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Ein Präsident geht

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Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub

Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank und Vertreter Deutschlands in der Europäischen Zentralbank, gibt sein Amt zum 31.12.2021 vorzeitig auf. Seit 2011 vertritt der damals jüngste Bundesbankpräsident die Interessen der Deutschen Bundesbank im EZB-Rat.

Aus persönlichen Gründen stellt damit einer der letzten „Falken“ sein Amt zur Verfügung, wobei das Wort „Falke“ durchaus positiv, im Sinne von Geldwertstabilität und Inflationsbekämpfung, besetzt ist.

Wirklich überrascht sein konnte man wirklich nicht von diesem Schritt, denn die Spielchen, die die EZB gegenwärtig treibt, sind mit dem Ursprung der europäischen Gemeinschaftswährung nicht mehr vereinbar. Der Vertrag von Maastricht wurde zur Makulatur.

Verbot der monetären Staatsfinanzierung, Vorrang für die Geldwertstabilität, politische Unabhängigkeit – nach nicht einmal 30 Jahren ist das alles vergangen und vergessen. Stattdessen handelte die EZB unter dem italienischen Ex-Präsidenten Mario Draghi und seiner französischen Nachfolgerin Christine Lagarde immer ungenierter wie früher die Banca d´ Italia und die Banque de France. Wenn der Staat Geld brauchte, wurde es einfach mit entsprechend inflationären Folgen gedruckt, die wir jetzt alle schmerzlich im täglichen Leben spüren.

Bundesbankpräsident Weidmann hatte das immer wieder kritisiert, stand damit aber im EZB-Rat letztlich auf verlorenem Posten. Unter den 19 Zentralbankpräsidenten erhielt er allenfalls aus den Niederlanden, Österreich und evtl. Luxemburg und Finnland noch Unterstützung. Alle anderen gehörten zu den sogenannten Tauben, also den Verfechtern einer eher lockeren Geldpolitik. Auch im Direktorium der EZB wurde ein Falke nach dem anderen erlegt.

Es hatte durchaus System, dass die EZB ihre auf die Währungsstabilität bedachten deutschen Köpfe los wurde. Zuerst trat 2012 der damalige deutsche Chefvolkswirt der EZB, Jürgen Stark, zurück. Er begründete das unter anderem mit der Griechenland-Rettung, wodurch die Grundlagen der Währungsunion „auf den Kopf gestellt worden“ seien.

Im Jahr 2019 verließ auch Sabine Lautenschläger überraschend das EZB-Direktorium, wo sie für die Bankenaufsicht zuständig war. Auch sie galt als Kritikerin des allzu laschen Kurses unter Draghi und wurde ersetzt durch Isabel Schnabel. Obwohl deutsche Ökonomin, ist letztere eher den geldpolitischen Tauben zuzurechnen, so dass auch von dieser Seite keine Unterstützung für Weidmann mehr zu erwarten war.

So darf man den diplomatisch verklausulierten Satz aus dem Rücktrittsschreiben von Jens Weidmann, es sei wichtig, „nicht einseitig auf Deflationsrisiken zu schauen, sondern auch perspektivische Inflationsgefahren nicht aus dem Blick zu verlieren“ als deutlichen Hinweis auf die wahren Gründe seines Ausscheidens aus der EZB und damit auch aus der mittlerweile völlig einflusslosen Bundesbank verstehen. Die hohe Inflationsrate gibt ihm dabei Recht.

Übrigens ist er nicht der einzige, der davor gewarnt hat. Sehr viel deutlicher waren vor exakt zwei Jahren sechs ehemalige Notenbanker geworden. Darunter waren neben Jürgen Stark auch der ehemalige Bundesbankpräsident Helmut Schlesinger und der langjährige Chefvolkswirt der Bundesbank und später der EZB, Otmar Issing. In ihrem gemeinsamen Memorandum forderten sie die EZB auf, endlich die Zinsen zu erhöhen und den uferlosen Ankauf von Staatsanleihen zu beenden. Ganz offen mutmaßten sie, dass letzterer wohl eher der Unterstützung überschuldeter (und reformunwilliger!) Mitgliedsstaaten als der Abwehr angeblicher Deflationsgefahren diene.

Man muss sich angesichts der deutlichen Warnungen wirklich fragen, ob Deutschland nicht handeln sollte. Ein Warnschuss in die richtige Richtung wäre ein Statement der alten und neuen Bundesregierung, den Euroraum bei Fortsetzung des Gelddruckens zu verlassen.

Allerdings ist damit nicht zu rechnen. Stattdessen hält die EZB an ihrer inflationären Politik weiterhin fest und ergänzt sie neuerdings sogar noch um ein klimapolitisches Mandat, das ihr indessen niemals verliehen wurde. Mit den Folgen möchte Weidmann wohl seinen Namen später nicht mehr in Verbindung gebracht sehen. Wer ihn kennt weiß, dass seine Entscheidung nicht als Fahnenflucht zu interpretieren ist – sondern als ein Signal der Frustration über die Entwicklung der Geldpolitik. Und als Ausdruck der Sorge, dass sich die EZB auf ihrem Weg in eine abschüssige Geldpolitik nicht mehr wird bremsen lassen.

Selbst die Bundeskanzlerin hat es nicht geschafft, wie geplant, die Personalie Weidmann als EZB-Präsidenten durchzudrücken. Die Taubenfraktion hatte damit gesiegt und wir tragen alle täglich die Folgen.

Wie geht es nun weiter? Die Nachfolgeregelung wird wohl jetzt zur Verhandlungsmasse der Ampel-Koalitionsgespräche gehören. Die Rolle der FDP wird nun auch für die Währungsstabilität wachsen. Deshalb kann man sich nur wünschen, dass die FDP das Finanzressort erhält. Wer die aktuellen Debatten um eine weitere Aufweichung der finanzpolitischen Stabilitätskriterien in der Europäischen Union und um Möglichkeiten einer kreativen Umgehung der Schuldenbremse verfolgt ahnt, dass die EZB auch in Zukunft bereit stehen wird, bei Bedarf umfangreiche Bestände an Staatsanleihen anzukaufen und die Negativ-Zinspolitik als festen Bestandteil der Währungspolitik zu ermöglichen. Dagegen hilft von deutscher Seite nur ein Fels in der Brandung der Geldflutung, eben ein Falke!