliarden. Würden sich die Kurse dieser Unternehmen noch am Allzeithoch bewegen, würde ich die Enttäuschung an der Börse ja durchaus verstehen. Aber von diesen Ständen sind wir weit entfernt. Meta kostete auf dem Hoch über 380 US-Dollar und ist jetzt für rund 100 Dollar zu haben. Auch Alphabet notiert weit unter dem historischen Höchststand. Ich bleibe dabei, diese Geschäftsmodelle sind deutlich krisensicherer als die von Unternehmen, bei denen die Energiekosten ein wesentlicher Faktor sind oder die gestiegenen Zinsen, weil sie hoch verschuldet sind.
 
Langfristiger Blick ist wichtiger denn je
Anleger sollten sich dies vor Augen führen und sich von Quartalsergebnissen nicht ablenken lassen. Sicher werden die Zeiten in den nächsten Monaten noch rauer oder zumindest rau bleiben. Entscheidend für den Erfolg bei der Geldanlage bleibt der langfristige Blick und damit das langfristig funktionierende Geschäftsmodell. Und glaubt wirklich jemand ernsthaft, wir brauchen in zehn Jahren Alphabet mit Google, Google Maps, YouTube und seinen anderen Diensten nicht mehr, oder Bürosoftware macht nicht mehr Microsoft, und wir bestellen dann zukünftig alles beim Otto-Versand und nicht mehr bei Amazon? Oder wie sieht es mit Nvidia aus, die in Bezug auf das selbstfahrende Auto langfristige Lieferverträge zum Beispiel mit der deutschen Automobilindustrie haben? Unsicherer ist sicherlich die Zukunft von Meta, WhatsApp ist zwar auch so etwas wie ein Versorgungsunternehmen, ob aber der Instagram- und Facebook-Exhibitionismus ewig Trend bleiben, ist weniger sicher zu prognostizieren.