Gudesstraße 3- 5

29525 Uelzen

0581 / 973 696 00

Termine nach
Vereinbarung
Der Clubfonds-Ticker

Gudesstraße 3- 5

29525 Uelzen

0581 / 973 696 00

Termine

nach Ver­ein­ba­rung

Kutzers Zwischenruf: Die Börsen bleiben tierisch

Kommentar von Hermann Kutzer, ehem. Börsenkorrespondent für das Handelsblatt und “N-TV”

Wie sollten Anleger auf die steile Zinserhöhung der amerikanischen Notenbank reagieren? Gar nicht, ist eine Möglichkeit. Bullisch oder bärisch, sind richtungstechnisch die beiden anderen. Spontan haben die Profis an der Wall Street Gelassenheit an den Tag gelegt. Dem ist Europa zunächst gefolgt – aber nicht lang. Dann rutschten die Aktienkurse weiter ab. Daraufhin folgten gemischte Stellungnahmen von Analysten und Volkswirten. Es sieht also zunächst einmal so aus, als blieben die Märkte unsicher und uneinheitlich, als würde die Börse zwischen fest und schwach pendeln.

Dass die US-Notenbank Fed die Leitzinsen am Mittwochabend um 75 Basispunkte und damit so kraftvoll wie seit 1994 nicht mehr anhob, hat die Hoffnungen einiger Markteilnehmer übertroffen, zumindest erfüllt. Und schon für Juli steht der nächste Zinsschritt an. Damit reagieren die Währungshüter (endlich) auf die extrem hohe Inflation von zuletzt 8,6 Prozent. Fed-Chef Powell selbst hat jetzt eingeräumt, dass ihn die Höhe der Inflation „überrascht” hat. Die amerikanischen Notenbanker haben jetzt deutlich gemacht, dass sie entschlossen gegen die Teuerung vorgehen möchten.

Dennoch gehen die Stellungnahmen der Fachwelt auseinander. Optimisten glauben jetzt daran, dass sich die Aktienmärkte schon bald stabilisieren dürften. Die Zinserhöhung um 75 Basispunkte gilt als ein klares Signal, dass die Fed ihr Stabilitätsziel nach längerem Zögern jetzt mit Nachdruck verfolgt und nicht die Fehler der Politik in den 1970er Jahren wiederholen wird. Zwar muss in den kommenden Monaten mit einer deutlichen Abschwächung der Konjunktur gerechnet werden. Eine starke Rezession dürfte aber durch die hohen Auftragsbestände der Industrie und eine starke Post-Corona-Nachfrage im Dienstleistungssektor verhindert werden. Andere Volkswirte sprechen von einem „doppelten Würgegriff“: Insgesamt scheinen die US-Notenbanker entschlossen, ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, und zwar insbesondere in Bezug auf ihre Fähigkeit, die noch zu hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Mit Blick auf die Zukunft muss die US-Notenbank diese Härte nun jedoch umsetzen – selbst wenn das Ergebnis eine Rezession sein sollte. Die Risiken dafür sind jetzt eindeutig noch weiter gestiegen. Deshalb befürchtet ein deutscher Banker skeptisch: Der US-Wirtschaft droht im zweiten Halbjahr ein doppelter Würgegriff aus einer zu hohen Preisdynamik und einer restriktiven Geldpolitik.

In meinen Augen ist die Interpretation von Inflation und Geldpolitik nicht ausreichend für die Beurteilung der Wirtschafts- und Börsenperspektiven. Vielmehr muss versucht werden, die Risiken aus den beiden globalen Gefahren einzubeziehen. Irgendwie.

Früher als erwartet sorgt Corona nicht nur in China wieder für Schlagzeilen, wird auch hierzulande vor einer neuen Welle gewarnt. Und noch größer sind die Gefahren durch den Ukraine-Krieg. Es ist doch völlig unberechenbar, wie lange dieser schreckliche Konflikt dauern kann und welche Folgen eine weitere Eskalation hätte. Pandemie und Krieg bilden ein bedrohliches Börsenumfeld, das die ersten Reaktionen der Märkte auf die Zinswende der führenden Notenbanken in den Hintergrund schieben kann.