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Ist Alphabet bzw. Google zu mächtig geworden?

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Nennen Sie doch einmal fünf Suchmaschinen – ohne zu googeln! Für viele ist das wohl keine leichte Aufgabe, die meisten nutzen eben nur diese eine Suche im Netz. Und ihrem Autor fällt auf die Schnelle, ohne zu googeln, auch nur noch Bing ein. Dass Google bei der Internetsuche ein Monopol hat, hat im August dieses Jahres auch ein US-Gericht offiziell festgestellt. 

Die meisten aller Suchanfragen in der Welt laufen über Google. Microsofts Bing, DuckDuckGo oder Yahoo spielen fast keine Rolle. Mit den Datenmassen der vielen Google-Nutzer kann der Konzern Werbung zielgerichtet ausspielen. Allein im vergangenen Jahr hat Google nur mit der Suchmaschine einen Umsatz von rund 480 Milliarden Dollar gemacht. Die Suche ist bekanntlich außerdem sehr eng mit anderen Google-Plattformen verknüpft. Dem Handybetriebssystem Android und dem Browser Chrome zum Beispiel.

Das stellt aus Sicht des US-Justizministeriums eine Monopolstellung dar, aber nicht nur wegen der bekannten Suchmaschine sind Google bzw. auch die Konzernmutter Alphabet ins Visier der Kartellwächter geraten. 

Vor wenigen Tagen hat das US-Justizministerium ein Dokument vorgelegt, das Geschichte schreiben könnte. Um Googles „gesetzwidriges Monopol bei der Internetsuche“ aufzubrechen, brachte die Behörde in einem Antrag bei einem Bundesgericht verschiedene Maßnahmen ins Spiel – bis hin zur Aufspaltung des Konzerns.

Wir müssen schon sehr weit zurückgehen, um im Mutterland der freien Marktwirtschaft eine vergleichbare Maßnahme zu finden. Zuletzt wurde 1984 mit dem Telekommunikationsgiganten AT&T ein Unternehmen aufgespalten. Der letzte Anlauf einer US-Regierung fand unter Präsident Bill Clinton statt. Die Zerschlagung des Technologieriesen Microsoft scheiterte allerdings vor 23 Jahren knapp. Seitdem hat man die Unternehmen wirtschaften lassen.

In dem Papier des US-Justizministeriums ist von einem „ganzen Arsenal von Maßnahmen“ die Rede. Dazu gehören auch „strukturelle“ Änderungen, sprich eine erzwungene Trennung von Unternehmensteilen. Damit soll Google gehindert werden, seinen Internetbrowser Chrome, den App-Store Play und sein Betriebssystem Android dazu zu nutzen, „Google-Suche und damit verwandte Produkte und Dienstleistungen wie Künstliche Intelligenz gegenüber Konkurrenten oder neuen Anbietern zu bevorteilen.“

Ist nur gut, dass in den USA nicht eine Behörde allein entscheiden kann, dass ein Unternehmen zerschlagen werden muss. Es muss ein Bundesrichter nach Würdigung aller Beweise entscheiden. Und das dauert in der Regel sehr lange, denn Google wird sich dagegen wehren. Wir können auch davon ausgehen, dass Google die Luft nicht so schnell ausgehen wird. Die Kosten des Rechtstreites werden bei einem so finanzstarken Konzern aus der Portokasse bezahlt. Immerhin wies das Unternehmen zuletzt eine Marktkapitalisierung von 2,02 Billionen Dollar aus.

Es mag Zufall sein, dass die US-Regierung, die ja hinter dem Antrag steht, ihn kurz vor der Präsidentenwahl in den USA und damit einem möglichen Politikwechsel einreicht. Ein Regierungswechsel nach der Präsidentschaftswahl im nächsten Monat könnte die Klage zwar nicht aufheben, aber stark beeinflussen. Wir müssen uns schon fragen, warum die Biden-Regierung nicht früher den Antrag eingebracht hat?

Und was sagt Google dazu? Google bezeichnete den Antrag des Ministeriums als „radikal und weitreichend“ – er könne „unbeabsichtigte negative Konsequenzen für Innovation in Amerika und für den amerikanischen Konsumenten“ haben, sagte Lee Anne Mulholland, beim Internetriesen zuständig für Regulierungsangelegenheiten, in ihrem Statement.

„Die Zerschlagung von Google ist trotz des Kartellwirbels derzeit unwahrscheinlich“, sagte Daniel Ives, Analyst bei der Investmentbank Wedbush. „Google wird das viele Jahre vor den Gerichten bekämpfen.“ Rechtsexperten schätzen die Verfahrenslänge inklusive Berufungen bis vor den Obersten Gerichtshof auf drei bis fünf Jahre. Auch Google-Chef Sundar Pichai erklärte kürzlich, es werde noch lange dauern, bis alle gegen den Konzern laufenden Kartellverfahren abgeschlossen seien.

Aber es stellt sich trotz aller Marktmacht eine Frage, ist es wirklich allein die Schuld unseres Depotwertes, dass er so mächtig werden konnte? Ihr Autor ist nicht der Meinung. Es waren genau die Kartellbehörden, die zum Beispiel den Kauf von YouTube durch Google zugelassen haben. Google konnte dadurch immer größer werden. Genau übrigens wie andere Techkonzerne in den USA, bspw. Meta.

Interessanterweise kommt dieser Antrag zu einem Zeitpunkt, an dem Googles Vormachtstellung im Suchmaschinenmarkt ohnehin unter Druck gerät. Laut aktuellen Prognosen wird der Anteil des Unternehmens an den US-Suchwerbeeinnahmen in den kommenden Jahren voraussichtlich sinken. Während Google trotzdem der größte Anbieter bleibt, gewinnen Konkurrenten wie Amazon und neue AI-Suchmaschinen wie bspw. ChatGPT an Boden. Und auch die beliebte Video- App TikTok hat kürzlich damit begonnen, Werbung auf Basis von Nutzer-Suchanfragen anzubieten, was einen direkten Angriff auf Googles Kerngeschäft darstellt.

Wir werden also sehen, wie das Bundesgericht entscheidet. Bis dahin bleibt erst einmal alles wie gehabt. Und vor einer Aufspaltung haben Anleger auch keine Angst. Schließlich wird Google nicht weniger wert, wenn es aufgespalten wird. Im Gegenteil, vielleicht sogar mehr. Das werden wir eventuell in ein paar Jahren sehen.