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Börsenwissen: Fallende Zinsen = steigende Märkte?

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

So wird es auf jeden Fall häufig in den Medien dargestellt. Und auch gegenwärtig warten Finanzexperten und damit beschäftigte Journalisten auf die angekündigte Zinswende in den USA respektive im Euro-Raum.

Es scheint derzeit angesichts der schwächelnden Konjunktur und der abnehmenden Inflation geradezu ausgeschlossen, dass die Notenbanken weiter an der Zinsschraube drehen, um die Zinsen auf ein neues Hoch zu hieven. Jeder wartet auf den Start der Zinswende auf beiden Seiten des Atlantiks. In den USA früher als in Europa, und die Erwartungen werden auch noch bestätigt durch die Notenbanker selbst. 

So hat beispielsweise etwa Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Fed, während einer Pressekonferenz im Dezember, die im Anschluss an eine Notenbankberatung stattfand, durchblicken lassen, dass die Verantwortlichen über fallende Zinsen „nachdenken“. Für den Markt war das Anlass zur Freude genug. Die Börsenkurse stiegen in den darauffolgenden Tagen kräftig. Wenn die Zinsen fallen, steigen die Aktienkurse – scheint also zu stimmen.

Dass rückläufige Zinsen grundsätzlich für Aktien gut sind, hat vor allem folgenden Grund: Je niedriger die Zinsen, desto höher der heutige Barwert einer Aktie. Der Barwert errechnet sich aus den zukünftigen Gewinnen je Aktie eines Unternehmens und zwar unter Berücksichtigung der Zinsen. Der Barwert wird rechnerisch dadurch ermittelt, dass die in der Zukunft anfallenden Zahlungen auf den heutigen Wert abgezinst und aufaddiert werden. Rechnet ein Unternehmen nur als theoretisches Beispiel damit in zehn Jahren einen Gewinn von 1.000 Euro zu erzielen, beträgt der heutige Barwert des Unternehmens bei einem Zinssatz von fünf Prozent knapp 614 Euro. Liegt der Zins aber bei null Prozent, beträgt der Barwert 1.000 Euro. Das bedeutet, je niedriger die Zinsen, desto höher das Kurspotenzial. Oder anders gesagt, je niedriger die Zinsen, umso höher hinaus kann es an der Börse gehen.

Wenn die Börse voll automatisch laufen würde, wäre eine solche Regel wahrscheinlich die Norm. Aber letztendlich sind es immer noch Menschen, die Kaufentscheidungen oder Verkaufsentscheidungen treffen. Ob sie fallende Zinsen als Kaufsignal wahrnehmen oder nicht, hängt von vielen weiteren Faktoren ab. Und die scheinen einen erheblichen Einfluss auf die Kursentwicklung am Markt zu haben. In der Vergangenheit hat sich nämlich gezeigt, dass Aktienkurse keineswegs in dem Moment anfangen zu steigen, in dem die Zinsen fallen. Nehmen wir zum Beispiel den Zeitraum Oktober 2008 bis Mai 2009, also den Zeitpunkt der Weltfinanzkrise. Damals wurden die Zinsen von der EZB in mehreren Schritten von 4,25 auf 1 Prozent gesenkt. Der DAX benötigte aber vom Moment der ersten Zinssenkung an bis zu seinem Tief rund fünf Monate. Noch länger dauerte es nach dem Platzen der Technologieblase am Neuen Markt. Im Mai 2001 wurden die Zinsen zum ersten Mal von der EZB gesenkt. Der DAX fiel aber weiter und erreichte erst im März 2003 sein Tief. Erst danach ging es wieder aufwärts.

Versuchen wir es einmal zu erklären. Zum einen brauchen die Unternehmen eine gewisse Zeit, bis sie von dem günstigeren Zinsumfeld profitieren und es in steigende Gewinne umsetzen können, die sich dann positiv an der Börse niederschlagen. Denn etwa Kredite, die in Hochzinsphasen aufgenommen wurden und mit entsprechend hohen Rückzahlungszinsen verbunden sind, enden nicht sofort, wenn die Zinsen fallen. Denn die Kreditverträge kann ein Unternehmen nicht so einfach ohne Schaden kündigen. Die Unternehmen müssen ihre Schulden umschichten und mit den Banken günstigere Konditionen aushandeln. Das dauert in der Regel längere Zeit, schließlich wollen die Geldhäuser ihre Interessen auch wahren. 

Zum anderen: Ist eine Zinssenkungsphase eingeläutet und das nach einer langen Zinserhöhungsphase wie wir sie alle in den letzten Monaten erlebten, könnte das zumindest kurzfristig eben nicht den Konsum und die Wirtschaft befeuern. Sondern genau den gegenteiligen Effekt hervorrufen, nämlich dann, wenn die Akteure – Konsumenten aber auch Unternehmen – mit weiteren Ausgaben warten. Denn wenn alle wissen, dass die Kredite in den kommenden Monaten billiger werden, dann wird abgewartet – nötige kreditfinanzierte Ausgaben und Investitionen werden vielleicht einfach noch mal um einige Monate verschoben.

Ein Kreislauf entsteht, aus dem die Konjunktur erst herauskommt, wenn Unternehmen und Konsumenten davon ausgehen, dass die Zinsen unten sind und weiteres Abwarten nicht lohnt. Dann kann die Konjunktur sich wieder erholen, und die Börse profitiert davon. Wie lang dieser Zeitraum andauert, das kann niemand genau voraussagen. An der Börse gibt es kein Drehbuch, letztendlich ist also ungewiss, was in diesem Jahr passieren wird, egal wie tief und in welchem Rhythmus die Zinssenkungen sein werden. 

Aber die Hoffnung auf eine schnelle Erholung der Märkte bei fallenden Zinsen ist durchaus gegeben.