Wenn wir uns so in Deutschland umschauen, dann würde eine umfangreiche grüne Wasserstoffproduktion ebenso scheitern, wie in anderen Teilen der Welt. Wir haben hier nicht genügend Sonne und Wind, um die benötigte Energie zur Herstellung dauerhaft zu erzeugen. Es mag zwar im Sommer heiß sein, aber das ist nur auf ein paar Wochen, wenn es hochkommt dann auf ein paar Monate, begrenzt. Und der grüne Strom wird für die verschiedenen Elektroantriebe jeder Art in Industrie, Landwirtschaft, Handwerk und privat benötigt.
Wir müssen uns also im Ausland umschauen, wo wir unsere europäischen Solarparks aufstellen können. Am besten kann der grüne Wasserstoff in Nordafrika produziert werden. Die Frage stellt sich nur, wo?
In Libyen, einem Land, das vom Krieg gezeichnet ist und noch nicht einmal über eine einheitliche Regierung verfügt? Vielleicht Algerien oder Marokko? Möglich, doch auch in Algerien brodelt es. Macht es da Sinn, dieser Region unsere Energieversorgung in die Hände zu legen, nachdem wir uns von Russland mit Hängen und Würgen losgesagt haben? Auch in anderen Ländern der Sahel-Zone ist es zwar heiß, aber eben auch politisch heiß. Jederzeit kann dort irgendwo ein Umsturz geschlossene Verträge in Frage stellen.
Doch wo soll der Wasserstoff dann herkommen? Australien bietet sich an, ein bisschen weit weg. Die Regierung in Canberra hat zumindest eine schlüssige Wasserstoffstrategie erarbeitet. Doch der Transport nach Europa ist lang und teuer. Ob sich das eines Tages lohnen wird?
Das gleiche Problem mit den Kosten hätten wir in Lateinamerika, Afrika und den USA. Wobei im Weißen Haus in den nächsten vier Jahren nicht unbedingt an Subventionen für die Entwicklung des grünen Wasserstoffs als Energieträger gedacht wird. Das könnten dann einzelne Bundestaaten im Süden subventionieren. Allein der Glaube fehlt daran, denn die USA haben genügend Energiereserven im Boden lagern. Und Klimawandel interessiert auch nur, wenn es Profit bringt oder dessen Erwirtschaftung im Wege steht.
Zudem ist der Einsatz des grünen Wasserstoffs zur Dekarbonisierung der Wirtschaft zwar weitestgehend unumstritten, unklarer ist jedoch die Lage bei der Mobilität. Batteriebetriebene Elektroautos haben derzeit die Nase vorn, der Einsatz von Brennstoffzellen, die mit Wasserstoff betankt werden, lohnt sich dagegen derzeit wohl nur im Schwerlastkraftverkehr. Der breite Einsatz im Auto ist weniger sinnvoll, weil die Umwandlung von Sonnen-/Windenergie in Wasserstoff und dann die Rückwandlung in Antriebsenergie mit einem Leistungsverlust und daher mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Warum regenerative Energien umwandeln, wenn man sie auch direkt in eine Batterie einspeisen kann? Die Elektromobilität ist und bleibt in naher Zukunft für Autos noch immer die günstigste Option für einen treibhausgasneutralen Straßenverkehr, so denn auch die Schlussfolgerung des Umweltbundesamts. Nichtsdestotrotz loten die Autohersteller auch den Einsatz von Wasserstoff aus. Das zeigt etwa eine aktuelle Meldung von BMW. Der bayerische Autobauer will 2028 mit der Serienproduktion eines Wasserstoffautos mit Brennstoffzelle beginnen. BMW betrachtet die Wasserstofftechnologie als zweites Standbein neben batterieelektrischen Fahrzeugen, was vernünftig ist. Zumal angesichts knapper Batterierohstoffe und unzureichender E-Ladenetze die Elektromobilität ohnehin tendenziell eher noch eine Randerscheinung ist und bleiben kann, wenn es so schleppend weitergeht.
Bei der Produktion von grünem Wasserstoff denken Wissenschaft, Wirtschaft und Politik schon etwas weiter. Doch das soll sich ändern, grüner Wasserstoff soll schon bald in Massen produziert werden. Die Prognosen darüber schießen gen Himmel. Beobachter und Experten überschlagen sich mit positiven Schätzungen. Bis 2050, so eine Annahme von Deloitte, könnten weltweit 600 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff produziert werden. Das würde, so die Unternehmensberatung, einem globalen Umsatz von 1,4 Billionen Dollar entsprechen. Da lohnt es sich schon, einige Versuche auf dem Gebiet weiterzuführen.
Und einige Unternehmen, die nicht nur Wasserstoff in ihrem Portfolio haben, sind durchaus interessant für Anleger. Als eine Art Basisinvestment in die Wasserstofftechnologie bieten sich unser Depotwert Linde und Air Liquide an. Beide Unternehmen gehören zu den größten Wasserstoffproduzenten und decken die gesamte Wertschöpfungskette der Wasserstofftechnologie ab. Linde etwa hat in Leuna erst vor wenigen Jahren ein Werk in Betrieb genommen, in dem im großen Stil grüner Wasserstoff produziert wird. Mit der Produktionsmenge können zum Beispiel jährlich 600 Brennstoffzellen-Busse versorgt werden. Und Air Liquide, Spezialist für Industriegase, baut in der Normandie die nach eigenen Angaben größte Produktionsanlage der Welt für das CO2-neutrale Gas. In den USA hat die Regierung die Franzosen als Partner bei sechs der sieben „Hydrogen Hubs“ ausgewählt, die die geplante amerikanische Wasserstoffinfrastruktur ausmachen werden. Und das trotz der Unsicherheiten durch die künftige US-Politik.
Auch andere Unternehmen stehen für Anleger zur Auswahl, Bloom Energy, Plug Power aber auch noch kleinere Werte wie Power Cell Sweden und Nel Asa aus Norwegen. Doch Vorsicht ist geboten, so sind die Papiere von Nel Asa nur noch im Pennystock-Bereich zu finden. Und Power Cell Sweden hat auch schon einmal bessere Tage gesehen.