
Wir hatten Ende September wieder einmal einen Gipfel. Dieses Mal nur beim Wirtschaftsminister und nicht beim Kanzler, der sich eh nur einschaltet, wenn etwas brennt. Richtig so. Und es ging um die deutsche Automobilindustrie. Die Erträge solcher Spitzentreffen sind in der Regel gering, was aber nichts daran ändert, dass das Instrument des Gipfels sich weiterhin großer Beliebtheit erfreut, denn die Beteiligten aus Wirtschaft Politik und Gewerkschaft zeigen, jetzt haben sie es verstanden und werden etwas tun.
Tatsächlich ist die Lage der nach wie vor wichtigsten deutschen Industrie ja besorgniserregend: Volkswagen denkt bekanntlich über Werkschließungen nach, BMW senkt die Gewinnprognose, Mercedes ebenso, Stellantis gibt eine Gewinnwarnung heraus. Und alle miteinander verkaufen viel weniger Elektroautos als ursprünglich erhofft.
Für eine Bundesregierung, die mit dem Ziel einer Mobilitätswende angetreten war, ist das mehr als nur ein sehr großes Problem.
Für die Manger als Vertreter der Wirtschaft geht es vor allen Dingen darum, die Probleme des Wirtschaftszweiges auf Grund ihres Versagens mit Hilfe von nicht vorhandenem Steuergeld zu lösen.
Und die Gewerkschaften wollen die Privilegien (Jobgarantie bei VW, hohe Tariflöhne etc.), die sie für die Arbeitnehmer ausgehandelt haben, verständlicherweise erhalten.
Und in der Tat, es liegen wieder zum Teil die alten Kamellen auf dem Tisch der Gipfelstürmer.
Die SPD wärmt das Instrument einer Abwrackprämie wieder auf, auch Volkswagen kann sich so etwas vorstellen, 4000 Euro vom Staat, 2000 vom Hersteller. Wer weiß, wie Märkte funktionieren, dem ist klar, dass das nichts anderes wäre als eine Strohfeuer-Subvention für die Hersteller, durch die kein Elektroauto wirklich günstiger würde und wer sagt denn, ob die Kunden davon teure VW-Fahrzeuge und nicht billigere chinesische E-Autos kaufen würden. Mercedes dringt darauf, die strengen CO2-Vorgaben zu lockern, was allerdings auf Brüsseler Ebene entschieden werden müsste und die Grünen würden wieder um eine Illusion ärmer. Und natürlich kommen auch die steuerlichen Vorteile für Elektro-Dienstwagen wieder ins Spiel, von denen sich die Branche erhofft, dass sie dabei helfen, endlich im größeren Stil Batterieautos in die Unternehmens-Flotten zu drücken.
Nach klaren und verlässlichen Signalen, wie sie der Wirtschaftsminister anmahnt, klingt das alles nicht. Und wer hat E-Auto Kaufprämie eingeführt und dann wieder gestrichen? Es war Robert Habeck. Gut, er stand damals unter dem Druck des gerade ergangenen Verfassungsgerichtsurteils wegen der Schuldenbremse (Haben wir denn jetzt mehr Geld im Bundeshaushalt zur Verfügung?).
Aber insgesamt sind die Damen und Herren Entscheider sehr ratlos, wie es weitergehen soll mit der deutschen Automobilindustrie. Und angesichts dessen, was auf den Automobilmärkten geschieht, ist es nicht ausreichend.
Es gibt ein großes Problem für die deutschen und europäischen Autobauer und das heißt China. Die Chinesen haben über Jahrzehnte in Joint Ventures, anders kam man gar nicht auf dem chinesischen Markt, technologisches Knowhow von deutschen Autoherstellern abgezogen. Sie haben sich dann bei der immer wichtigeren IT-Ausrüstung von Autos an die Spitze gesetzt. Und letztendlich haben ein sie ganzes Heer von oft defizitären E-Autoherstellern mit Finanzhilfen am Leben gehalten, aus dessen Reihen nun die erfolgreichsten mit niedrigen Preisen die Konkurrenz aus USA und Europa angreifen. Und es ist nicht das erste Mal, dass China diesen Weg geht, wir erinnern uns an das gleiche Drama bei der Solarindustrie. Wann lernen wir endlich in Politik und Wirtshaft dazu?
Das führt dazu, dass alle deutschen Autohersteller massiv Marktanteile in China verlieren, und daran werden auch keine Abwrackprämie, kein CO2-Ablass oder die verhängten Strafzölle auf chinesische E-Autos etwas ändern.
Wenn wir zu unseren Nachbarn Frankreich schauen, stellen wir fest, dass es durchaus Wege gibt die Importflut der Chinesen im Ansatz zu stoppen. Dort werden Käufer von E-Autos nur dann mit einer Prämie gefördert, wenn die Produktion des Fahrzeugs weniger als 14,75 Tonnen CO2 verursacht. Es wäre ein Prinzip, das sowohl Vorteile für den Klimaschutz hätte als auch die chinesische Konkurrenz zumindest in Europa auf Abstand halten könnte. Verlässliche Zahlen aus der Praxis liegen aus Paris noch nicht vor. Allerdings müssen wir uns auch hier fragen, wo soll das Fördergeld dafür her kommen?
Ok, die US-Amerikaner wollen die Sache ganz brachial angehen. Neben den schon verhängten Zöllen sprach sich das amerikanische Handelsministerium dafür aus, den Verkauf besonders moderner chinesischer Autos mit chinesischer oder russischer Soft- und Hardware komplett zu verbieten. Der Grund sind Sicherheitsbedenken, denn spätestens seit den explodierenden Pagern im Libanon ist allen klar, dass sich elektronisch gesteuerte Geräte im Zweifel auch als Waffen in einem anderen Land einsetzen lassen. Aber natürlich wäre ein solches Verbot auch ein Mittel im amerikanisch-chinesischen Handelskrieg, der in den vergangenen Monaten immer klarere Züge angenommen hat und der Europa und damit Deutschland vor die Entscheidung stellt, von welcher Seite wir Prügel zukünftig beziehen wollen.
Daraus ergibt sich schon die Frage, ob in der ehemals stolzen deutschen Auto-Nation nicht immer noch zu klein gedacht wird, während in den anderen großen Industrieregionen Asien und USA das ganz große Rad gedreht wird. Mit einer einfachen Abwrackprämie jedenfalls wird dieses Spiel sicher nicht gewonnen. Ihr Autor lässt seine Lösungsvorschläge lieber nicht öffentlich werden, denn sie greifen in die Besitzstände und Strukturen der Automobilindustrie ein.