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Neues von unseren Depotwerten: Infineon

Überall auf der Welt fehlen Halbleiter, um einen kontinuierlichen Produktionsprozess zu gewährleisten. Wir hören deshalb von Produktionsstillstand in verschiedenen Automobilunternehmen. Einmal abgesehen von den direkten Kriegsfolgen durch fehlende Kabelbäume aus der Ukraine. Da muss doch unser Depotwert Infineon durch die Decke gehen. Aber nichts dergleichen, der Aktienkurs steht so tief wie vor der Pandemie. Also Grund genug, uns die Angelegenheit einmal näher anzuschauen.

Infineon mit Sitz in München hat seit April dieses Jahres einen neuen Vorstandschef, Jochen Hanebeck. Und der Neue brauchte nicht einmal, wie üblich bei Wechseln, sogenannte  Leichen aus dem Keller auszuräumen. Im Gegenteil, er durfte gleich noch einmal die Prognose erhöhen. Der Umsatz des bis Ende September laufenden Geschäftsjahres soll inzwischen 13,5 Milliarden Euro erreichen. Das sind noch einmal 500 Millionen mehr als zuletzt. Für Infineon ist es bereits die zweite Anhebung der Prognose im Geschäftsjahr. Auch der operative Gewinn soll nun nicht mehr etwa, sondern mehr als 22 Prozent betragen.

Die Umsätze stiegen im zweiten Geschäftsquartal im Vergleich zum Vorjahr um 22 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro, der Gewinn verdoppelte sich auf 761 Millionen Euro. Unter dem Strich blieben 469 Millionen Euro hängen. Damit übertraf Infineon in allen drei Bereichen die Analystenerwartungen. Der Konzern, früher einmal, wir erinnern uns, Teil von Siemens, erzielte Wachstum in allen Sparten, ausgenommen der Sparte Power & Sensor Systems. „Die Versorgung mit Halbleitern bleibt für viele Branchen der Knackpunkt“, sagte Hanebeck bei der Zahlenvorlage. „Die Nachfrage übersteigt das Angebot weiterhin deutlich, und das wird in den nächsten Quartalen so bleiben, in einigen Sektoren auch im neuen Geschäftsjahr.“

Hohe Nachfrage, global knappes Angebot, steigende Preise, eine starke Marktposition in Deutschland und eine insgesamt boomende Branche. Eigentlich müsste die Aktie kein Halt mehr in Richtung Norden kennen. In den ersten sechs Monaten hat die Infineon-Aktie dagegen fast die Hälfte an Wert verloren. Das Hoch aus dem November bei 43,50 Euro ist in weite Ferne gerückt. Aktuell kosten die Infineon-Titel nur noch rund 22 Euro. Das ist in etwa so viel wie vor Pandemiebeginn. Was ist da los?

Geschäftsentwicklung und Aktienkurs passen nicht zusammen. Der Chipsektor ist aktuell branchenübergreifend im Tiefgang. Da ist zum einen der Abverkauf von Tech-Werten, zum anderen belasten die Ängste vor einem sich abschwächendem Wirtschaftswachstum. Halbleiter-Konzerne sind bekanntlich klassische Zykliker. Sie sind abhängig von einer prosperierenden Weltwirtschaft. Diesbezüglich haben sich die Zukunftsaussichten aber eingetrübt. Inflation, Ukraine-Krieg und die Corona-Lockdowns in China drückten auch hier zuletzt die Prognosen führender Wirtschaftsinstitute. Wir kennen die Gründe aus der täglichen Börsenberichterstattung. Mit Infineon haben sie ein weiteres Opfer gefunden.

 

Aber so ein extremer Rückgang bei guter Auftragslage ist dann doch ungewöhnlich. Zwar sind die Kurse anderer und weit größerer Chip-Hersteller in den vergangenen Monaten auch stark gefallen, hatten aber zuvor auch teils unhaltbare Bewertungen aufgebaut. Unser Depotwert Nvidia beispielsweise ist in den vergangenen sieben Monaten von 307 auf 137 Euro zurückgekommen, steht aber immer noch doppelt so hoch als noch vor der Corona-Pandemie. Die Infineon-Aktie dagegen steckt trotz des Wachstums der vergangenen beiden Jahre nun auf Vorkrisenniveau fest. 

Infineon befindet sich tatsächlich in einem Dilemma. Der Konzern ist bekanntlich extrem abhängig von der Nachfrage aus der Automobilindustrie, währenddessen Nvidia z. B. noch am Metaversum und anderen Produkten verdienen kann. Rund 44 Prozent der Umsätze von Infineon hängen an der Automobilbranche. Das entspricht eigentlich einem Klumpenrisiko in einem Wertpapierdepot. Fakt ist, die Automobilkonzerne fragen durch die Entwicklung und Produktion von E-Fahrzeugen, autonomes Fahren und Assistenzsysteme immer mehr Halbleiter nach. Auf der anderen Seite bedarf die Befriedigung des Bedarfes immer höherer Milliardeninvestitionen, die der Konzern auch plant. Infineon will deshalb nun alle zwei bis drei Jahre ein neues Werk bauen, obwohl das Unternehmen als Zykliker natürlich dann in der Abschwungphase auf den Investitionskosten sitzen bleibt und ein hoher Abschreibungsbedarf entsteht. Die Nachfrage wird nicht ewig so hoch bleiben und dann entstehen Überkapazitäten. Schon jetzt gehen Analysten davon aus, dass bis 2025 in etwa die Hälfte der größten Autobauer weltweit eigene Chips beginnt zu entwickeln, um Engpässe wie aktuell zu vermeiden. Tesla, Stellantis und VW haben Pläne dazu angekündigt, die anderen Automobilkonzerne dürften folgen.

Das große Problem ist nun, was sollen Kleinanleger tun, die die Aktie im Depot habe, zumal wenn sie das Papier im November zu Höchstpreisen erworben haben? Einerseits laufen die Geschäfte sehr gut und die Entwicklung und die Produktion einer eigenen Chipentwicklung in den Automobilunternehmen wird noch eine Weile dauern. Andererseits wird an der Börse die Zukunft gehandelt und hier muss Infineon sehr gute Pläne für die Zeit nach der Autochip-Produktion im Interesse seiner Aktionäre entwickeln. Die Aktie gehört auf jeden Fall vorerst auf die Watch-Liste.