Überhitzung im US-Tech Markt, digitaler Euro, Sommerkorrektur, Bargeldlimit
Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub
Ihr Autor wurde vor kurzem gefragt, wie man auf die Überhitzung der US-Techs reagieren soll. Stellt sich erst einmal die Frage, ob es überhaupt eine Überhitzung, wie bspw. damals am Neuen Markt, gibt.
Technologieaktien aus den USA, von denen wir auch einige in unserem NDAC-Clubfonds halten, sind sicher nicht günstig bewertet, Vergleiche mit der DotCom-Blase der frühen 2000er sind aber verfehlt. Denn wenngleich das Kurs-Gewinn-Verhältnis der IT-Konzerne im S&P 500 in den letzten zehn Jahren von gut 12 auf mittlerweile 26,6 gestiegen ist, liegt es trotzdem noch deutlich unter dem Spitzenwert von 48 aus dem Jahr 2000. Gleiches gilt für die relative Bewertung. Wurde der Sektor um die Jahrtausendwende um bis zu 120 Prozent teurer gehandelt als der Gesamtmarkt, liegt der Aufschlag derzeit bei nur 25 Prozent. Auch sind die IT-Unternehmen inzwischen deutlich profitabler. Eigenkapitalrenditen und Gewinnmargen liegen heute bei durchschnittlich 32 bzw. 24 Prozent. Vor 20 Jahren kamen die Unternehmen jeweils nur auf zwölf, beziehungsweise zehn Prozent. Entsprechend halten sich die Sorgen der Finanzexperten vor einer weiteren Tech-Bubble in Grenzen. Wir können also dabei bleiben und bei möglichen Rücksetzern, etwa aufgrund steigender US-Zinsen oder Spekulationen über Steuererhöhungen in den kommenden Monaten, würde es sich lohnen deshalb eher über Zukäufe nachzudenken.
Jetzt ist also das Problem des digitalen Euros auch in der EZB ein Thema. Verständlich, denn 2019 wurden im Euroraum 46,6 Milliarden Kartenzahlungen im Gesamtwert von rund zwei Billionen Euro durchgeführt. Der bereits vor der Coronavirus-Krise zu beobachtende Rückgang der Bargeldnutzung dürfte sich seit 2020 noch verstärkt haben. Und wer hat den besten Überblick über die Zahlungsströme? Die amerikanischen Kartengiganten und Tech-Konzerne dominieren im stetig wachsenden Markt der Zahlungsverkehrsabwicklung (Kreditkartengeschäft!). In der vergangenen Woche hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Pläne zu einer digitalen Zentralbankwährung veröffentlicht. Unter anderem dürfte es ihr dabei um die Sicherung der Souveränität Europas durch ein selbst kontrolliertes Zahlungssystem gehen. Ob dieses strategische Motiv allerdings ausreicht, um private Anbieter aus dem Markt zu drängen, dürfte vor allem von der Verbraucherakzeptanz abhängen. Ein gegenüber bestehenden elektronischen Zahlungsinstrumenten höherer Datenschutz bei der Nutzung eines digitalen Euro könnte hierzu beitragen. Ob ein allgemein zugänglicher, jedoch mengenmäßig beschränkter digitaler Euro allerdings das Euro-Zentralbankgeld im Wettbewerb gegenüber anderen Zentralbank- oder auch Kryptowährungen stärken kann, bleibt abzuwarten. Die EZB selbst lässt ihr weiteres Vorgehen – abgesehen von der auf zwei Jahre angesetzten Untersuchungsphase – bewusst offen. Unabhängig von der rechtlichen Kompetenz wird sie sicherstellen wollen, dass Regierungen und Parlamente bei jeder Entscheidung über den digitalen Euro eingebunden werden und das kann durchaus länger dauern als zwei Jahre und steht dann auch noch nicht gleich zur Verfügung. Also bleiben die US-Unternehmen, wie unser NDAC-Wert PayPal oder Mastercard, Visacard aber auch der Bitcoin weiterhin im verstärkten Fokus der Anleger, denn die sind schon sehr gut eingeführt.
Das hat richtig gerumst. Die Sommerkorrektur ist eingeleitet, die Börsen gingen so heftig in die Knie wie lange nicht. Für Anleger stellt sich damit wieder einmal die Frage, ist die Rally vorbei oder ist das nur ein Zwischentief? Der deutsche Leitindex Dax verlor am Montag rund 400 Punkte beziehungsweise 2,6 Prozent. Damit markierte er den höchsten Tagesverlust seit Dezember vergangenen Jahres. Beim Euro Stoxx 50 mit einem Minus von 2,7 Prozent war das ganz ähnlich.
Doch für den Beginn eines längerfristigen Abschwungs ist es wohl noch zu früh. Denn Zeiten, in denen die Weltwirtschaft so stark wächst wie seit dem Ende der Ölkrise vor fast 50 Jahren nicht mehr, eignen sich nicht für eine nachhaltige Negativtrendwende mit anschließender Krise an den Märkten, meinen beruhigend die Finanzmarktstrategen. Denken wir auch nicht…
Mit einer EU-weiten Grenze für Bargeldzahlungen, einer neuen Überwachungsbehörde und Beschränkungen für Kryptowährungen will die EU-Kommission Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bekämpfen. Konkret sollen Rechnungen grundsätzlich nur noch bis zu 10.000 Euro bar bezahlt werden dürfen, wie die Brüsseler Behörde mitteilte. Es seien aber Ausnahmen etwa für Geschäfte zwischen Privatpersonen oder Menschen ohne Konto vorgesehen. Aber das ist erst einmal wieder nur ein Vorschlag, der wahrscheinlich so nicht am Ende in den Gesetzblättern der Mitgliedsländer stehen wird, denn sie müssen alle 27 zustimmen und auch das Europäische Parlament.
Von der mit Spannung erwarteten EZB-Sitzung gibt es keine Neuigkeiten. Sie wird auf absehbare Zeit an ihrem ultralockeren Kurs zur Stützung der Wirtschaft festhalten. Die Währungshüter passten auf der ersten Zinssitzung nach ihrer Strategieerneuerung den geldpolitischen Ausblick an die geänderten Vorgaben an (Inflationsziel nicht mehr nahe zwei oder darunter, sondern zwei Prozent). Zugleich räumten sie sich etwas mehr Spielraum beim Erreichen ihres Ziels ein. Wenn die Zinsen wie derzeit bereits extrem tief liegen, sind aus Sicht der EZB besonders kraftvolle oder lang anhaltende Maßnahmen nötig. Die EZB beschloss auf ihrer Sitzung zudem, die Leitzinsen auf ihren aktuellen rekordtiefen Niveaus zu belassen. Sehr gut für Aktien, die sich jetzt vom Schock der vergangenen Woche erholen werden.