Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub
…werden sie nun nicht los. Erst wollten die Notbanken die Inflation nicht wahrhaben und jetzt ist sie da, um wohl auch für längere Zeit zu bleiben. Die amerikanische Fed hat die Zinsen bereits nach oben geschraubt und wird es wohl weiter machen, ohne Rücksicht auf eine drohende Rezession. “Wir werden im Jahr 2023 eine gewaltige Rezession erleben”, so das Resümee des renommierten amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers Professor Steve Hanke von der John Hopkins University. Ungeachtet der Tatsache, dass die Rezession das Wirtschaftsgeschehen im nächsten Jahr beeinflussen wird, dürften die USA auch weiterhin mit hohen Inflationsraten zu kämpfen haben, so Hanke. Sollten er und die anderen Ökonomen recht behalten mit ihren Meinungen, dann fallen die USA als weltweite Konjunkturlokomotive wohl für 2023 und 2024 aus.
Und in der Eurozone sieht es nicht wirklich besser aus. Die EZB erhöhte den Leitzins um 0,75 Prozent auf 1,25 Prozent. Der Druck war zu hoch gewesen, um den Zins nur um 50 Basispunkte anzuheben. Die Zeiten der mandatswidrigen kostenlosen Staatsfinanzierungen sind damit wohl vielleicht vorbei. Das Desaster könnte nicht größer sein für Christine Lagarde, Neunkommaeins – das ist das in Worte gefasste Scheitern, dass sich die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) zurechnen lassen muss, denn diese Inflationsrate hat sie allein zu verantworten.
Und gerade jetzt, wo die Volkswirtschaften auch in Europa in eine länger anhaltende Rezession stürzen werden, fällt die EZB als Retter aus. Nicht nur ein einfacher Ausfall, sondern ein Totalausfall. Sie steckt ebenso wie die amerikanische FED in der selbstgestellten Falle. Senken sie zur Wirtschaftsankurbelung die Leitzinsen, dann verursachen sie eine Steigerung der Inflationsraten in den jeweiligen Wirtschaftsräumen. Steigen die Zinsen weiter, dann verstärken sie aufgrund ihrer Wirkung auf die Wirtschaft die Rezession (z. B. Kreditklemme und damit einhergehende Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Einbruch der Binnennachfrage etc.).
Zumindest dürfte sich der Euro gegenüber dem Dollar etwas erholen, bis die Fed die Zinsen weiter anheben wird. Die Amis kennen da keinen Pardon.
Unser aller Lieblingswirtschaftsminister Robert Habeck von den Bündnisgrünen kommt einem langsam wirklich vor wie Ikarus. In den Umfragen als einer der besten Minister bis vor Kurzem ausgewiesen, kommt er nun ins Taumeln (nein, er wird nicht abstürzen, das gibt’s es in der Politik nicht, alle fallen weich!). Die vermurkste Gasumlage lassen wir dabei heute einmal außen vor. Das große Problem Habecks ist, er steht sich selbst im Weg und ist zwischen Parteidisziplin und Ministeramt eingeklemmt. Deutlich können wir das an der AKW-Entscheidung sehen, die eindeutig von den bevorstehenden Wahlen in Niedersachsen bestimmt wurde. Die Angst vor der grünen Basis kann man nachvollziehen, denn der Atomausstieg ist so etwas wie der Markenkern, sozusagen das Taufbecken seiner Partei. Als promovierter Philologe muss er sich nicht im Insolvenzrecht auskennen, als Wirtschaftsminister aber schon, denn damit wird er in der nächsten Zeit verstärkt konfrontiert werden (Toilettenpapierhersteller Hakle, Schuhhändlerkette Ludwig Goertz, Automobilzulieferer Dr. Schneider etc. ist erst einmal nur der Anfang eines Tsunami). Wieder einmal kommen die Bürger zu dem Schluss, den Beamten in einem Ministerium ist es letztlich egal, wer über ihnen die Minister und Staatsaekretäre sind. Aber zugegeben, wir hatten schon schlechtere Minister in der Vergangenheit auf dieser Position.
Auch etwas Positives gibt es zu berichten. Der Sportwagenhersteller Porsche strebt an die Börse und Kleinanleger können dabei sein beim größten europäischen Börsengang in diesem Jahr, ja sogar der letzten 10 Jahre, wie man den Werbemitteilungen entnehmen kann. Der geschätzte Emissionserlös liegt bei mehr als zehn Milliarden Euro. Die Einnahmen sollen vor allem in wichtige Investitionen der Zukunft fließen. Konzernmutter ist der Autokonzern Volkswagen, dem die Porsche AG derzeit noch zu 100 Prozent gehört. Im VW-Portfolio mit Marken wie Audi, Seat, Skoda oder den Luxusautos von Bentley spielt Porsche als Ertragsbringer eine wichtige Rolle. OK, aber von einer neuen Volksaktie zu sprechen, wie wir in manchen Mitteilungen lesen können, halten wir dann doch für übertrieben. Das gibt übrigens auch das Produkt nicht her. Für alle Interessenten an den stimmrechtslosen Porsche-Vorzugsaktien, der Börsengang ist für Ende September oder Anfang Oktober geplant. Spätestens zum Jahresende soll der Gang aufs Parkett dann abgeschlossen sein. Einschränkend müssen wir aber hinzufügen, die genauen Daten und Modalitäten hängen laut der Beteiligten aber von der Gesamtlage auf dem Finanzmarkt ab, was nichts anderes bedeutet als das der Börsengang auch noch verschoben werden kann.
Und einen Geburtstag haben wir auch noch zu feiern. Vor einem Jahr wurde der DAX von 30 auf 40 Unternehmen aufgestockt, allerdings können die Sektflaschen geschlossen bleiben. Der erhoffte Schub für die Aktien der Indexneulinge blieb jedoch bislang aus, im Gegenteil: Seit der Aufnahme haben sie im Schnitt 32 Prozent verloren und damit deutlich mehr als die „alte DAX-Riege“, dessen Performance mit durchschnittlichen minus 18 Prozent auch keinen Anleger vom Hocker reißen dürfte. Grund für die Talfahrt des DAX ist selbstverständlich nicht die Erweiterung auf 40 Titel, sondern vielmehr das veränderte Zinsumfeld, die Energiekrise sowie der globale Wirtschaftsabschwung, also die bereits mehrfach genannten Probleme. Sicherlich können diese Faktoren den Leitindex noch eine Weile belasten. Allerdings dürfte die bereits günstige Bewertung der Papiere zunehmend als Puffer gegen weitere Verluste wirken. Für einen Einstieg halten wir die Zeit für noch nicht gekommen.
Unser Depotwert Siemens Energy kann dagegen feiern, er steigt am 17. September in den DAX 40 auf (für Hellofresh).
Herzlichen Glückwunsch!