Verhandlungen haben begonnen, das Gaspreisproblem und eine Klatsche für die Kreditinstitute
Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub
Die Verhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP haben begonnen. Nein, nicht die Koalitionsverhandlungen, sondern nur die Sondierungsgespräche. Es ist zumindest erst einmal ein Schritt vorwärts. Unser Land braucht schnell eine neue und handlungsfähige Regierung. Mit der Aufnahme der Sondierungsgespräche steht zwar noch gar nichts fest, aber es ist zumindest schon ein Fingerzeig, dass in Deutschland mit der Ampel eine Regierung angestrebt wird, die eine sozial-ökologische-liberale Richtung einschlagen wird. Das ist vielleicht nicht das Verkehrteste, was dem Land nach einer Wahl, die keine klaren Mehrheitsverhältnisse hervorbrachte, passieren kann. Und letztendlich besteht bei einem Scheitern die Möglichkeit der Wiederauflage der großen Koalition als Alternative, sozusagen als Drohkulisse für die beiden Kanzlermacherparteien, den Bogen nicht zu überspannen.
Beim Blick auf die vielfachen Meldungen über steigende Gaspreise kommen bei vielen Verbrauchern Ängste auf: Viele fragen sich, ob sie sich Energie künftig überhaupt noch leisten können. Doch zunächst einmal muss unterschieden werden zwischen dem Einkaufspreis auf dem Energiegroßmarkt und dem Preis, der bei Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommt. Der Preis ist tatsächlich so hoch wie nie, nämlich 7,01 Cent/KWh. Das liegt an verschiedenen Faktoren. Die Verbraucherpreise hingegen steigen zwar steil an, sind aber noch nicht auf dem Hoch von 2008 (8,09 Cent/KWh) angelangt. Irgendwie eine beruhigende Aussicht für die nähere Zukunft…
Die ökonomischen Folgen liegen auch auf der Hand und es wird sich bemerkbar machen. Denn wer mehr Geld ausgeben muss für Energie, hat als Verbraucher weniger Geld für den Konsum übrig, die Binnennachfrage wird damit EU- und deutschlandweit geschwächt. Zum anderen müssen Unternehmen ebenfalls höhere Energiepreise zahlen, und viele werden versuchen, entweder die Energiekosten auf die Preise umzulegen oder eben, wenn möglich, mit allen Folgen für die einheimische Wirtschaft abwandern. Hatten wir nicht erst die Diskussion der Deglobalisierung?
Russland könnte und würde zwar helfen die Preise zu stabilisieren, in dem es mehr Gas durch die Nordstream 2 Pipeline pumpt. Aber es fehlen die Genehmigungen von Seiten der EU aber auch deutscher Behörden (z.B. Bundesnetzagentur) für die Inbetriebnahme der milliardenschweren Pipeline. Und dass diese schneller unter grüner Regierungsbeteiligung erteilt werden, kann man wohl ausschließen. Nordstream 2 könnte eine Investruine werden. Das ist zumindest die Ansicht des EU-Abgeordneten und ehemaligen Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. Bevor die Energiepreise weiter steigen, sollten Anleger durchaus einmal überlegen in Energieproduzenten, egal ob erneuerbare oder konservative Art, zu investieren. Mit unserem Depotwert RWE sind wir eigentlich ganz gut langfristig aufgestellt. Allerdings ein Gasproduzent aus Norwegen, Russland etc. könnte kurzfristig etwas für einen Renditeturbo sorgen und somit die Energiepreisentwicklung wenigstens teilweise kompensieren.
Es gab einmal Zeiten, unsere älteren Leser erinnern sich daran, da konnte man mit Prämiensparverträgen, wie sie u.a. von Sparkassen en gros angeboten wurden, noch richtig gut verdienen. Prämiensparer bekamen bei solchen Verträgen zusätzlich zum Grundzins eine hohe Prämie. Der Nachteil: Die Banken konnten den Zinssatz einseitig verändern, meist nur bekanntgemacht durch einen Aushang in den Bankfilialen. Die Aushänge blieben dann meist unbeachtet, weil sie aus verständlichen Gründen nicht gut einsehbar ausgehängt wurden. Diese einseitigen Zinsanpassungen erklärte der Bundesgerichtshof bereits 2004 und 2010 für unwirksam, weil sie für die Kunden undurchsichtig waren. Die Banken änderten die Zinsklauseln zwar danach, allerdings zu Lasten der Sparer, sagen Verbraucherschützer. Die Verbraucherzentrale Leipzig klagte deshalb nun bis zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe und hatte Erfolg mit ihrer Musterklage. Ein paar Tausend Euro dürften für die langfristigen Verträge nachgezahlt werden müssen. Eine ziemlich teure Klatsche für die Kreditinstitute. Über die genaue Höhe der Zinsen und Prämien hat nun das OLG Dresden zu entscheiden. Das Problem bleibt jetzt nur, wenn man das Geld nicht unbedingt braucht, wohin in der Minuszinsphase damit? Nun, eine Idee wäre ein Aktienfonds wie unser NDAC-Clubfonds, der sich durch Erfolg und Transparenz auszeichnet.
Auf Grund der von den hohen Energiepreisen getriebenen Inflation wird von Experten eine Zinsanhebung der EZB mit 50 %iger Wahrscheinlichkeit erwartet. Aber erstens ist die Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent nicht gerade hoch und wenn es dann eintritt, wird der Zins 2022 nicht mehr als um 0,1 Prozent steigen und damit Sparer nicht übermütig werden, für 2023 ist eine Zinsanpassung von 0,15 Prozent prognostiziert. Die Inflationsrate darf dazu nicht nur aktuell um 2,0 Prozent herum liegen, sondern auch mittelfristig in einem Zeitraum von bis zu etwa drei Jahren weiterhin auf diesem Niveau erwartet werden. Kurz gesagt: Der Anstieg der Verbraucherpreise soll nachhaltig etwa zwei Prozent betragen. Die aktuelle statistische, das bedeute nicht die gefühlte, Inflationserwartung beträgt für die kommenden zwei Jahre nur 1,8 Prozent. Wie gut, dass wir nicht auf Zinspapiere setzen, sondern auf rendite- und wachstumsstarke Aktien.