Ihr Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
„Wir wollen, dass die Inflation zurückgeht zu zwei Prozent und wir werden das erreichen“, sagte die fast unermüdliche Kämpferin gegen die von ihr selbst verursachte hohe Inflation Christine Lagarde, ihres Zeichen Präsidentin der EZB. Ähnliche Worte hörten wir auch von ihrem amerikanischen Kollegen Fed-Chef Jay Powell.
Und sie waren beide mit ihren Zinserhöhungen auf dem richtigen Weg, trotz der hohen Energiepreise, Lieferengpässe, Pandemiefolgen, dem Krieg in der Ukraine etc. Aber jetzt ist weiterer schwarzer Schwan in das grelle Licht der Öffentlichkeit geflogen. Die wirklich schwarzen Schwäne sind die, die man gar nicht am Radar hat (Unknown Unknowns) und nicht die, die man eh schon am Horizont landen wähnt. Das nur zur allgemeinen Einordung. Dazu gehört auch der neu entflammte Nahostkonflikt. Ok, wir hatten ihn ständig auf dem Radar, aber eben die tödliche Eskalation nicht. In der ersten Linie geht es um die Menschen, die dort auf dicht gedrängten Raum in Gaza leben und nicht fliehen dürfen, fliehen können oder auch verständlicherweise nicht immer wollen. Und sollte die nächste Stufe gezündet werden, und ganz danach sieht es aus, wird dort die Gefahr eines Flächenbrandes immer größer. Einschließlich der Folgen für die Weltwirtschaft, die am Öl und Gas aus der Region hängt und auch an der freien Durchfahrt durch den Suezkanal und der Straße von Hormus hängen. Hoffen wir mal, dass nicht noch irgendwas ganz Blödes passiert und begegnen dem, was da kommen mag mit der professionellen Gelassenheit der Anleger.
Die finale Konsequenz daraus muss natürlich sein, dass wir die Intraday Charts wieder abdrehen, sich die Robinhoods aus dem Markt zurückziehen und wir wieder beginnen, Fristen und Zyklen konforme Strategien und Herangehensweisen, eine Affinität Quartalszahlen und Bilanzen zu entwickeln. Dass dieser Paradigmenwechsel schmerzfrei über die Bühne geht und sich gleichsam als geordneter Rückzug anlässt, darf – wie eh immer alles – durchaus bezweifelt werden. In der schlechtesten aller Welten löst ein geopolitischer Katalysator der beispielsweise den Öl-Preis auf 150 bis 200 Dollar pusht, eine abrupte Kapitulation diverser Marktteilnehmer aus und fertig wäre das Desaster für alle Anleger. Aber auch hier müssen wir wieder sagen, dass hat auch sein positives, nämlich die Gelegenheit für eine Shoppingtour für bisher nicht zum Zuge gekommene Anleger und Nachkäufer.
Das Reich der Mitte feiert gerade den zehnten Geburtstag des Seidenstraßenprojektes. Insgesamt fiel die Teilnahme ausländischer Staats- und Regierungschefs an der Party übersichtlicher aus als bei den letzten zwei Konferenzen im Jahr 2017 und 2019. Westliche Vertreter reisten fast gar nicht an, die meisten der 140 Vertreter stammten aus Afrika und Südamerika. Europa wurde „vertreten“ durch den ungarischen Regierungschef Viktor Orban, der gleich die Gelegenheit nutzte, um mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu plaudern.
Apropos China. Kaum ein anderer Markt wird aktuell so binär betrachtet, wobei sich die China-Hater gefühlsmäßig deutlich in der Überzahl befinden. Glaubt man an das Eskalationsszenario und daran, dass die chinesische Regierung den Laden nicht in den Griff bekommt und möglicherweise, dann auch noch in Taiwan irgendeinen Unsinn aufführt, ist es wohl gut und richtig, die Finger davon zu lassen. Was aber wenn nicht? Viele Investoren haben den Luxus, sich auf ihre Benchmarks zurückziehen zu können, also zumindest relativ keine Fehler machen zu müssen. Ob wir allerdings dadurch eine hohe Rendite erwirtschaften, ist sich ihr Autor nicht sicher…Zumal sich eine Wende abzeichnet. Chinas Bruttoinlandsprodukt wuchs im dritten Quartal real, also preisbereinigt, um 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr und übertraf damit die Analystenerwartungen von 4,5 Prozent. Im September verdichteten sich die Anzeichen einer sich wiederbelebenden wirtschaftlichen Erholung. Die Einzelhandelsumsätze legten im Jahresvergleich um 5,5 Prozent zu, so stark wie seit vier Monaten nicht mehr. Das Wachstum der Industrieproduktion lag mit 4,5 Prozent weiterhin auf dem höchsten Stand seit April.
Aber es gibt auch andere positive Nachrichten. Unser Depotwert, der Pharma- und Medizintechnikkonzern Johnson & Johnson hebt nach einem unerwartet guten dritten Quartal erneut die Prognose für das Gesamtjahr an. Im abgelaufenen Quartal stieg der Umsatz trotz Einbußen im Corona-Geschäft im Vergleich zum Vorjahr um fast sieben Prozent auf 21,4 Milliarden Dollar. Analysten hatten hier etwas weniger erwartet, ebenso hatten sie mit einem geringeren Profit gerechnet. Der von den Branchenkennern vorrangig betrachtete bereinigte Gewinn je Aktie (bereinigtes EPS) kletterte den Angaben zufolge um 19,3 Prozent auf 2,66 Dollar. Auch für diese Kennziffer gibt sich das Management auf Jahressicht jetzt optimistischer. Unter dem Strich verharrte der Überschuss im fortlaufenden Geschäft bei 4,3 Milliarden Dollar. Das Management um Konzernchef Joaquin Duato peilt jetzt auf Jahressicht einen Erlös von 84,4 bis 84,8 Milliarden Dollar an. In der Mitte der Bandbreite wäre dies ein Plus von 8,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zuvor hatte der Konzern 83,6 bis 84,4 Milliarden Dollar anvisiert.
Auch ein anderer unserer Depotwerte gibt uns die optimistische Grundstimmung zurück. Der führende US-Krankenversicherer UnitedHealth hat im dritten Quartal beeindruckende Resultate erzielt. Der Gesamtumsatz betrug 92,4 Milliarden Dollar und der Gewinn je Aktie lag bei 6,56 Dollar und damit über dem Vorjahreswert von 6,33 Dollar. Beide Kennzahlen lagen damit über den Markterwartungen. Für die UnitedHealth-Aktie geht es daher weiter bergauf. Die Prognosen für das Gesamtjahr 2023 wurden angehoben, das Management erwartet nun einen bereinigten Gewinn je Aktie von 24,85 bis 25,00 Dollar.
Trotz alledem werden wir uns auf weitere Schwankungen einstellen müssen, denn davon leben nun mal die Märkte.