Gudesstraße 3- 5

29525 Uelzen

0581 / 973 696 00

Der Clubfonds-Ticker
Gudesstraße 3- 5

29525 Uelzen

0581 / 973 696 00

Die Magie der Zahlen

Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub

Zahlen bestimmen unser Leben. Mehr oder weniger. Manchmal sind es kleine Zahlen, manchmal sind es große und es kommt auch vor, dass es gigantische Zahlen sind. Alle gemeinsam haben sie eins, sie verdeutlichen auf einen Schlag, was man in Wort teilweise nicht mehr fassen kann.

Beginnen wir mit einer verhältnismäßig kleinen Zahl, von der sich viele eine große Wirkung versprechen.

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat erneut ihre Entschlossenheit im Kampf gegen die Inflation von zuletzt 8,3 Prozent deutlich gemacht. Sie erhöhte den Leitzins am Mittwoch um 0,75 Prozentpunkte (75 Basispunkte) auf eine Spanne von 3,0 bis 3,25 Prozent. Die Märkte haben damit gerechnet, aber auch eine Anhebung um einen vollen Prozentpunkt hätte wohl niemanden überrascht. Damit hat die Fed den Leitzins zum dritten Mal in dieser Höhe angehoben. Ohne Rücksicht auf Verluste wurde dabei billigend in Kauf genommen, dass im Zuge der Dämpfung der Konjunktur eine Rezession immer wahrscheinlicher wird. Die Rendite der zweijährigen US-Staatsanleihe stieg über vier Prozent und erreichte damit das höchste Niveau seit 2007. Sie lag damit deutlich über der Rendite der Zehnjährigen und der dreißigjährigen Papiere. Diese „Inversion“ gilt häufig als Vorzeichen einer Rezession. Der Dollar zog deutlich an, die Aktien gaben nach. Damit war auch klar, dass es weitere Schritte der FED geben wird.

“We will keet at it until the Job is done”. Wir werden weitermachen, bis die Arbeit getan ist, soll heißen, wir werden den Leitzins weiter anheben, bis die Inflationsrate bei den magischen zwei Prozent ist. Ähnliches wird es übrigens auch für die Entscheidung der EZB erwartet.

Es geht nicht vorwärts mit der Spezialoperation in der Ukraine. Deshalb hat der russische Präsident seinem Volk angekündigt, dass der Krieg in der Ukraine nun deutlich näher an ihren Alltag heranrückt. Putin kündigte die Teilmobilmachung von 300.000 Reservisten in der Russischen Föderation an. Zugleich erhob er erneut Vorwürfe gegen die Staaten des Westens, deren Ziel es sei, Russland “zu schwächen, zu spalten und letztlich zu zerstören”. Wie schon zu Beginn des Krieges drohte Putin den NATO-Staaten kaum verhohlen mit dem Einsatz von Atomwaffen. Russland werde zu Verteidigung “alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen” – das sei “kein Bluff”. Damit zeigte der Autokrat im Kreml zum ersten Mal ein deutliches Zeichen von Schwäche.

Fakt ist, die 300.000 Soldaten, die einen Vertrag als Reservisten abgeschlossen haben (lt. Verteidigungsministerium sind es ca. 25 Millionen Reservisten), müssen zuerst die Bürokratie durchlaufen, also nachgemustert und einberufen werden. Anschließend erfolgt die Einkleidung und ggf. Ausbildung an der neuen Wehrtechnik. Außerdem müssen für jeden Soldaten die entsprechenden Waffen zur Verfügung stehen. Die Kriegsproduktion ist schon angelaufen, darf man vermuten. Wir werden also eine Frühjahrsoffensive erleben. Im Moment muss das alte Personal an der Front noch als Kanonenfutter dienen. 

Dass dies allein schon weitere erhebliche Ressourcen der russischen Wirtschaft kosten wird, dürfte wohl jedem klar sein. Entscheidend aber ist die Abstimmung mit den Füßen. Der brain drain hatte bereits wenige Minuten nach dem Ende der Rede eingesetzt, denn viele eventuell betroffene Russen versuchen trotz Reisesperre für Reservisten das Land doch noch zu verlassen. In der Regel sind das gute ausgebildete Menschen, die sich beispielsweise einen billigen Flug nach Dubai leisten können. Die Tickets kosteten mehr als 300.000 Rubel (umgerechnet knapp 5.000 Euro) – etwa das Fünffache des durchschnittlichen russischen Monatslohns. Das alles dürfte die russische Wirtschaft weiter schwächen.

Magisch sind auch die Zahlen, die im Raum für die Verstaatlichung des börsennotierten Konzerns Uniper stehen. Der Bund übernimmt Deutschlands größten Gasimporteur Uniper zu rund 99 Prozent und stellt auch anderen Gasimporteuren Hilfe in Aussicht. Mit insgesamt über 29 Milliarden Euro ist es die teuerste Rettung eines einzelnen Unternehmens seit der Finanzkrise.

Wir kennen das aus der Vergangenheit. Der Bund ist in der Vergangenheit mehrfach Unternehmen finanziell zur Seite gesprungen, etwa in der Corona-Krise der Lufthansa oder dem Reiseanbieter TUI. Unter dem Druck der Finanzkrise beteiligte sich der Staat Anfang 2009 an der Commerzbank. Dass sich das Ganze für den Steuerzahler lohnen kann, haben wir bei der Lufthansa gesehen. Mit 1,07 Milliarden Euro überstiegen die insgesamt erzielten Erlöse den zum Erwerb der Beteiligung eingesetzten Betrag von 306 Millionen Euro deutlich. Unter dem Strich sei ein Gewinn von 760 Millionen Euro übrig geblieben, rechnete uns die bundeseigene die Finanzagentur vor. Ob sich das mit Uniper wiederholen lässt, wird sich zeigen.

Ob Verbraucher und Wirtschaft jetzt noch die ärgerliche Gas-Umlage, vielleicht auch nur zeitweise, bezahlen müssen, ist weiterhin rechtlich umstritten. Nach Ansicht ihres Autors sind die Steuerzahler mit der Beteiligung an Uniper bereits genug belastet. Die Schulden, die dafür gemacht werden, sind die Steuern von morgen, also werden von uns allen getragen.

Magische Zahlen auch beim IPO der Luxusmarke Porsche. Die Porsche-Aktie soll beim Börsengang eine Bewertung zwischen 70 bis 75 Milliarden Euro erzielen und wird damit auf einen Schlag zu einem Dickschiff am deutschen Aktienmarkt. Dabei kommt selbst die Volkswagen-Aktie nur auf eine Marktkapitalisierung von 88 Milliarden Euro (Stand: 19. September 2022). Kann das gerechtfertigt sein, fragt sich nicht nur ihr Autor. Porsche hat im ersten Halbjahr 2022 lediglich knapp 146.000 Autos ausgeliefert und ist damit im Vergleich zur Konzernmutter Volkswagen ein Zwerg: Diese setzte rund vier Millionen Fahrzeuge ab. Die Umsatzrendite der Porsche-Aktie soll dagegen im Gesamtjahr 2022 zwischen 17 und 18 Prozent liegen. Das ist ein absoluter klasse Wert in der Autoindustrie. Beim Volkswagen-Konzern wird sie im einstelligen Bereich liegen – und daran hat Porsche einen maßgeblichen Anteil. Die Magie der Zahlen eben…