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Fallen Angel: FlatexDegiro

Unser Depotwert, die Flatexdegiro AG (Eigenschreibweise flatexDEGIRO AG) ist eine deutsche börsennotierte Anbieterin von Finanztechnologien mit Sitz in der deutschen Finanzhauptstadt Frankfurt am Main und Muttergesellschaft der Flatexdegiro Bank AG. Das Unternehmen wurde im Juli 1999 gegründet und unterhält 10 Standorte in Deutschland (Andernach, Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Kulmbach, Leipzig, Leverkusen, Neuss, Willich, Zwickau) sowie jeweils einen Standort in Bulgarien (Sofia), Österreich (Wien) und in den Niederlanden (Amsterdam). Ende 2021 hatte die Gesellschaft rund 2 Millionen Kunden und führte 91 Millionen Wertpapiertransaktionen durch.

Eigentlich kannte die Aktie nur einen Weg nach Norden bis zum Juni 2021, da lag der Kurs bei über 28 Euro, dann stürzte die Aktie ab bis zum Tief bei 5,59 Euro im Dezember 2022. Was ist geschehen?

Nachdem Flatexdegiro die Anleger mit einer Gewinnwarnung geschockt hatte, strich im Dezember 2022 mit der US-Investmentbank Goldman Sachs ein weiteres Haus seine positive Anlageempfehlung. Das Kursziel senkte Analyst Charles Mayne deutlich von 19 auf 8 Euro. Er liegt damit am unteren Ende der Spanne der in Reaktion auf die Gewinnwarnung gesenkten Ziele von 8 bis 19,80 Euro. Das geschäftliche Umfeld schwäche sich ab und die regulatorischen Unsicherheiten nähmen zu, begründete Mayne seine neue Einschätzung “Neutral”. Das dürfte im kommenden Jahr fortdauern. Hinzu komme Gegenwind von der Kostenseite. Wie wir als Anleger wissen, kostet hohes Wachstum erst einmal sehr hohe Investitionen an Kapital.

 
Dazu kamen Ende 2022 die Nachrichten, dass die BaFin nach einer ausführlichen Untersuchung Auflagen erteilt hat, der Vorstand erweitert wird und der Umsatz im laufenden Quartal niedriger ausfällt als prognostiziert.

Es ist ein Desaster für uns Anleger, dass aus heiterem Himmel plötzlich hohe BaFin-Auflagen zu berücksichtigen sind. Die anderen beiden Meldungen hingegen waren absehbar: Die Ausweitung des Vorstands war bereits erwartet worden. FlatexDeGiro ist gewachsen und muss die verschiedenen Aufgaben auf mehr Schultern verteilen. Dass dieser Schritt nun parallel zu den Auflagen der BaFin gegangen wird, ist ein Zeichen dafür, dass sich das Unternehmen bewusst ist, dass die alte Zwei-Vorstands-Struktur als Führung nicht mehr zukunftsfähig ist.

Der Umstand, dass die Umsatzprognose auf “über 400 Mio. EUR” (zuvor 400 – 440 Millionen Euro) gesenkt wurde, ist ebenfalls für die Markteilnehmer keine Überraschung. Wir haben in den letzten Monaten des abgelaufenen Jahres gesehen, dass die Handelsaktivitäten an den Börsen niedrig sind. Trotz steigender Kurse im vierten Quartal sind die Handelsumsätze gering geblieben. Am Ende des Jahres ist es nun einmal so, dass die Kurse steigen, weil niemand mehr verkauft … und nicht weil so viele kaufen wollen. Es ist keine Seltenheit, dass Korrekturtiefs bei niedrigem Handelsvolumen durchlaufen werden. Es mag zuvor einen Panik-Ausverkauf unter hohem Volumen geben. Doch wenn die letzten Verkäufer aus dem Markt geschüttelt sind, dann folgt eine Phase mit niedrigem Handelsumsatz, bei dem die Kurse “wie von Geisterhand” nach oben gehen.

Die wirkliche Überraschung ist die BaFin-Untersuchung, die zwar nicht an die große Glocke gehängt wird, aber eben trotzdem nicht geheim bleibt sowie die darauf resultierenden Auflagen. Immerhin gab es erst vor zweieinhalb Jahren eine ausführliche Untersuchung an der IT des Unternehmens und sämtliche damals erteilten Auflagen wurden umgesetzt. Doch offensichtlich muss nicht nur die IT, sondern auch die Organisation an besondere Risikoaspekte angepasst werden. Die Auflagen betreffen unter anderem die Praxis, Risikowerte im Portfolio mit komplexen Strategien abzusichern. Über die Absicherungsstrategien hat Flatex in der Vergangenheit jegliche Risiken, die sich im eigenen Portfolio befanden, sowie Risiken, die sich aus den Kundenportfolios ergaben, abgesichert, sodass null Euro dafür zurückgelegt werden mussten. Da diese Risikostrategien nicht nach den erforderlichen Regularien eingegangen werden, muss FlatexDeGiro nun eine Sicherheit dafür hinterlegen. Dies umfasse den erwarteten Gewinn des laufenden Quartals in Höhe von 50 Millionen Euro. Diese Summe werde vollständig in die Rücklagen überführt, bis die Anforderungen der BaFin für den Absicherungsprozess erfüllt sind und die Summe dann wieder freigegeben werden kann. Man brauche dazu maximal bis Ende 2023, so CFO Chahrour. Ursprünglich hatte Chahrour noch vor wenigen Monaten in Aussicht gestellt, überschüssige Liquidität an die Aktionäre zurückzugeben. Das ist natürlich eine Enttäuschung. Doch es handelt sich dabei nur um eine Aufschiebung, nicht um eine Aufhebung, so Chahrour.

Es gab keinen Vorwurf seitens der BaFin hinsichtlich bestimmter Geschäfte. FlatexDeGiro darf das Geschäft weiter betreiben wie bisher. Es wurden keine Vergehen festgestellt, sondern lediglich Auflagen erteilt, die einen ordentlichen Ablauf sichern sollen.

Für das Jahr 2023 wird ein Gewinn (EBITDA) von 175 Mio. Euro erwartet. Diese Erwartung bleibt bestehen. Mit der aktuellen Marktkapitalisierung von 800 Millionen Euro sprechen wir über ein KGV von 4,5 für ein Unternehmen, das mit durchschnittlich 15 Prozent im Umsatz und Gewinn wächst.

Und wenn wir den Start ins neue Jahr betrachten, dann stellen wir fest, dass unser Depotwert sich aus dem Tal der Tränen herausarbeitet. Aktuell steht der Wert bei 7,59 Euro mit steigender Tendenz. Eine Chance zum Nachkaufen oder Einsteigen.