Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner Donald Trump hat gerade einen Mordanschlag mit viel Glück überlebt, so dass er für den Job im Weißen Haus durch seine Partei nominiert werden konnte. Auch sein Vizepräsident, sollte Trump wiedergewählt werden, steht nun fest. Senator J.D. Vance wird der „running mate“ von Donald Trump. Diese Entscheidung hat jüngst für Sorgenfalten an der Wall Street gesorgt. Denn Vance, der sich in den letzten Jahren zunehmend politisch engagiert hat und außerdem als ehemaliger Trump-Kritiker bekannt ist, bringt eine unorthodoxe Perspektive mit, die in vielerlei Hinsicht von der traditionellen Denkweise an der Walstreet abweicht. Seine kritische Haltung gegenüber großen Technologieunternehmen und seine populistischen Ansichten könnten auf Widerstand stoßen, insbesondere bei Investoren und Branchenführern, die sich eine stabilere und vorhersagbare politische Landschaft wünschen. Zumal ja durchaus auch bei Trump die Situation eintreten kann, dass es heißt: „Vizepräsident Vance, übernehmen Sie.“
Am Mittwoch voriger Woche kamen die Techtitel gewaltig unter Druck. KI-Riese NVIDIA büßt vorbörslich an der NASDAQ 4,09 Prozent auf 121,19 Dollar ein, für Konkurrent AMD geht es zeitgleich 4,54 Prozent auf 169,49 Dollar abwärts, während Super Micro 3,48 Prozent auf 846,43 Dollar verlieren. Was war passiert?
Dass ausgerechnet Halbleiteraktien unter Druck geraten, ist Aussagen des frisch gebackenen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump geschuldet. Der Politiker hatte in einem Bloomberg-Interview über die Chipindustrie in Taiwan behauptet: “Sie haben etwa 100 Prozent unseres Chipgeschäfts übernommen. Ich denke, Taiwan sollte uns für die Verteidigung bezahlen.” Er meinte damit einen möglichen Krieg zwischen China und Taiwan. Die Aktie des taiwanesischen Chipherstellers TSMC hatte darauf 2,37 Prozent schwächer geschlossen, da die Aussagen von Trump die Sorge über schärfere Beschränkungen für den Chiphandel aufkommen ließen, für den Fall, dass Donald Trump wieder gewählt wird. Dass auch US-Titel im Windschatten der Aussagen an Boden verlieren, ist durch die Angst vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen durch die Regierungen in Asien begründet.
Natürlich spielen auch Gewinnmitnahmen bei den überbewerteten Tech-Titeln mit KI Bezug eine Rolle. Aber dafür brauchte es einen Anlass, Trump hat ihn geliefert. Aber das wird nicht das erste und letzte Mal sein, das kennen wir bereits aus seiner ersten Amtszeit.
45 Millionen Dollar will Elon Musk über einen Fonds in Trumps Wiederwahl pumpen, nicht etwa einmalig, sondern monatlich. Auch eine Reihe konservativer Silicon Valley Freunde von Musk investieren mit. Der Tesla-Boss dürfte damit auf einen Schlag zum mit Abstand größten Einzelspender von Donald Trump aufsteigen. Doch Musk ist seit voriger Woche nicht nur Trumps größter Geldgeber. Er könnte auch zum wichtigsten Meinungsverstärker des Republikaners und seiner Ideen avancieren. Sein Engagement ist offenbar eine kühl kalkulierte Investmentstrategie, die sich für seine wirtschaftlichen Interessen auszahlen soll, falls Trump zum zweiten Mal US-Präsident werden sollte. Schon lange sieht Musk die Interessen von Tesla, SpaceX oder X von der Biden-Administration vernachlässigt. Und hofft nicht ganz unbegründet darauf, dass das unter einer neuen Trump- Regierung anders wird. So wird Politik gemacht in den USA.
Die Märkte nicht bewegen wird die Wiederwahl von der Deutschen Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin. 401 Abgeordnete stimmten im Europäischen Parlament für von der Leyen, während 284 gegen sie stimmten. Es gab außerdem 15 Enthaltungen. In der Weltpolitik hat sie eh nichts zu sagen und in Europa auch nichts. Es gab eine Zeit, als Jean Claude Juncker als EU-Kommissionpräsident zu Präsident Trump flog und dort mit ihm über die verhängten Strafzölle gegen europäische Waren erfolgreich verhandelte. Einer Ursula von der Leyen traut man das irgendwie nicht zu. Aber vielleicht überrascht sie uns alle in den nächsten fünf Jahren.
Nicht überraschend: Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat wie erwartet beschlossen, die Leitzinsen unverändert zu lassen, nachdem er sie im Juni erstmals seit 2019 gesenkt hatte. Wie die EZB mitteilte, bleibt der Satz für Bankeinlagen bei der EZB bei 3,75 Prozent. Zum weiteren Zinskurs heißt es in der Mitteilung: “Der EZB-Rat ist entschlossen, dafür zu sorgen, dass die Inflation rechtzeitig zu ihrem mittelfristigen Ziel von 2 Prozent zurückkehrt. Er wird die Leitzinsen so lange ausreichend restriktiv halten, wie es zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.” Der EZB-Rat werde weiterhin einen datenabhängigen Ansatz verfolgen und von Sitzung zu Sitzung entscheiden, um die angemessene Höhe und Dauer der geldpolitischen Restriktion zu bestimmen. “Insbesondere werden seine Zinsentscheidungen auf seiner Einschätzung der Inflationsaussichten vor dem Hintergrund der eingehenden Wirtschafts- und Finanzdaten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission beruhen. Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest.” Bedeutet wieder einmal, nichts Genaues weiß man nicht.
Volkswirte hatten ebenfalls mit einer Zinspause gerechnet. Zwar ist die Inflation in der Eurozone im Juni auf 2,5 Prozent gesunken. Sie liegt damit nicht mehr weit entfernt von der Zielmarke der EZB von 2,0 Prozent, die sie als optimales Niveau für die Wirtschaft anstrebt. Sorgen bereitet der Euro-Notenbank aber die Teuerung im Dienstleistungssektor, die sich als sehr hartnäckig erweist. Im Juni lag sie wie schon im Mai bei 4,1 Prozent. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters aus der vorigen Woche rechnen Volkswirte damit, dass die EZB die Zinsen in diesem Jahr noch zwei Mal senken wird. Die Ökonomen erwarten auf den Zinssitzungen im September und im Dezember Schritte nach unten um jeweils einen Viertelprozentpunkt. Die Märkte würde es freuen. Mal schauen, was nach der Sommerpause an der Inflationsfront passiert. Ihr Autor geht weiterhin nur von einem Zinsschritt aus. Es wird natürlich auch darauf ankommen, ob es eine zweite Amtszeit Biden oder Trump im Weißen Haus gibt.