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Der Blick über die Märkte: die PIGS speziell am Beispiel Spaniens Teil 1

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Nein, wir wollen bestimmt keine Schweinehälften an den Börsen handeln (englisch: pigs = Schweine), sondern PIGS ist die Abkürzung der südlichen Staaten Europas, Portugal, Italien, Griechenland und Spanien. Die PIGS sind Traumziele vieler deutscher Urlauber. Trotz der immer wieder ausbrechenden Hitzewellen und darauffolgende Feuersbrünste zieht es Millionen Erholungssuchende in die Länder des Südens.

Die Gäste aus aller Welt werden trotz der verdienten Urlaubsfreuden festgestellt haben, dass auch die Wirtschaft im Süden aufwärts geht. Ganz im Gegensatz zur deutschen Wirtschaft, die sich in einer Rezession befindet. Seit geraumer Zeit liegen die PIGS-Staaten beim Plus des Bruttoinlandsprodukts über dem einstigen Vorzeigeland Deutschland. Sehr zum Verdruss der Nordländer. Noch vor einigen Jahren haben sie noch den Kopf geschüttelt und über die südlichen EU-Länder die Nase gerümpft, da sie schwache Wachstumszahlen und hohe Schulden aufwiesen. Griechenland musste bekanntlich mit horrenden Summen vor dem Staatsbankrott gerettet werden. Ökonomen rechneten uns genüsslich vor, was uns der Verbleib in der Europäischen Union kostet, Politiker legten ihnen einen Austritt nahe und eine Boulevardzeitung forderte gar den Verkauf von zugehörigen Inseln im Mittelmeer, um die Schulden zu reduzieren.

Nun haben die PIGS in den Schweinsgalopp geschaltet und laufen den nördlichen Ländern der EU, allen voran Deutschland, davon. Die Zahlen sind eindeutig: Seit 2020 ist das Bruttoinlandsprodukt der PIGS-Staaten durchschnittlich jährlich um 1,5 Prozent und in der Summe im Schnitt über sieben Prozent gewachsen. Deutschland, Europas größte Volkswirtschaft, verzeichnete im gleichen Zeitraum nur ein Miniwachstum von durchschnittlich 0,1 Prozent.

Mehrere Gründe haben dazu geführt, dass sich das wirtschaftliche Schicksal ins Gegenteil verkehrt hat: Die Mittelmeerstaaten haben wichtige Reformen durchgeführt. Sie taten dies teilweise unter Druck von Brüssel, denn nur so konnten die Länder an die Geldtöpfe der Hilfsfonds gelangen, welche die EU nach der Pandemie beschlossen hat. Diese Reformen seien noch wichtiger gewesen als das Geld, erklärt etwa Yannis Stournaras, der Gouverneur der griechischen Zentralbank in der Financial Times. Die PIGS haben einen überproportionalen Anteil aus ebendiesem Hilfsfonds erhalten. Nun stellen wir uns einmal vor, der gleiche Druck aus Brüssel würde auf Deutschland ausgeübt, was gäbe es für ein Geschrei in der Politik und in den Medien. Oder wir würden aufgefordert sein, unsere Inseln in Nord- und Ostsee zu verkaufen. Naja, ganz so schlimm ist es noch nicht, aber die sich anbahnende neue Weltordnung wird auch eine neue Ordnung der Weltwirtschaft erzwingen. In dieser Ordnung haben Länder, die vorwiegend auf den Export setzen, schlechte Karten. Geradezu exemplarisch zeigt sich dies an der wirtschaftlichen Entwicklung von Deutschland. Der ehemalige Exportweltmeister befindet sich in einer Agonie, das deutsche Export-Wirtschaftsmodell zerbröselt, sagen Kritiker. Vor allem vor dem Hintergrund der nun von den USA verhängten Handelszölle wird es für Deutschland in Zukunft schwer, aufgrund steigender Exportzahlen ökonomischen Erfolg zu erzielen. Die neuen US-Zölle treffen hingegen die Südländer der EU deutlich weniger, auch wenn sie sie natürlich auch zu spüren bekommen. Ob die Zollverhandlungen ein Ergebnis zu Gunsten Deutschlands und anderer EU-Länder bringen werden, steht noch in den Sternen. In den südlichen Ländern spielen Tourismus und Landwirtschaft eine größere Rolle. Fakt ist, dort gibt es deutlich geringere Industrieanteile an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung. Die in ganz Europa höheren Energiepreise, die Handelskriege, die Herausforderungen der Dekarbonisierung – all das trifft den Süden weniger hart als den Norden.

Viva España, über fünf Millionen Deutsche besuchen jedes Jahr das Land auf der iberischen Halbinsel. Das sorgt zwar mancherorts für Unmut unter der Bevölkerung, die unter Lärm und steigenden Mietpreisen leidet, füllt aber die Kassen von Staat und Wirtschaft. Eine wichtige Einnahmequelle Spaniens ist bekanntlich der Tourismus. So hat der spanische Tourismusverband Exceltur einen neuen Rekord für das abgelaufene Jahr verkündet: Die Wertschöpfung des Tourismus ist in 2024 real, also nach Bereinigung um die Inflation, um 6,5 Prozent gestiegen – die Branche steht nur für über 13 Prozent der Wirtschaftsleistung des südeuropäischen Landes, trägt allerdings 25 Prozent zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts bei. Doch es wäre ganz falsch, Spaniens jüngsten Wirtschaftserfolg einzig und allein auf die wachsende Bedeutung des Tourismus zu reduzieren, auch wenn dieser wirklich viel dazu beiträgt.

Mit einer Zunahme beim Bruttoinlandsprodukt von rund zwei Prozent im laufenden Jahr liegt Spanien nicht nur deutlich über dem Wachstum von Euroland, das laut Schätzung des Internationalen Währungsfonds auf knapp 1,3 Prozent kommen soll, sondern positioniert sich zugleich auch in der Spitzengruppe aller EU-Mitgliedstaaten.