E–Mobilität und einige kritische Anmerkungen
Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub
Abseits von anderen Rekordwerten (Infektionszahlen, Staatsschulden etc.) verzeichnen wir auch gegenwärtig einen Rekordwert bei der Anzahl in Deutschland zugelassener Elektroautos. Am 1. Januar 2020 hat der Bestand an Stromern auf deutschen Straßen rund 136.600 Fahrzeuge betragen. Der Bestand ist im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 53.000 Einheiten angewachsen. In der Zwischenzeit dürfte die Zahl der Besitzer eines E-Autos weiter kräftig gestiegen sein und wird ab November weiter steigen. Denn schon in wenigen Tagen gibt es doppelten Rabatt.
Neu (Über-) Förderrichtlinien treten in Kraft
Wer ein Elektroauto kauft, kann dann nicht nur 6.000 Euro Förderung aus der Bundeskasse und 3.000 Euro vom Hersteller einstreichen. Es lohnt auch ein Blick auf die Websiten der Wirtschaftsministerien der Länder: Wahrscheinlich findet sich dort eine zusätzliche Förderung, die man jetzt auch noch beantragen darf. Wie das, darf man jetzt auch mehrfache Förderung erhalten? Das fragen sich nicht nur die Käufer der E-Autos. Die Antwort darauf lautet: Im November wird das Kumulationsverbot in der E-Mobilitäts-Förderung fallen. Bisher war es verboten, für den Kauf eines E-Fahrzeugs die hohen Bundessubventionen und weiteres öffentliches Geld aus einem anderen Programm zu kombinieren. Damit sollte eine Überförderung vermieden werden. Die Kunden kommen sich bald vor wie in den Zeiten des Winter- und Sommerschlussverkaufes zusammen. Und bald werden wohl noch nur E-Cars über die Straßen flitzen. Schöne neue Autowelt und die KFZ-Unternehmen sind einschließlich einiger Teile der Zulieferindustrie und das Ganze ohne staatliche Abwrackprämie gerettet!?
Autohersteller brauchen keine zusätzliche staatliche Förderung
Wir wissen, dass die deutsche Autoindustrie die Trends der Zeit verschlafen hat und die Kurse der börsennotierten Konzerne zeigten und zeigen es deutlich. Das Flaggschiff der deutschen Industrie kriselt, dazu kommen selbstproduzierte Skandale, deren Beilegung die Konzerne noch einmal jede Menge Geld in Milliardenhöhe kostet.
Nun haben die deutschen Ingenieure, Entwickler und Konstrukteure ja das Autobauen und Entwickeln neuer Technologien wegen der Versäumnisse im Management nicht verlernt. Im Gegenteil, denn durch das Vorpreschen der Musk`schen Teslafabrik wurden sie noch mehr angestachelt, auch ihrer Markenflotte verstärkt die E-Mobilität zu implizieren.
Und das scheint ihnen gut gelungen zu sein, denn wer heute ein E-Auto kaufen will, der muss erleben, dass in einigen Segmenten das Interesse heute schon größer als die Kapazität ist. Bei Volkswagen können kleine Modelle wie der E-Up nicht mehr bestellt werden, auch Smart, die kleinen E-Peugeot und E-Citroen sind nicht lieferbar. Die Konzerne stoßen an Kapazitätsgrenzen. Nun, ganz so schlimm wie in der ehemaligen DDR wird es nicht werden. Die Kunden dort waren generationsübergreifende Wartezeiten gewohnt.
Aber was kaufen die Kunden jetzt? Aktuell boomen große Hybridfahrzeuge, deren CO2-Bilanz allerdings kritisch gesehen wird. Die meisten Besitzer tanken nämlich lieber Benzin und Diesel anstatt die Autos treu und brav mit erneuerbarem Strom zu laden.
Mitnahmeeffekte erinnern an die CumEx-Geschäfte der Banken
Das Ziel, die in ihrer Umweltbilanz umstrittenen E-Autos (Batterieherstellung, Entsorgung und Recyclebarkeit, Energiequellen, Strompreiserhöhungen etc.) auf die Straße zu bringen, dürfte erreicht sein, kann man beruhigt konstatieren. Das Nachfrageproblem gibt es nicht mehr. Jetzt gibt es ein Angebotsproblem. Mehr Subventionen werden bis zum Ende des kommenden Jahres, dann läuft das Konjunkturprogramm des Bundes aus, nicht allzu viel mehr elektrische Fahrzeuge in den Markt bringen.
Die zusätzlichen Landesprogramme wirken wie ein offiziell genehmigtes staatliches Cum-Ex-Geschäft für Kleinunternehmer und Mittelständler. Baden-Württemberg hat beispielsweise ein Extra-Programm für Taxis, Bayern spendiert Freiberuflern und Unternehmern 3.000 Euro zusätzlich, wenn sie umsteigen. Elektrische Lastenräder und E-Roller sind ebenso förderfähig wie E-Busse in Hessen, wenn sie mindestens acht Meter lang sind. Thüringen beteiligt sich mit bis zu 8.000 Euro für kommunale Pkw und Kleinlaster, bis zu 15.000 Euro dürfen Kommunen abgreifen, wenn sie ein größeres Fahrzeug mit Elektroantrieb ordern. In Nordrhein-Westfalen freuen sich Pflegedienste über ein Sonderprogramm, das ihnen bei der Umrüstung ihrer Fahrzeugflotten in der ambulanten Betreuung hilft, etc.
Fazit
Fakt ist eins, Deutschland wollte lt. Bundesregierung ein Wasserstoffland werden, ein führendes sogar. Im Augenblick vermisst Ihr Autor etwas die Subventionen der umweltschonenden Wasserstoffantriebe bei Kraftfahrzeugen. Denn die massiven Kaufprämien verhinderten, dass parallel zu den E-Antrieben, andere alternative Antriebe entwickelt und auf den Markt gebracht werden, monieren führende Wirtschaftsforscher.
Schließlich sind die Autokonzerne ihren Aktionären verpflichtet. Und so ein Konjunkturprogramm bringt schließlich sofort Rendite. So schaden die Programme der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, anstatt ihr zu nutzen. Wenn das Geld wirklich in der Staatskasse übrig ist, sollte man es lieber für Vorhaben von Forschung und Entwicklung einsetzen. Was auch nicht verkehrt ist, weniger Staatsschulden im Zuge der Pandemie würden auch der künftigen Generation helfen.