Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub
Die Aktionäre unseres Depotwerts Linde haben den Weg für den Rückzug des Industriegase-Konzerns von der Frankfurter Börse freigemacht. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung am operativen Konzernsitz in Danbury im US-Bundesstaat Connecticut stimmten rund 93 Prozent des vertretenen Aktienkapitals für die Verschmelzung auf eine neue Dachgesellschaft, die nur noch an der New Yorker Börse gelistet sein wird. Die neue Holdinggesellschaft soll den Namen Linde tragen und unter dem bestehenden Börsenkürzel LIN gehandelt werden. Nach Abschluss der Genehmigungen geht Linde davon aus, dass die Reorganisation und das Delisting der Linde-Stammaktien von der Frankfurter Wertpapierbörse am oder um den 1. März 2023 abgeschlossen sein werden. Die Deutsche Börse verliert mit dem Rückzug von Linde ihren mit Abstand größten DAX-Wert. Das Vorhaben hatte eine Debatte über die Konkurrenzfähigkeit des deutschen Finanzplatzes im internationalen Vergleich ausgelöst. Nur außer Diskussionen wurden keine konkreten Schritte für eine wirkliche Reform der DAX-Werte insgesamt diskutiert oder vollzogen. Es ist leider zu befürchten, dass weitere Aktienwerte bald nicht mehr in Frankfurt gehandelt werden.
Die hohen Energiepreise und die größeren Lagerbestände vieler Firmen sorgen weiterhin dafür, dass deutsche Unternehmen und Selbstständige in großem Umfang neue Bankdarlehen aufnehmen. Das Kreditneugeschäft stieg im dritten Quartal 2022 mit einem Zuwachs von 36,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf einen Rekordstand. Das geht aus dem jüngsten Kreditmarktausblick hervor, den die staatliche Förderbank KfW für das Handelsblatt exklusiv berechnet. Für das vierte Quartal 2022 und das erste Quartal 2023 rechnet die KfW „mit einem weiter kräftigen, aber langsameren Wachstum von etwa 28 Prozent beziehungsweise 15 Prozent“. Da Unternehmen nicht unbegrenzt Kredite aufnehmen können, besteht die Gefahr, dass später das Geld für Innovationen fehlt. Dann müssen andere Formen der Geldbeschaffung gefunden werden, beispielsweise Unternehmensanleihen oder gegebenenfalls die Ausgabe neuer Aktien.