
Wir hatten schon einmal ausführlich über die Wege zur Erstattung der Quellensteuer geschrieben. Bei einigen Ländern geht es einfacher, bei anderen Ländern ist es schwieriger, weil u. a. die Formulare nicht in unserer Sprache vorliegen. Und jedes Jahr haben wir leider das Problem erneut, wenn wir im Ausland anlegen.
Haben Sie schon einmal versucht, sich ausländische Quellensteuer erstatten zu lassen? Falls nicht, sind Sie in guter Gesellschaft. Weit mehr als die Hälfte aller Privatanleger holt sich die zu viel gezahlten Steuern auf Auslandsdividenden nicht zurück, obwohl ein Anspruch bestünde. Das Verfahren ist von Land zu Land anders, und viele fürchten den damit verbundenen bürokratischen Aufwand. Also freut sich der Fiskus des jeweiligen Landes über zusätzliche Steuereinnahmen, die ihm nicht zustehen.
Aber jetzt gibt es Hoffnung und die kommt ausgerechnet von der EU, die ja nicht gerade für den Abbau der Bürokratie bekannt ist. Eine von der EU-Kommission initiierte Richtlinie ist vielversprechend. Was da genau geplant ist und wann die Entlastung kommt, damit wollen wir uns nachstehend beschäftigen.
Im engeren Sinne werden Quellensteuern vom Quellenstaat im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht von den Einnahmen ohne Veranlagung durch Steuerabzug einbehalten. In den meisten Staaten werden Quellensteuern im engeren Sinne auf Kapitalerträge beispielsweise Habenzinsen, Anleihezinsen, Dividenden etc. aber auch auf Lizenzeinahmen erhoben. Quellensteuern beruhen auf dem Quellenprinzip, wonach eine Steuererhebung am Ort und zu der Entstehung der steuerpflichtigen Einnahme (Einkunftsart oder Ertrag) stattfindet. Klingt, wie alles was mit Steuern zu tun hat, kompliziert.
Bei Auslands-Dividenden kommt oft nicht das ganze Geld bei Ihnen an. Einen Teil davon beansprucht so genannte Quellensteuer das Herkunftsland der Aktiengesellschaften, von denen sie stammen. Wie viel die ausländische Depot-Bank abzieht, ist abhängig vom jeweiligen Land. Die Schweiz verlangt stolze 35 Prozent, Österreich 27,5 Prozent und Norwegen 25 Prozent (in Deutschland wird bekanntlich eine einheitliche Quellensteuer auf Zinsen und Dividenden in Höhe von 25 Prozent erhoben. Zusätzlich sind ggf. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer zu zahlen).
Nur ein Teil davon – zumeist 15 Prozent – rechnet der deutsche Fiskus auf die hiesige Steuerschuld (25 Prozent) an. Das heißt: Wenn Sie sich die Quellensteuer nicht im jeweiligen Land zurückholen, zahlen Sie in der Schweiz insgesamt 45 Prozent statt 25 Prozent, in Österreich 37,5 Prozent statt 25 Prozent und in Norwegen 35 Prozent statt 25 Prozent. Das Erstattungsverfahren ist zumeist extrem mühsam. Es soll jetzt erleichtert werden – und das wirkt sich womöglich nicht nur auf EU-Länder aus.
Der Entwurf zur entsprechenden EU-Richtlinie steht seit Mitte Juni 2024 im Raum. Er heißt FASTER, und der Name ist Programm. Er verspricht eine schnellere und einfachere Quellensteuer-Erstattung oder sogar EU-intern einen Verzicht darauf. Die sogenannte FASTER-Initiative zielt darauf ab, die Quellensteuerverfahren in der EU für grenzüberschreitend tätige Anleger, nationale Steuerbehörden und Finanzintermediäre wie Banken oder Investitionsplattformen sicherer und effizienter zu machen.
Wie soll das erreicht werden? Durch folgende Punkte:
Eine elektronische Ansässigkeitsbescheinigung (eTRC) als Nachweis, dass Sie in Deutschland voll steuerpflichtig sind, ersetzt das Papierdokument. Dieses Dokument verlangt bislang fast jedes Land zur Quellensteuer-Erstattung. Sie brauchen es dann aber nicht mehr umständlich postalisch beim Finanzamt beantragen und bekommen es binnen 14 Tagen.
Der EU-interne Verzicht auf den Quellensteuer-Abzug, vorausgesetzt, das betreffende Mitgliedsland stimmt zu. Als EU-Bürger würde Ihnen dann die entsprechende Quellensteuer gar nicht mehr von Ihren Dividenden abgezogen.
Die Pflicht, Ihnen den Erstattungsbetrag binnen 50 Tagen zu überweisen, falls die Erstattung doch beantragt werden muss. Das wäre zum Beispiel bei Italien ein echter Fortschritt, denn da dauert es mitunter mehrere Jahre, bis die Erstattung auf Ihrem Konto landet.
Die Einstufung von Depot-Banken als „zertifizierte Finanzintermediäre.“ Wenn Ihre Depot-Bank sich registrieren lässt und der zuständigen Steuerverwaltung die quellensteuerpflichtigen Zahlungen (mit Absender und Empfänger) meldet, würde das den Erstattungsprozess auch in Nicht-EU-Ländern (z. B. Norwegen, Schweiz) erleichtern und beschleunigen. Das hat sich die EU-Kommission von den USA abgeschaut. Der Status der meisten Depot-Banken als „Qualified Intermediary“ ist der Grund dafür, dass Sie als Anleger bei US-Aktien auch ohne Erstattungsantrag zumeist keine Mehrbelastung haben. Es wäre in der Tat begrüßenswert, wenn dieses System auch in Europa Einzug hielte.
Bleibt die Frage, wann die neuen Regeln in Kraft treten. Nun ja, wie das immer so ist in der EU, wir müssen uns noch gedulden.
Aktuell ist noch unklar, wann die Richtlinie verabschiedet und in nationales Recht umgesetzt wird. Geplant ist eine Umsetzung bis spätestens 2026. Dann könnte die Neuregelung schon ab dem 1. Januar 2027 wirksam werden. Es gibt aber auch Stimmen, die erst ab 2030 damit rechnen. Aber immerhin erwartet uns mit den neuen Regelungen eine erhebliche Verbesserung.