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Der Clubfonds-Ticker
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Die europäischen Aktien sind zurück

Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub

Trotz aller Rezessionsängste, die von den Wirtschaftsexperten in den letzten Monaten immer wieder geschürt und von den Medien eifrig publiziert wurden, scheint es doch noch nicht so schlimm zu sein, wie befürchtet. Und die gleichen Wirtschaftsexperten sprechen plötzlich nur noch von einer milden Rezession und ganz mutige vermuten keine Rezessionsgefahr mehr.
 
Die Aktienmärkte in Europa spiegeln die zurückgehenden Rezessionsängste wider. Europäische Aktien haben sich in den vergangenen drei Monaten verglichen mit ihren US-Pendants so gut entwickelt wie in den vergangenen 30 Jahren nicht. Hierfür gibt es gleich mehrere Gründe. Die volkswirtschaftlichen Daten fielen in Europa zuletzt besser aus als in den USA. Die Gaspreise sind stark gefallen. Gründe sind der bisher milde ausgefallene Winter und die gut gefüllten Gasspeicher. Da die europäische Volkswirtschaft enger mit der aus dem Reich der Mitte verzahnt ist, profitiert sie entsprechend stärker vom Ende der Null-Covid-Strategie. Die Gewinnschätzungen wurden bisher für europäische Konzerne weniger stark gesenkt als wie für ihre Pendants in den USA.
 
Darüber hinaus sind europäische Aktien auch für jene Investoren interessanter, die auf laufende Gewinnausschüttungen abzielen. Erstmals liegt die Gesamtrendite aus erwarteten Aktienrückkäufen und Dividenden mit rund fünf Prozent verglichen mit nur vier Prozent in Europa höher als in den USA.
 
Allerdings ist trotzdem noch Vorsicht geboten. Die jüngste Kursrallye ist vor dem Hintergrund nicht so stark steigender Zinsen und fallender Gaspreise sowie des Endes der Null-Covid-Politik Chinas wirklich gut zu erklären, aber der Trend dürfte kaum mit dieser Dynamik fortgesetzt werden. Nach knapp sieben Prozent Kursplus in nur zwei Handelswochen könnte der STOXX 600 deshalb korrigieren, sollten die Unternehmen schwache Ausblicke auf 2023 liefern.
 
Aktien aus dem Reise- und Freizeit-Sektor des MSCI World Hotels, Restaurants & Leisure Index gaben 2022 in Euro gerechnet um neun Prozent nach. Grund waren die weltweite konjunkturelle Abkühlung und die schwache Verbraucherstimmung. Aktuell notiert der Index knapp sieben Prozent unter seinem Höchststand vom Mai 2021.
 
Rückenwind dürfte die Tourismusbranche dieses Jahr allerdings auch wiederum von China erhalten, das nach drei Jahren der Isolation jüngst wieder seine Grenzen für Reisende öffnete. Vor der Pandemie generierten chinesische Reisende fast 20 Prozent aller internationalen Tourismusausgaben – bei stark steigender Tendenz. Im Jahr 2010 lag die Quote noch bei lediglich fünf Prozent. Coronabedingt brachen die Ausgaben chinesischer Touristen im Jahr 2021 aber um beinahe 60 Prozent gegenüber dem Vor-Pandemie-Niveau ein, ohne dass sie sich bekanntlich im vergangenen Jahr hätten erholen können. Damit ergibt sich ein entsprechend hohes Erholungspotenzial, insbesondere wenn man das Trendwachstum des letzten Jahrzehnts mit berücksichtigt. Allen voran sollten die bei Chinesen beliebten benachbarten Reiseziele Hongkong, Macau, Thailand, Japan, Singapur und Indonesien vom politischen Schwenk Chinas profitieren. Dabei sind sicher auch sehr viele Kreuzfahrten, die bei unseren entsprechenden Depotwerten gebucht und damit deren weiteren Aufschwung einleiten werden.
 
Und dann war doch noch eine Veranstaltung in der Schweiz in dieser Woche, nämlich das Weltwirtschaftsforum in Davos. Führende Vertreter aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kamen dort zusammen, um die Prioritäten für das neue Jahr zu diskutieren. Auffällig war, dass der politische Bereich durch Abwesenheit glänzte. Einmal abgesehen von Bundeskanzler Olaf Scholz, fehlten die politischen Schwergewichte. Das WEF scheint nicht mehr die Bedeutung zu haben wie früher. Selbst die amerikanische Finanzministerin Janet Yellen traf am Mittwoch den chinesischen Vize-Premier, Finanz- und Wirtschaftsminister Liu He in Zürich und nicht in Davos, um über allerlei Hochrelevantes zu sprechen: Handelskrieg, Geldpolitik, Sanktionen, die makroökonomischen Entwicklungen. Brennend interessieren dürfte Yellen auch, was China gedenkt, der Doppelbedrohung aus schrumpfender Wirtschaft und Bevölkerung entgegenzusetzen. Übrigens, uns würde es auch interessieren…

 

Die Aktionäre unseres Depotwerts Linde haben den Weg für den Rückzug des Industriegase-Konzerns von der Frankfurter Börse freigemacht. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung am operativen Konzernsitz in Danbury im US-Bundesstaat Connecticut stimmten rund 93 Prozent des vertretenen Aktienkapitals für die Verschmelzung auf eine neue Dachgesellschaft, die nur noch an der New Yorker Börse gelistet sein wird. Die neue Holdinggesellschaft soll den Namen Linde tragen und unter dem bestehenden Börsenkürzel LIN gehandelt werden. Nach Abschluss der Genehmigungen geht Linde davon aus, dass die Reorganisation und das Delisting der Linde-Stammaktien von der Frankfurter Wertpapierbörse am oder um den 1. März 2023 abgeschlossen sein werden. Die Deutsche Börse verliert mit dem Rückzug von Linde ihren mit Abstand größten DAX-Wert. Das Vorhaben hatte eine Debatte über die Konkurrenzfähigkeit des deutschen Finanzplatzes im internationalen Vergleich ausgelöst. Nur außer Diskussionen wurden keine konkreten Schritte für eine wirkliche Reform der DAX-Werte insgesamt diskutiert oder vollzogen. Es ist leider zu befürchten, dass weitere Aktienwerte bald nicht mehr in Frankfurt gehandelt werden.

Die hohen Energiepreise und die größeren Lagerbestände vieler Firmen sorgen weiterhin dafür, dass deutsche Unternehmen und Selbstständige in großem Umfang neue Bankdarlehen aufnehmen. Das Kreditneugeschäft stieg im dritten Quartal 2022 mit einem Zuwachs von 36,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf einen Rekordstand. Das geht aus dem jüngsten Kreditmarktausblick hervor, den die staatliche Förderbank KfW für das Handelsblatt exklusiv berechnet. Für das vierte Quartal 2022 und das erste Quartal 2023 rechnet die KfW „mit einem weiter kräftigen, aber langsameren Wachstum von etwa 28 Prozent beziehungsweise 15 Prozent“. Da Unternehmen nicht unbegrenzt Kredite aufnehmen können, besteht die Gefahr, dass später das Geld für Innovationen fehlt. Dann müssen andere Formen der Geldbeschaffung gefunden werden, beispielsweise Unternehmensanleihen oder gegebenenfalls die Ausgabe neuer Aktien.