Vorweg gesagt, jeder Anleger hat sich schon deutsche Aktien in sein Depot gelegt und hält sie, wenn sie gut laufen bzw. es eine Hoffnung auf einen Aufschwung gibt. Es soll ja heute noch Telekom-Aktionäre der ersten Stunde geben, die immer noch hoffen, dass ihre Volksaktie einen Sprung über die schon einmal erreichten 100 Euro macht. Aber auch andere Aktien sind ebenso wegen der lang gehegten Hoffnung auf bessere Zeiten in den Depots der Anleger zu finden.
Verstehen Sie ihren Autor bitte nicht falsch, deutsche Aktien haben durchaus ihre Qualitäten zur richtigen Zeit, nur sind die meistens sehr schnell wieder verschwunden. Siehe Biontech, wir erinnern uns daran, dass es einen Hype um den mRNA Impfstoff gab, der die Aktie zu Pandemie-Zeiten befeuerte. Nun warten Anleger auf die neuen guten Zeiten, wenn es Durchbrüche bei der Krebsbehandlung auf der Grundlage mit mRNA zu vermelden gibt. Wann das sein wird, wissen die Anleger natürlich nicht und wahrscheinlich auch die Forscher von Biontech nicht exakt.
Oder denken wir an die verschiedenen deutschen Autoaktien, die in der Vergangenheit eine solide Basis für ein Depot waren. Aber durch Fehlentscheidungen der Managementebene wurde die einst solide Basis doch sehr bröcklig.
Der Anteil deutscher Aktien an der globalen Marktkapitalisierung lag dem Analyseportal MacroMicro nach im August 2024 bei knapp 2,5 Prozent. Der Anteil des BIP an der weltweiten Wirtschaftsleistung beträgt rund 4,5 Prozent. Im Vergleich dazu ist es ziemlich viel Geld, das deutsche Anleger am Heimatmarkt investieren. Einer Studie des Beratungsunternehmens Barkow Consulting zufolge bestanden die Depots der Deutschen zwischen 2016 und 2021 zu 58 Prozent aus deutschen Aktien. Damit haben Anleger hierzulande rund 100 Milliarden Euro zusätzliche Rendite ungenutzt gelassen, denn die restlichen, international angelegten, 42 Prozent des Depots, hätten im ausgewählten Fünfjahreszeitraum eine Durchschnittsrendite von 9,6 Prozent erzielt. Deutsche Aktien hingegen kamen im Schnitt nur auf 3,3 Prozent.
Aber das ist nicht nur in Deutschland so, sondern international überall das gleiche Problem. Der sogenannte Home Bias lässt grüßen. Unter Home Bias verstehen wir die „Voreingenommenheit für die Heimat“; „Heimatmarktneigung“, English Equity Home Bias Puzzle ist ein Anglizismus im Finanzwesen und in der Verhaltensökonomik, bei dem Anleger zu der Präferenz neigen, Finanzprodukte oder Finanzinstrumente von Emittenten aus dem Inland zu bevorzugen.
Das Phänomen ist nicht nur ein deutsches Problem, sondern es tritt weltweit zutage. Anleger investieren häufig große Summen auf ihrem jeweiligen Heimatmarkt. Das ist naheliegend, besonders für Privatanleger. Meist ist die Informationslage mit Blick auf die heimischen Unternehmen besser, was ja wohl auch stimmt, wenn die Unterlagen zur Verfügung stehen und Anleger die Zeit dafür finden diese zu studieren. Der Home Bias spielt bspw. in Deutschland das Bundesland, ja sogar ggf. die Region oder die Stadt eine Rolle bei der jeweiligen Anlagenentscheidung.
Die Gründe für den Home Bias sind nachvollziehbar:
Als erstes sind die Transaktionskosten zu nennen. Eine Geldanlage im Ausland ist mit höheren Transaktionskosten verbunden. Ihre Vermeidung erhöht die Rendite der Anlage. Das gilt auch für die Doppelbesteuerung, Risiko bzw. zusätzlicher Aufwand durch ausländische Quellensteuern. Die können sich Anleger teilweise zurückholen, wir hatten darüber schon berichtet.
Zweites sind Informationsdefizite vorhanden. Während sich der Anleger über die Unternehmensdaten am Heimatmarkt relativ gut informieren kann und unter anderem deshalb glaubt, die Chancen und Risiken gut einschätzen zu können, fehlen ihm teilweise diese Informationen bei Anlagen auf ausländischen Märkten. Es gibt sie zwar, aber sie liegen in Englisch vor und nicht jeder Anleger stürzt sich mit großem Eifer auf diese Daten.
Und als drittes sind Wechselkursrisiken vorhanden. Da die Rendite des Anlegers neben der Rendite der Anlage selbst durch die Änderung des Wechselkurses bestimmt wird, erscheint eine Anlage im gleichen Währungsraum risikofreier. Das kann sich zwar positiv auswirken und für eine Zusatzrendite sorgen, aber es gibt auch negative Auswirkungen durch den Wechselkurs, wie wir wissen.
Und trotz der aufgeführten Probleme bringen Anlagen in internationale Aktien mehr Rendite, nämlich fast das Dreifache, wie wir bereits ausgeführt haben.
Es ist eben bequemer, einheimische Aktien ins Depot zu nehmen. Ohne sich explizit mit Zalando beschäftigt zu haben, wüssten wohl die meisten Deutschen, womit die Berliner ihr Geld verdienen. Schwieriger wird es dann, wenn man sich das chinesische Pendant ins Depot holen will. Hier müssen interessierte Anleger Informationen über die PDD Holding zusammen suchen. Das ist unter anderem der Mutterkonzern der chinesischen Shopping-App Temu.