Wir hatten versprochen, dass wir uns im Nachgang der nicht gerade herausragenden Zahlen noch einmal mit Tesla beschäftigen wollen. Schließlich gehört der Wert zu der neu geschaffenen Kategorie „Magnificent Seven“.
Autos von Tesla sind auf deutschen Straßen längst keine Exoten mehr. Doch der Durchbruch ist teuer erkauft. Viele Milliarden hat die E-Auto-Hoffnung auf dem Weg nach oben verbrannt. Zugleich hat Tesla ein eigenes Lade-Netz und eine Marke mit Strahlkraft.
Aber die neuesten Zahlen, vor allem die daneben publizierten Nachrichten, wurden von den Aktionären nicht so gut aufgenommen.
Tesla hat in den ersten neun Monaten den Umsatz um 25 Prozent auf 71,6 Milliarden Dollar erhöht. Automobilverkäufe legten um fünf Prozent im Quartalsvergleich zu. Dieses Jahr wurden 1,32 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert. Ein Zuwachs von 40 Prozent konnte beim Verkauf selbst erzeugter Energien erzielt werden. Hierbei wurden 4,5 Milliarden Dollar eingenommen. Das war nicht genug, der Gewinn je Aktie gab um 20 Prozent auf 2,04 Dollar nach. Im Quartalsvergleich ist dieser um 44 Prozent rückläufig. Die Produktion des Modells S/X gab um 31 Prozent nach. Allerdings um 20 Prozent erhöhte sich diese beim Model 3/Y. Die Anzahl der Supercharger legte um 31 Prozent zu.
Mit dem Zwischenergebnis hat CEO Musk eingeräumt, was viele Marktexperten bereits vermuteten: Seine Wachstumspläne muss Tesla bis auf Weiteres aufgeben. Er wolle nicht mit Vollgas in die Krise fahren. Nach Bekanntgabe der Ergebnisse wurden die Verkaufspreise im Heimatmarkt USA gesenkt. Das Model 3 wird für 1.250 Dollar weniger angeboten. Die Mindererlöse sollen perspektivisch durch Services, wie Software-Updates, eingespielt werden. Dass bedeutet, wer einmal ein Tesla fährt, dürfte dann mit höheren Nebenkosten auf diesem Gebiet rechnen. Als große Wachstumsbremse gelten die gestiegenen Zinsen, die die Investitionen deutlich verteuern. So wird die Fabrik in Mexiko aus Kostengründen verlangsamt gebaut. Auch der Cybertruck wird anstelle der geplanten Einführung in diesem Jahr auf 2025 verschoben.
Ab 2027 soll in der Gigafactory in Brandenburg ein neuer Tesla vom Band laufen. Als Zielverkaufspreis sind 25.000 Dollar = 23.000 Euro geplant. In diesem Jahr sollen insgesamt 1,8 Millionen Fahrzeuge verkauft werden. Zum Gewinnausblick hält sich der Konzern aus verständlichen Gründen bedeckt.
Perspektivisch sollen Kosteneinsparungen und die KI für höhere Gewinne sorgen. Diese Pläne zeigen eindeutig, Tesla muss sich weiter strecken, um seine Position behalten zu können. Auch die Preiskämpfe belasten. Auf eine Dividende können Anleger bei Tesla noch lange warten.
Aber auch die Zukunftsaussichten haben sich eingetrübt, nicht zuletzt sorgte Musk selbst dafür. Auf seiner eigenen X-Plattform diskutiert er engagiert über die künstliche Intelligenz und prahlt mit seinem Autopiloten, der ohne Laser (LIDAR) auskommt und nur über die Auswertung von Videobildern mit Hilfe künstlicher Intelligenz zum Ziel kommen möchte. Gleichzeitig betont er jedoch immer wieder die Gefahren der KI und bedauerte, dass er keine Sperrminorität mehr bei Tesla habe. Die hatte er verloren, weil er Twitter kaufen wollte/musste und deshalb große Anteilspakete an Tesla verkaufte.
Und dazu kommen noch die negativen Schlagzeilen aus dem Umfeld des CEO. Der von Musk geführte Tesla-Konzern hatte ihm die Aktienoptionen 2018 in Aussicht gestellt, wenn ambitionierte Zielmarken bei Börsenwert und Geschäftszahlen erreicht werden. Eine Richterin im US-Bundesstaat Delaware befand nun aber, dass Musk bei Vereinbarung des Plans zu viel Einfluss im Hintergrund gehabt habe, als dass man von einem fairen Verfahren sprechen könne. Wir sprechen immerhin hier von einem Aktienpaket von 56 Milliarden Dollar, für das nun lt. Gericht eine Lösung gefunden werden muss. Nach dem Plan von 2018 konnte Musk in zwölf Schritten Aktienoptionen mit einem maximalen Wert von damals bis zu 55,8 Milliarden Dollar (51,46 Milliarden Euro) bekommen, wenn Börsenwert und Geschäftszahlen von Tesla mit bestimmten Mindestwerten wachsen. Die Richterin entschied, dass Tesla seine Aktionäre nicht korrekt über das Verfahren informiert worden sind, in dem das Riesen-Paket ausgehandelt wurde. So habe Musk enge Verbindungen mit einigen Personen gehabt, die auf Tesla-Seite an den Verhandlungen beteiligt waren.
Außerdem ist der Wettbewerb härter geworden, die chinesischen Autobauer geben den Takt mit Fahrzeugen an, die es preislich mit Tesla aufnehmen können. Mehrfach musste Tesla in den vergangenen Monaten seine Preise senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das Resultat sehen wir in der halbierten Gewinnmarge.
Wir können Musks Worten entnehmen, dass er mit Tesla die KI nur mit angezogener Handbremse entwickelt, weil er bei deren Verwendung nicht das letzte Wort hat. Gerade das Genie Musk ist einer der Gründe, warum Tesla so hoch bewertet ist. Anleger gingen fest davon aus, dass Musk in verschiedenen Bereichen, unter anderem bei der KI, die Nase vorn haben wird. Wenn er nun selbst sagt, dass er das gar nicht möchte, dann wundert der Kurseinbruch nicht.
Den Kauf von Twitter hat Musk auch durch Kredite finanziert, die durch seine verbliebenen Tesla-Aktien gesichert sind. Wenn nun die Aktie von Tesla weiterhin auf Talfahrt geht, dann könnten seine Sicherheiten irgendwann nicht mehr ausreichen und weitere Tesla-Aktien müssten verkauft werden. Das sind nicht gerade rosige Aussichten für den Kurs der Aktie.
Tesla ist im Jahr 2023 zu einem “normalen” Wettbewerber im Markt der E-Autos geworden, nachdem das Unternehmen 10 Jahre lang alleine die Nase vorn hatte. Jetzt ist die Genialität eines Elon Musk wieder gefragt, um den Konzern im Wettbewerb zu behaupten. Doch Musk ist mit X beschäftigt, dort ist der Umsatz weiterhin rückläufig. Wenn wir dann noch berücksichtigen, dass Musk ja nebenbei noch andere Unternehmen führt, kommen doch arge Zweifel auf, ob es gelingt, Tesla wieder auf Spur zu bringen.