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Der Krieg und die Folgen

Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub

Der Krieg in der Ukraine sollte nur 48 bis höchstens 72 Stunden andauern, dann sollte die Ukraine unter Kontrolle der Russen sein, eine Marionetten-Regierung installiert und die Westbindung der Ukraine-Geschichte sein. So war der Plan der Strategen im Kreml. Putins Soldateska hat sich gründlich verrechnet. Das ukrainische Volk trotzt dem übermächtigen Feind weiter.

Wenn Sie unseren Newsletter lesen, ist es möglich, dass Kiew gefallen und die ukrainische Regierung gestürzt ist. Aber der Befreiungskampf des ukrainischen Volkes gegen den übermächtigen Gegner wird weitergehen. Hilfe und Unterstützung des Westens sind ihm dabei gewiss.

Schauen wir uns eine Maßnahme kritisch an, die die EU in Verbund mit den USA gegen Russland verhängten. Einen Krieg kann man nur führen, wenn man eine volle Kriegskasse besitzt. Die hat Russland und es war auch richtig, sämtliche russischen Staatsguthaben im Ausland einzufrieren und somit der Kremlführung zu entziehen. Was aber soll der Unsinn, ausgerechnet die Bank von den SWIFT-Sanktionen auszuschließen, die für die Bezahlung der Gaslieferungen benötigt wird. Ihr Autor spricht von der Gazprom-Bank, die nicht von den SWIFT-Sanktionen betroffen ist. Damit füllt der Westen die russische Kriegskasse immer wieder neu auf. Entweder wir machen einen Schnitt und beenden die Gas- und Ölimporte aus Russland trotz der in der vorigen Woche geschilderten Probleme der Energiemärkte, oder wir lassen die Sanktionen weiter mit einem Schlupfloch ins Leere laufen.

Aber auch die anderen Maßnahmen sind nicht so hart, wie sie von den Politikern ausgesprochen wurden und wichtig, sie treffen die russische Führung nicht, dafür umso mehr das russische Volk. Wir werden sicher in den nächsten Wochen noch darauf zurückkommen.

Das geplante 100-Milliarden-Euro-Programm für die Aufrüstung der Bundeswehr klingt doch sehr verwegen, zumindest für deutsche Verhältnisse. Die Probleme beim Vergaberecht und die ineffizienten Strukturen innerhalb des Ministeriums in Bonn und Berlin sind hinlänglich bekannt. Aber keiner geht sie an. Es wird wahrscheinlich Jahre dauern, bis das als „Sondervermögen Bundeswehr“ deklarierte Geld ausgegeben sein wird. Außerdem ist es wohl auch keine Aufrüstung, sondern ein Aufholen bei der Rüstung, die unter den Fehlinvestitionen und Sparzwängen der letzten Jahrzehnte gelitten hat. Und unser Finanzminister hat ja auch schon wieder zurückgerudert, das Geld steht nicht sofort und einer Summe zur Verfügung, sondern über Jahre gestreckt.

Es ist also nicht verwunderlich, dass Rüstungsaktien jetzt voll im Trend sind, ESG-Kriterien hin oder her. Denn diese können jetzt mit vollen Auftragsbüchern planen. Lockheed Martin, Rheinmetall, Hensoldt etc. sind nur einige Beispiele für Anlagen aus diesem Bereich.

Die Inflationsrate im Euro-Raum hat auch im Februar weiter zugelegt. Die Preise stiegen um 5,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal, wie das europäische Statistikamt Eurostat nach einer ersten Schätzung mitteilte. Die Russlandkrise erhöht das Risiko, dass die Preise, vor allem vom Energiebereich angetrieben, weiter steigen und die Wirtschaft zugleich geschwächt wird. Der Ökonom Frederik Ducrozet vom Schweizer Bankhaus Pictet nennt diese Gefahr beim Namen: „Das ist ein Stagflations-Schock von epischem Ausmaß.“ 

Die EZB hatte angesichts der hohen Inflation im Währungsraum zuletzt deutlich signalisiert, die Geldpolitik straffen zu wollen. Auch Zinserhöhungen im laufenden Jahr sind nicht mehr ausgeschlossen. Allerdings sind die Auswirkungen des Krieges für die europäische Wirtschaft noch nicht klar. Wir dürfen gespannt sein, wie die EZB und ihre Chefin in der kommenden Woche entscheiden werden, um aus der selbst gestellten Zinsfalle wieder herauszukommen. Der Druck aus den Euro-Staaten dürfte wohl angesichts der immer weiter steigenden Teuerung hoch sein. Und in Frankreich finden in wenigen Wochen Präsidentschaftswahlen statt, bei der Präsident Macron eine Wiederwahl anstrebt (wir erinnern uns noch an die dortige Gelbwestenbewegung!).

Sollte der Krieg Russlands gegen die Ukraine anhalten, so werden die Wachstumsprognosen deutlich nach unten korrigiert. Fakt ist aber, dass es nicht nur die steigenden Energiepreise sind, die Sorgen machen. Die steigenden Preise für Getreide werden die Inflation weiter anheizen. Die Ukraine (4 Prozent des globalen Weizenmarktes) als ein weltweit wichtiger Getreidelieferant fällt aus, aber auch Russland (10 Prozent) wird die Sanktionen mit Lieferverknappung beantworten und der Markt entsprechend reagieren. 

Auch wenn Russland auf Bitte der Chinesen mit dem Krieg bis nach den olympischen Spielen gewartet hat, so dürfte Peking bereits schon wieder Wege hinter den Kulissen suchen, den Kreml zu einer Beendigung des Krieges zu bewegen. Denn China ging genauso wie Putin davon aus, dass der Krieg, der auch dort nicht Krieg heißen darf, innerhalb von 48 Stunden beendet sein würde. Ein fataler Fehler, der China jetzt um sein Wirtschaftswachstum bangen lässt. Es ist klar, dass die Sanktionen zunächst nicht so schnell, aber später dann doch verstärkt auf die Lieferketten zum einen und auf die Gesamtweltwirtschaft wirken werden. Und das kann die Regierung in Peking überhaupt nicht gebrauchen.

Die Folgen des Krieges am Rande Europas werden uns noch lange beschäftigen. Als Börsianer und Verbraucher aber hauptsächlich auch als Menschen!