Reaktion der Chipindustrie, erhöhter Konsumbedarf, Aktiennews und nicht ernst zu nehmende Wahlversprechen
Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub
Vor Kurzem hatten wir noch über die Malaise der Automobilindustrie bezüglich des gravierenden Chipmangels berichtet. Und wie es in der Marktwirtschaft üblich ist, reagieren die Zulieferer.
Auf Auto-Chips spezialisierte Zulieferer weiten ihre Kapazitäten als Antwort auf die Halbleiterknappheit in der Automobilindustrie stark aus. Allein für die weltweit sechs umsatzstärksten Anbieter wird das Investitionsvolumen 2021 auf insgesamt 6,5 Milliarden US-Dollar geschätzt – ein Plus von 16 Prozent gegenüber dem Vor-Pandemie-Höchststand 2018. Im Fokus der Investitionen stehen vor allem die von den Autobauern stark nachgefragten Chips für Schaltvorrichtungen – sogenannte Power Seims – sowie Halbleiter für erweiterte Fahrassistenzsysteme oder interaktive Mikrocontroller. Sorgen vor einem Überangebot an Chips, sobald die Knappheit überwunden ist, sind jedoch unbegründet. Darauf deutet ein seit 2017 relativ konstantes Verhältnis zwischen Anlageinvestitionen und Umsätzen – die „CapEx-Quote“ – dieser Halbleiterunternehmen aus den USA, Japan, der Schweiz und Deutschland hin. Kurzfristig könnten die Angebotsknappheit und der verzögerte Umsatzeffekt von Anlageinvestitionen deren Aktienkurspotenziale zwar begrenzen, langfristig dürften sie jedoch vom strukturellen Wachstumspotenzial, wie unser Depotwert Infineon aber auch Nvidia, profitieren.
Weil in der Pandemie-Krise weniger konsumiert wurde und die Sparquote in der Eurozone von 12,5 Prozent auf bis zu knapp 20 Prozent des verfügbaren Einkommens angestiegen ist, verfügen die Privathaushalte über zusätzliche finanzielle Reserven in Höhe von ca. 550 bis 650 Milliarden Euro – etwa fünf Prozent der Wirtschaftsleistung im Euroraum. In Folge stark rückläufiger Infektionszahlen in den meisten Mitgliedsländern dürfte die Konsumfreude schnell zurückkehren. Das wird den Konsums bspw. bei langlebigen Konsumgütern, aber auch auf dem Reisemarkt, beflügeln. Viel muss und wird nachgeholt werden.
Kein Wunder, dass die Kurse an den Börsen stark gestiegen sind, Aktien sind teuer. Fast täglich werden neue Rekordhochs an der Wall Street und beim Dax verkündet. Dennoch prophezeien viele Analysten und Bankhäuser weiter steigende Kurse. Wir sehen es an den regelmäßigen Vorstellungen unserer einzelnen Depotwerte. Rasant steigende Gewinne lassen dann die einst hohen Bewertungen wieder fallen – trotz höherer Aktienkurse. Auf Basis der für 2021 prognostizierten Gewinne sinkt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) im Dax auf 15,8. Das ist zwar immer noch nicht „billig“, aber diese Kennzahl liegt nur noch wenig über dem historischen Mittel von 14.
Übrigens scheinen deutsche Kleinanleger immer noch regelrecht traumatisiert von den Vorgängen in den 1990iger Jahren, glaubt man einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). 4,2 Milliarden Euro hatten sie in Aktien investiert. Demnach halten Haushalte, die den Absturz der T-Aktie miterlebt haben, 20 Jahre nach dem ersten Telekom-Börsengang zu 60 Prozent weniger Aktien als diejenigen, die damals jünger als 20 Jahre waren. Aber gerade jetzt, müssen wir gleich hinzuzufügen, wo andere Sparformen nicht einmal mehr die Inflationsrate und Kosten abwerfen, ist und bleibt die Aktie als renditestarkes Investment ohne Alternative. Außerdem wissen die Kleinanleger heutzutage noch viel besser über ihre Aktieninvestments Bescheid als damals. Einen kleinen Beitrag leisten auch wir mit unserem Newsletter.
Unser Depotwert BASF hat für 300 Millionen Euro einen Anteil von 49,5 Prozent am geplanten niederländischen Windpark Hollandse Kust Zuid des schwedischen Energieversorgers Vattenfall erworben. Die vollständige Inbetriebnahme sei für 2023 geplant. Ein erheblicher Teil der Stromproduktion sei für niederländische Vattenfall-Kunden reserviert, BASF wolle den Strom für die Chemieproduktion an Standorten in Europa nutzen. “Einschließlich des BASF-Beitrags zum Bau des Windparks beträgt das finanzielle Engagement der BASF rund 1,6 Milliarden Euro”, teilte der Konzern mit. Das Unternehmen erwirbt den Strom aus seinem Anteil des Windparks über einen langfristigen Abnahmevertrag.
Ja, und jetzt kennen wir auch das Wahlprogramm der CDU/CSU. Es war lange nicht klar, welche konkreten Ziele die Kanzlerpartei in der Nach-Merkel-Ära verfolgt. Die Union verspricht zur Bundestagswahl unter anderem einen höheren CO2-Preis, keine Steuererhöhungen und auf dem Wohnungsmarkt Neubauten statt eines Mietendeckels.
Eine weitere Konkretisierung ist dabei nicht vorgesehen. Aber jeder Leser der Wahlprogramme müsste jetzt wissen, dass die Unionsparteien eher wieder eine Koalition mit der FDP anstreben als eine schwarz-grüne Regierung. Fakt ist jedenfalls, die Wahlprogramme sind Schall und Rauch. Wenn die Koalitionsverhandlungen durch sind, dann dürfte vieles im Lichte der Nach-Corona-Realität anders erscheinen. Wir brauchen nur an 2007 zurückdenken. Damals hatten wir schon einmal keine Steuererhöhungen prophezeit bekommen und am Ende stieg die Mehrwertsteuer dann gleich um 3 Prozent auf 19. Damals hieß die Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Bundesfinanzminister war Peer Steinbrück. Mit den Mehreinnahmen, die die Steuererhöhung einbringt, wollte die Große Koalition den desolaten Haushalt (damals 1,5 Billionen Euro Schulden) sanieren. „Nur ein auch finanziell handlungsfähiger Staat kann in Bildung, Infrastruktur und Zukunft investieren. Manchmal müssen im Interesse der Gesellschaft auch unpopuläre Entscheidungen getroffen werden”, so Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) damals…
Nur fragen wir uns, was ist damals mit dem Geld geschehen? Und welche Situation haben wir heute? Heute brauchen wir wieder oder immer noch Geld für Bildung, Infrastruktur und Zukunft (Digitalisierung, Umbau der Energieversorgung etc.).