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Neues von unseren Depotwerten: Oerstedt

Lange nichts aus dem Norden gehört, zum Beispiel von unserem dänischen Depotwert Oersted. Leider ist da auch nicht allzu viel Gutes festzustellen. Aber trotzdem müssen wir uns mit dem Absturz des Papiers beschäftigen, zumal auch er andere Werte mit in die Tiefe zieht.

Vor einem Jahr stand die Aktie noch bei 100,54 Euro (Jahreshoch), um dann Ende August vom schon nicht mehr so hohen Niveau von 74,96 Euro wie ein verrostetes Windrad in der Nordsee abzustürzen. Und der Absturz dauert noch an, aktuell steht das Papier bei 50,90 Euro. Was ist da passiert?

Grund für den Kursabsturz waren mögliche Wertberichtigungen des Offshore-Windkraftweltmarktführers von bis zu 16 Milliarden dänischen Kronen (2,1 Milliarden Euro).

Oersted begründete die möglichen Wertberichtigungen in den USA unter anderem mit Lieferkettenproblemen und gestiegen Zinsen. Bei den Projekten Ocean Wind 1, Sunrise Wind und Revolution Wind könnten zudem erhoffte Steuergutschriften wegfallen. Falls diese Faktoren unverändert so blieben, würden zum Ende des dritten Quartals entsprechende Wertanpassungen von insgesamt bis zu 16 Milliarden dänischen Kronen vorgenommen werden.

Analysten reagierten unterdessen skeptisch bis enttäuschend. So stufte BNP Paribas Exane Orsted auf „neutral“ ab. Die nun angekündigten Wertberichtigungen stellten, die im Januar angekündigten 2,5 Milliarden, in den Schatten und dürften am Investorenvertrauen nagen. Vom Analysehaus Jefferies hieß es, nur drei Monate nach dem Investorentag sei diese Ankündigung enttäuschend.

Die Analysten von Bernstein kommentierten in einer Mitteilung an ihre Kunden: „Die heutige Ankündigung weist auf Risiken im US-Portfolio hin und trägt nicht dazu bei, die schlechte Stimmung der Anleger gegenüber der Aktie (Oersted) zu verbessern.“

Was sollen Anleger mit den Meinungen der Marktexperten anfangen? Verkaufen oder halten oder kaufen (für ganz Mutige)?

Oersted mit Sitz im dänischen Fredericia ist Weltmarktführer im Bereich Offshore-Windenenergie. Der Windenergiekonzern betreibt Windparks in mehreren europäischen Ländern, vorwiegend in Dänemark, Deutschland und Großbritannien, sowie in den USA. Neben dem Offshore-Geschäft ist Oersted auch tätig in den Bereichen Onshore-Windkraft (in den USA) und Markets & Bioenergy (Biomasse-Kraftwerke und Stromvertrieb). Der Börsenwert des Konzerns beträgt aktuell ca. 25 Milliarden Euro.

Überrascht wurde der Markt vor allem von der Höhe der potenziellen Wertberichtigungen. Diese könnten sich im Worst Case auf knapp 15 Prozent des Eigenkapitals von Oersted summieren – eine völlig unbekannte Dimension beim Windparkbetreiber.

Auch die Begründungen des Oersted-Managements für die drohenden Abschreibungen scheinen nicht so richtig glaubhaft. Die Zinswende wurde schon lange eingeleitet und die Notenbanken waren bis zuletzt kommunikativ, was ihre Entscheidungen betraf. Hohe Zinsen sind also bereits seit Monaten ein Thema und auch Lieferkettenprobleme tauchten nicht von heute auf morgen auf. Hier hätte das Management frühzeitig reagieren können.

Die Oersted-Aktie ist charttechnisch massiv angeschlagen. Sie hat innerhalb weniger Tage wesentliche Unterstützungslinien durchbrochen und notiert aktuell auf einem Dreijahrestief. Es ist aktuell charttechnisch sehr schwierig einzuschätzen, wann das Papier seinen Boden gefunden hat. Im Gegenteil, während des Schreibens des Beitrages ist das Papier weiter gesunken. Der dänische Windenergiekonzern ist sowohl fundamental als auch charttechnisch massiv angeschlagen.

Im ersten Halbjahr gingen Umsatz und Nettogewinn aufgrund gesunkener Strompreise deutlich zurück. Zwar bestätigte das Management die Jahresprognose, aber ob das zweite Halbjahr angesichts der jüngsten Nachrichten so viel besser läuft, wagt auch ihr Autor stark zu bezweifeln. Einerseits steigen die Zinsen weiter, wenn auch nicht so schnell. Aber Oersted muss höchstwahrscheinlich noch einen Sicherheitszuschlag bei Krediten kalkulieren, denn das Vertrauen der Kreditgeber in das Management hat mit Sicherheit einen gewaltigen Knacks bekommen. Und auch die Energiepreise werden weiter zurückgehen oder zumindest stark schwanken. Entscheidend wird sein, wie lange die Folgen der 2,1 Milliarden Euro Wertberichtigung die Bilanz belasten. Da hat das Management doch noch einiges seinen Aktionären zu erklären.

Kurz und mittelfristige Investoren haben jetzt das Weite gesucht. Für Langfristanleger ist die Aktie eigentlich eine aussichtsreiche Anlage. 

Auch für unsere beiden anderen Depotwerte Siemens Energy und RWE, die ja in Konkurrenz zum Oersted-Konzern stehen, hatte der Einbruch Folgen. Sie brachen ebenfalls ein und konnten sich bis heute nicht erholen. Die Entwicklungen bei Oersted sind besorgniserregend. Vor allem mögliche Investitionszurückhaltungen und Lieferkettenprobleme könnten der ganzen Branche noch Probleme bereiten. Allerdings ist aufgrund der unterschiedlichen geografischen und sektoralen Aufteilung der Geschäftsmodelle auch klar, dass RWE kein zweites Oersted werden dürfte. Dementsprechend sollten Anleger nicht in Panik verfallen und die Auswirkungen der angesprochenen Probleme auf RWE & Co. dann evaluieren, wenn die Aufregung sich endgültig gelegt hat.