Das Börsenjahr – Rückblick 2021 und Ausblick 2022 Teil 2
Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub
Die Lieferketten werden sich wohl auch noch 2022 nicht wieder stabilisiert haben. Auch in Großbritannien nicht, das nach wie vor zusätzlich unter Folgen des Brexits leitet. Und nebenbei bemerkt, Europa auch, aber eben nicht so stark wie das vereinigte Königreich. Die Auswirkungen des Brexits für die britische Wirtschaft sind nach Einschätzung der Aufsichtsbehörde Office for Budget Responsibility (OBR) gravierender als die Folgen der Maßnahmen im Zuge der Pandemie-Bekämpfung. Der EU-Austritt werde das britische Bruttoinlandsprodukt (BIP) langfristig um etwa vier Prozent verringern, sagte OBR-Chef Richard Hughes der BBC. Die Pandemie senke das BIP um weitere zwei Prozent, stellte Hughes fest. Im Ergebnis wirke sich der Brexit, den Daten des OBR zufolge, deutlich negativer auf die britische Wirtschaft aus als Corona.
Im zurückliegenden Januar endete in den Vereinigten Staaten die Präsidentschaft Donald Trumps. Mit dem Amtsantritt des seither regierenden Demokraten Joe Biden verbanden nicht zuletzt in Europa viele Menschen große Hoffnungen. Aber die Handelsauseinandersetzungen mit China sind immer noch an der Tagesordnung. Nur eben jetzt mit leiseren Tönen. Und das vielversprechende billionenschwere Konjunkturprogramm wurde stark gekürzt und das nicht nur von den oppositionellen Republikanern, auch Bidens Demokraten spielten nicht mit. Trotzdem können wir konstatieren, die amerikanische Wirtschaft hat den Wachstumspfad eingeschlagen. Das nach monatelangem Ringen vom Parlament in Washington beschlossene Programm werde „Millionen Jobs“ schaffen, sagte Biden. „Es bringt uns auf den Weg, den wirtschaftlichen Wettbewerb im 21. Jahrhundert mit China und anderen großen Ländern zu gewinnen.“ Wir werden sehen, was die amerikanischen Wähler dazu sagen. Die Zwischenwahlen stehen im November 2022 an, und es kann durchaus passieren, dass der Präsident seine eh schon hauchdünne Mehrheit verliert und nur noch als sprichwörtliche „lame duck“ wahrgenommen wird.
Auch das Ukraineproblem wird uns im nächsten Jahr noch sehr beschäftigen, wie im abgelaufenen Jahr. Die Drohgebärden von Russlands Präsident Putin sind zwar nach Ansicht ihres Autors nichts weiter als Theaterdonner, aber sie haben immer das Potential die Märkte zumindest kurzzeitig zu erschüttern. Wir können davon ausgehen, dass Putin nichts mit der korrupten und wirtschaftlichen und finanziell von den Zahlungen des Westens total abhängigen Ukraine zu tun haben will. Er hat genug eigene Probleme in seinem Land.
Da sollten wir uns um einen Exit Polens aus der EU mehr Gedanken machen, auch wenn Polen ebenfalls von einem Weiterbestehen der Mitgliedschaft in der EU wirtschaftlich abhängig ist. Aber in einer Gemeinschaft gibt es politische Regeln, die für jedes Land gelten. Ein Polexit würde dagegen die EU nicht so hart treffen wie der Brexit.
Doch zurück nach Deutschland.
Deutschlands Solarindustrie ist auf dem besten Weg zu einem Comeback auf Grund des Klimawandels und der Pläne der Ampelregierung. Deren Pläne treffen auf eine tot geglaubte Branche, die allerdings schon im Aufbruch ist. Bis 2030 soll die installierte Leistung von 54 Gigawatt auf rund 200 Gigawatt steigen, eine knappe Vervierfachung also und damit ein Booster für eine ganze Branche, die von Herstellern von Solarmodulen über Projektentwickler und Anlagenbetreiber bis zu den Handwerkern, die die Paneele montieren, reicht. Bis zu 15 Milliarden könnten jährlich durch den rasanten Ausbau in den Markt fließen, schätzen Experten. Zehn Jahre nachdem für die einst blühende deutsche Solarindustrie der Abstieg begann, kann sie wieder Hoffnung schöpfen.
Vorausgesetzt, die bürokratischen Hürden bei der Genehmigung bis zum Fachkräftemangel können überwunden werden. Wir haben zwar mit der Manz AG einen Pionier der Solartechnologie in unserem NDAC-Clubfonds, aber bei solch ambitionierten Plänen werden sicher bald auch Börsengänge anderer Wettbewerber folgen. Und vielleicht ist darunter auch ein neues und erfolgreiches Solarworld zu finden. Auch wenn dieses Unternehmen unter dem subventionierten chinesischen Preisdruck in die Insolvenz getrieben wurde, war es doch einmal das Non plus Ultra der deutschen Solarindustrie.
Schlechte Nachrichten dagegen gibt es für die Liebhaber der Millionen Lebens- und Rentenversicherungen. Der Garantiezins, korrekt Höchstrechnungszins genannt, sinkt bei diesen Verträgen von 0,9 Prozent auf mickrige 0,25 Prozent. Die Minizinsen schlagen auch auf Berufsunfähigkeits- und Pflegeversicherungen sowie auf die Policen der betrieblichen Altersvorsorge, aber auch bei Riester- und Rürup-Policen durch. Und auch auf alle Verträge, die Kapitalstöcke aufbauen. Aber doch nicht bei Altverträgen, werden unsere Leser jetzt irritiert sagen. Leider müssen wir sie enttäuschen. Wir werden dazu sicher noch einmal im neuen Jahr genauer darauf eingehen.
Jetzt bleibt uns an dieser Stelle nur kurz zu sagen, dass auch weiterhin Aktien und Aktienfonds als Sachwerte die einzige Alternative bilden.