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Nobelpreis, Baukosten und Gaspreis, alles passt nicht so richtig

Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub

Ben Bernanke, wir kennen ihn noch als ehemaligen US-Notenbankchef, und die beiden US -Ökonomen Douglas Diamond und Philip Dybvig sind mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet worden. Die drei Forscher erhielten ihn „für ihre Arbeiten zu Banken und Finanzkrisen“, wie es in der Begründung der schwedischen Akademie der Wissenschaften heißt. Ihre Forschung habe es leichter gemacht, Finanzkrisen zu bewältigen. Während die beiden letztgenannten nur in der Wirtschaftswelt und da auch nur Wissenschaftlern bekannt sind, dürfte Ben Bernanke den meisten älteren Börsianer von uns noch bekannt sein. „Helikopter-Ben“ nannte man ihn damals, als er uns lehrte, wie man eine Finanzkrise beruhigen kann. Mit Geld, sehr viel Geld, das er gleichsam wie in einem Helikopter sitzend über den Märkten abwarf.

Verblüffend ist es schon, dass Bernanke den Wirtschaftsnobelpreis erhalten hat. Nicht, dass er ihn nicht verdient hätte, er und seine beiden Mitpreisträger haben eine wegweisende Forschung zur Wirtschaftskrise der Dreißigerjahre vorgelegt. Und es gleich probiert, die theoretisch erworbenen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen, als 2008 die Weltfinanzkrise ausbrach. Bernanke legte mit seiner Währungspolitik die Grundlage dafür, dass in den Notenbanken die Nullzinspolitik, das Aufkaufen von Staatsanleihen und später dann Industrieanleihen, kurzum die Finanzierung der Staaten, durch die Zentralbanken Einzug hielten. Bis heute hängen die Staaten am Tropf der Notenbanken und beschworen damit die heute schwerste Inflation herauf, die bis zu einer weltweiten Rezession führten. Die Notenbanken haben heute keine Mittel mehr, gegen die Rezession anzugehen. 

Zumindest etwas gelernt haben die Zentralbanker: Die damaligen Erkenntnisse der Preisträger und die Erläuterung der Akademie beruhen auf einem Verständnis des Bankwesens, das zwar noch viele Lehrbücher bevölkert und wissenschaftliche Aufsätze unterfüttert. Von den Notenbanken werden sie inzwischen aber als zumindest teilweise vereinfacht und irreführend betrachtet.

Das Ergebnis dieser Politik des ehemaligen Fed-Chefs und seiner in und –ausländischen Kollegen, die ihm folgten wie einst dem Rattenfänger von Hameln, führen zu einer lange nicht in dieser Höhe gesehenen Inflation sowie einer Rezession und Stagflation.

Bitte nicht falsch verstehen, der Nobelpreis für seine Erkenntnis des Zusammenhangs von Geld und Krisen-Zuspitzung ist absolut berechtigt. Für die praktische Umsetzung in der realen Welt der Notenbankpolitik hätte es wohl etwas mehr Realitätssinn gebraucht. Die Welt hat viel von Nobelpreisträger Ben Bernanke gelernt. Jetzt ist es aber an der Zeit, auch wieder anderen klugen Ökonomen zuzuhören.

Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung steht der Neubau von 400.000 Wohnungen im Jahr. Ist nur gut, dass Papier geduldig ist, denn daraus wird wohl nichts werden. Zinserhöhungen, Inflation, Lieferengpässe, Terminschwierigkeiten etc. lassen bei so vielen den Traum von den eigenen vier Wänden zerplatzen. Die Folgen der hochschießenden Inflation spüren die Sparkassen selbst, die jede dritte Immobilie in Deutschland finanzieren, vor allem aber ihre bauwilligen Kunden. So ist etwa der Boom der privaten Baufinanzierung abrupt zu Ende gegangen. 

Und was im Kleinen nicht funktioniert, das funktioniert im Großen, also auf Bundesebene gleich gar nicht. Die gestiegenen Zinsen und all die anderen Widrigkeiten dürften dem nunmehr obersten Bauherrn, der Bundeskanzler hat den Wohnungsbau nun unter seine Fittiche genommen, die gleichen Probleme bereiten wie dem kleinen Häuslebauer. Und da man in einer Rezessionsphase auch von Seiten der Industrie nicht baut, sollten Aktien von Baukonzernen und deren Zulieferer aus jedem Aktiendepot verschwinden.

Und weiter verfolgen uns die Gaspreise. Die von der Regierung eingesetzte Kommission hat getagt und ist zu dem Ergebnis gekommen, für 2022 ist es zu spät, eine Preisbremse zu schaffen. Nun, das hätten wir der Expertenkommission auch vorhersagen können, wobei die Kommission nichts dafür kann, denn sie wurde viel zu spät berufen. Mit einer Einmalzahlung soll die Teuerung aufgefangen werden. Und ab nächstes Jahr soll dann der Gaspreisdeckel kommen. In Höhe einer Monatsabrechnung sieht das Modell der Kommission die Hilfe für die Verbraucher vor.

Für Industrie-Gaskunden solle es ab Januar für 16 Monate für 70 Prozent des Vorjahresverbrauchs einen festen und damit gedeckelten Preis von sieben Cent pro Kilowattstunde geben.

Für private Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen soll es ab März für 14 Monate einen Deckel von 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs für zwölf Cent geben. Oberhalb dieses Kontingents sollen Marktpreise gelten. Das Grundkontingent soll bei 80 Prozent des Verbrauchs liegen, der der Abschlagszahlung für September 2022 zugrunde lag. Für Fernwärmekunden soll eine Wärmepreisbremse kommen. Analog zum Gaspreis soll es hier einen garantierten Bruttopreis von 9,5 Cent pro Kilowattstunde Fernwärme geben, wiederum für ein Grundkontingent von 80 Prozent des Verbrauchs.

Ok, das sind erst einmal Vorschläge, die mit der heißen Nadel gestrickt wurden. Aber wir haben bei der in der Versenkung verschwundenen Gasumlage gesehen, der Teufel steckt im Detail. Außerdem, unter diesen Umständen brauchen wir nicht lange auf die Preiserhöhungen der Gaskonzerne warten, denn hier gibt es risikolos eine Extrarendite zu verdienen. Der Staat garantiert ja die Zahlungen.

Die Kommission tagt bis Ende Oktober weiter und will bis dahin unter anderem Vorschläge für Anreize zum Gassparen und zum Ersatz von Gas in der Stromerzeugung ausarbeiten. Mal sehen, was da noch so kommt…