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Der Dollar wackelt als Leitwährung – Wird es Zeit für etwas Neues? Teil 4

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Am 04. Juli 2025, dem US-amerikanischen Unabhängigkeitstag, unterzeichnete der Präsident das umstrittene „Big Beautiful Bill Act“ genannte Haushaltsgesetz. Das wird, wie schon festgestellt, eine erneute Schuldenorgie auslösen. Es könnte durch einen weiteren Sargnagel im Bestehen des US-Dollars als Weltleitwährung darstellen, den auch die beste Zinspolitik nicht mehr verhindern kann. Ihr Autor hat einmal nachgeschaut, wie hoch die Schulden der USA sind.

Die Gesamtschulden aller US-Bundesstaaten beliefen sich zum Ende des Fiskaljahres 2024 (30. September 2024| letzte verfügbare Daten) auf 3,02 Billionen US-Dollar, also exakt 3.019 Mrd. US-Dollar. Es handelt es sich hier um Daten des US-Census zum Stichtag 30.09.2024. Sie müssten jetzt weitaus höher liegen, denn obwohl die USA keine öffentlich „Schuldenuhr“ wie in Deutschland besitzen, kommen natürlich dort auch noch die Zinsen dazu, die in den USA aktuell weitaus höher liegen als bei der EZB. Die Schuldenuhr tickt also dort noch schneller. Der Schuldenstand, den die US-Regierung vor sich herschiebt, beträgt dagegen etwa 36 Billionen Dollar, das sind 125 Prozent des BIP.  Übrigens, dazu kommen die auch nicht ganz niedrigen Privatschulden. Die Gesamtschulden der privaten Haushalte in den USA stiegen im ersten Quartal 2025 um 167 Milliarden Dollar gegenüber dem Vorquartal auf einen Rekordwert von 18,20 Billionen Dollar.

Der Anleihemarkt, der als Kreditmarkt für den US-Staat fungiert, zeigt bisher jedenfalls noch keine akuten Warnsignale. Führende Wirtschaftsexperten warnen dennoch vor einem möglichen Bruch. Das muss nicht unbedingt ein Staatbankrott der USA sein, sondern kann sich auch in einer Wachstums- und Investitionsbremse manifestieren. 

Europa wäre gut beraten, jetzt die Initiative zu ergreifen und mehr Verantwortung für die Stabilität des Weltfinanzsystems zu übernehmen. Wie dies gelingen könnte, hat der an der Princeton University lehrende, deutsche Ökonom Markus Brunnermeier vor geraumer Zeit skizziert: Mit „European Safe Bonds“ (ESB) könnten europäische Anleihen aufgelegt werden, ohne dass damit einer – aus verschiedenen Gründen – problematischen Vergemeinschaftung von Schulden der Mitgliedstaaten Vorschub geleistet würde.

In einem ersten Schritt würden dazu emittierte Staatsanleihen verschiedener Euro-Länder gebündelt – beispielsweise entsprechend dem Anteil ihrer Wirtschaftskraft in der Euro-Zone.

In einem folgenden zweiten Schritt würden zwei Tranchen mit unterschiedlichen Ausfallwahrscheinlichkeiten gebildet: Die beispielsweise 70 Prozent umfassende Senior-Tranche sind die „ESBies“ mit vorrangiger Bedienung; die verbleibende Junior-Tranche dient als Sicherheitspuffer; denn nur diese Papiere wären bei Problemen eines Euro-Landes ausfallgefährdet. Entsprechend höher wäre deren Rendite. Die so verbrieften Papiere könnte die EZB am Markt verkaufen und im Gegenzug weitere Staatsanleihen der Mitgliedstaaten erwerben, damit die Bilanzsumme der EZB nicht schnell absinkt.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Die überwiegend von Banken gehaltenen Staatsanleihen wären diversifiziert und die Klumpen-Risiken gemindert. Die Verflechtungen zwischen Banken und Staaten würden gelockert, und der Teufelskreis aus Staatsschulden-und Bankenkrisen würde durchbrochen. Das Ganze ist übrigens nicht neu. Solch eine Option wurde bereits während der Euro-Krise (2010 bis 2012) diskutiert – und verdient es nun, angesichts der aktuellen US-Fiskalpolitik erneut näher geprüft zu werden.

 

Das Ganze hat einen gewissen Charme: Denn jetzt besteht die Möglichkeit, ohne die in einer Reihe von EU-Staaten dezidiert abgelehnte Gemeinschaftshaftung auszukommen. Dennoch würde es politisch einfacher werden, sichere Staatsanleihen der Euro-Gemeinschaft am Markt zu etablieren. Der Euro würde damit einen großen Schritt in Richtung Weltwährung tun.

Da sich Präsidenten wie Trump, oder wie auch Nachfolger heißen mögen, ohne die Stärke des Dollars ihre Eskapaden kaum erlauben könnten, sollte es die Mühen der politischen Eliten des alten Kontinents Europa wert sein, die skeptische Bevölkerung von der Notwendigkeit gemeinsamer Anleihen zu überzeugen. Erinnern wir uns daran zurück, dass die zunächst stark ausgeprägte Skepsis gegenüber dem Euro inzwischen einer hohen Zustimmung zur Gemeinschaftswährung gewichen ist. Selbst in Deutschland sprechen nur noch wenige von der Rückkehr zu alten D-Mark-Zeiten.

Die Frage ist nur, will die deutsche Bundesregierung, die als schärfster Gegner von einer Gemeinschaftshaftung auftritt, ihren Widerstand dazu aufgeben? Nun ja, so schnell konnte man gar nicht folgen, wie rasch der neue Bundeskanzler Friedrich Merz seine frühere äußerst ablehnende Position zur Schuldenbremse geräumt hat. Ebenso rasch sollte er die strikten Vorbehalte seiner Partei gegen solche neuen Formen eines gemeinsamen europäischen Schuldenmanagements überdenken. Denn sicher ist: Nur die konservativen Unionsparteien können die Deutschen von den Vorteilen solch einer unkonventionellen Reform überzeugen.

Noch etwas sollte ein Argument sein: Wer über eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik nachdenkt, der sollte nicht vor gemeinsamen europäischen Schulden zurückschrecken.
Dass der Euro die neue Weltleitwährung sein wird, ist bestimmt nicht kurzfristig in den nächsten Jahren zu erwarten, aber sicher mittel- und langfristig wäre eine solche Alternative durchaus eine Überlegung wert.