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Negativzinsen vor Gericht

Die Negativzinsen sind vor Gericht angekommen.

Stellen wir uns vor, wir haben 100.000 Euro geerbt oder gewonnen und wissen im Augenblick noch nicht, was wir damit anstellen sollen. Der erste Gedanke, bei der Bank ein Tages- oder Festgeldkonto zu eröffnen, wird ohne große Überlegung umgesetzt. Nach einem Jahr brauchen wir plötzlich 100.000 Euro für eine Investition und stellen fest, statt durch Zinsen vermehrtes Kapital, bekommen wir nur 99.950 Euro zurück. Die Bank verweist auf einen Aushang. Irgendwo in einer Ecke steht klein gedruckt geschrieben, dass es Negativzinsen gibt. Aufgebracht verlangen wir Aufklärung und unser Bankangestellter erklärt uns, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist und der Kapitalschwund durch Gerichtsurteile bestätigt wurde. Ein Horrorszenario? Leider nicht.

Negativzinsen für Kleinsparer

Die Schwaben gelten als besonders sparsam, allerdings die Volksbank Reutlingen übertrieb es mit der Sparsamkeit und versuchte die Negativzinsen einzuführen, für alle Konten die einen positiven Kontostand aufweisen. Das rief die Proteste der Kunden und deren Lobbyorganisation, der Verbraucherschutzzentrale (VZ), hervor. Die VZ Baden –Württemberg zog vor Gericht und zumindest überlegt das Landgericht Tübingen jetzt, die Negativzinsen zumindest für Neuverträge zuzulassen. Die endgültige Entscheidung wird im Januar 2018 fallen, zumindest vorerst. Die abschließende Entscheidung wird sicher der Bundesgerichtshof oder der Europäische Gerichtshof in Straßburg in ein paar Jahren treffen müssen.

Die Hintergründe

Wie schon oft geschrieben, verdienen die Banken nichts mehr an den Sparern. Schuld daran ist die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank in Frankfurt, die auch auf ihrer letzten Sitzung im Gegensatz zur amerikanischen Notenbank keine Zinswende einleitete. Die Lage nach der Finanzkrise hat sich in der Eurozone stabilisiert, ist aber doch noch sehr fragil in einzelnen Ländern der Eurozone. So rechnen Experten mit einer Zinswende erst 2019, sollte es bis dahin keine neue Finanzkrise geben.

Bisher verhindert der Wettbewerb zwischen den einzelnen Instituten eine flächendeckende Negativzinsentwicklung auf den Konten der Sparer, allerdings wird das nicht mehr generell von Bankenvertretern ausgeschlossen. Sparkonten verursachen auch Kosten für die Banken und diese Kosten wollen die Banken, die keine Gewinne mehr mit Sparkonten mehr erwirtschaften, an die Kunden in Form negativen Zinsen weitergeben. Bei dem Inhaber von Tagesgeldkonten ist das auch ziemlich einfach, wenn er einer variablen Verzinsung im Sparvertrag in der Regel zugestimmt hat. Variable Zinsen bedeuten eben nicht nur im positiven Bereich ein Auf und Ab bis zum Nullpunkt der Zinskurve, sondern die Zinsen können in der heutigen Zeit auch in den negativen Bereich laufen. Bei Neuverträgen wird das wahrscheinlich jedes Kreditinstitut berücksichtigen. Und das betrifft nicht nur Sparformen, sondern auch Girokonten. Die erwähnte Volksbank Reutlingen hatte sich beispielsweise das Recht eingeräumt, pro Jahr 0,5 Prozent Negativzinsen auf komplette Guthaben auf dem Girokonto abzubuchen sowie die Summe ab 10.000 Euro auf dem Tagesgeld- und auf dem Festgeldkonto mit dem gleichen Prozentsatz zu belasten.

Was stutzig macht, ist die Höhe der Summe, die eigentlich bei vielen Arbeitnehmern sehr schnell erreicht wird, wenn z.B. ein ganz normaler Familienurlaub, ein Autokauf oder eine größere Anschaffung geplant wird. Auf der einen Seite wird propagiert, dass die Konten die Summe von mindestens drei Monatsgehältern aufweisen sollen, um Sicherheitspolster für ungeplante Ausgaben zu schaffen, auf der anderen Seite werden dieselben Konten nun mit Strafzinsen belegt?! Könnte es nicht sein, dass die Bank ihre Kunden wieder mehr in Richtung der hochverzinsten Dispokredite drängen möchte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…

Ein Gericht wird bei der Bewertung der Situation davon ausgehen, welche Inhalte im Kontovertrag vereinbart wurden. Bei Neuverträgen wird es sicher keine Probleme geben, da die Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die neue Situation mit dem Zinsniveau hinweisen. Aber bei Altverträgen ist die Sachlage anders, da der Kunde nicht bewusst davon ausgehen konnte, dass es eine negative Entwicklung geben würde.

Außerdem wird ein Gericht zu bewerten haben, ob die Bank im Falle von Negativzinsen ein Darlehen von dem Kunden erhält und darauf muss die Bank wieder Zinsen an den Darlehnsgeber zahlen. Es könnte dann sogar darüber geurteilt werden, dass es sich um einen umgekehrten Dispositionskredit mit weitaus höheren Zinszahlungen durch die Bank an die betroffenen Kunden handelt.

Auf jeden Fall wird das Urteil, egal welcher Instanz, von allen Seiten mit großer Spannung erwartet.

Was tun bei der Bestätigung der Negativzinsen

Spargelder, die auf Tages- oder Festgeldkonten oder auch noch auf alten Sparbüchern liegen gehören in eine andere Anlageform. Natürlich ist es mit einem gewissen Risiko verbunden, plötzlich z.B. in Aktien zu investieren, aber es gibt sehr gute Aktien, die schon seit Jahrzehnten gute Renditen erwirtschaften. Außerdem kann der Anleger noch Kursgewinne erzielen. Also besteht eine zweifache Chance für die Anleger, ihr Kapital zu vermehren. Es macht aber auch Arbeit und speziell für Anfänger ist es schwierig, die richtigen Aktien zu finden und zu beobachten. Deshalb sollten Neuanleger über die Auswahl und den Kauf eines Fonds, gern auch von unserer Seite, nachdenken. Eine breit gestreute Auswahl durch Profis sorgt dafür, dass am Ende mehr übrig bleibt als ein Minuswachstum beim Tages- oder Festgeld. Aktien und Aktienfonds sind auch für die Zeit nach der irgendwann langsam erfolgten Zinswende eine lohnende Alternative.