
Einige von uns können sich noch an den Hype der Wasserstoffaktien erinnern und fragen sich jetzt, wann kommen denn die neuen Wasserstoffautos und ja auch als Ersatz für das fossile Erdgas wurde Wasserstoff schon gehandelt. Aber der Hype kam, der Hype ging. Alles wurde auf Elektromobilität gesetzt, wobei sich ziemlich schnell herausstellte, dass die Kunden die neuen Angebote auch nicht annahmen, was aber an Fehlentscheidungen in der Politik lag (Ausbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur, zu hohe Preise für die E-Autos und den dafür benötigten Strom etc.).
Wasserstoff wurde bekanntlich schon in den 1990er-Jahren als neue Antriebsenergie gefeiert. Dann, vor wenigen Jahren, zu Beginn der 2020er, wurden Wasserstoff-Aktien wieder an der Börse gefeiert. Doch beide Male waren nach der Sektlaune der Kater angesagt. In den 1990er-Jahren musste man erkennen, dass Wasserstoff zwar viele Möglichkeiten bietet, aber per se nicht klimaneutral ist und auch technologisch gesehen Probleme mit sich bringt. Und seit 2021 sind die meisten Wasserstoff-Aktien wieder tüchtig unter die Räder gekommen. Kein Wunder, nicht wenige dieser „Wasserstoffraketen“, wie sie in einschlägigen Medien tituliert wurden, sind von Wunschdenken getrieben, verzeichnen kaum Umsätze und erst recht keine Gewinne. Aus den Raketen wurden Rohrkrepierer, und das werden sie wohl auf Dauer auch bleiben wenn sie denn noch existieren.
Wasserstoff abzuschreiben ist wohl verfrüht und entspricht auch nicht den Tatsachen. Denn Wasserstoff bietet durchaus große Chancen, bei der Energieversorgung als Teil des Energiemix und auch an den Börsen. Der Hype ist vorbei, die Spreu hat sich getrennt und die Werte sind zurückgekommen. Das bringt neue Einstiegsmöglichkeiten für die Anleger.
Bevor jetzt wieder alles nach Wasserstoff-Aktien schreit und ein weiterer Hype ausgelöst wird, müssen wir uns als Anleger über etwas im Klaren sein. Wasserstoff wird nicht alle unsere Probleme lösen. Es wird zumindest in den nächsten Jahren oder auch sogar Jahrzehnten nur ein kleiner Bestandteil unseres Energiemixes sein.
Denn einzig grüner Wasserstoff ist klimaneutral und damit für den Verbraucher tragbar, doch dessen Produktion ist laut dem Jahresbericht „Global Hydrogen Review 2023“ der Internationalen Energieagentur (IEA) mit weniger als einer Million Tonnen verschwindend gering. Weltweit werden derzeit rund 100 Millionen Tonnen Wasserstoff hergestellt, und das zu über 80 Prozent mithilfe von fossilen Brennstoffen, was nicht zur ausgerufenen Klimaneutralitätsziel passt.
Schauen wir uns nachstehend zum besseren Verständnis einmal die verschiedenen Wasserstoffarten an. Da sehen wir ein Farbenmuster, das der TÜV Rheinland für uns kurz zusammenfasst:
Der viel gelobte und herbeigesehnte grüne Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt, wobei ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen (wie etwa Sonnen- und Windenergie) zum Einsatz kommt. Unabhängig von der genutzten Elektrolyse-Technologie bleibt die Herstellung von grünem Wasserstoff völlig kohlenstofffrei. Die Produktionsmethode ist somit klimaneutral und am besten geeignet für den Verbrauch.
Grauer Wasserstoff wird aus fossilen Brennstoffen durch Dampfreformierung gewonnen. Das dabei in die Atmosphäre freigesetzte Kohlenstoffdioxid, kurz CO2, trägt zum Treibhauseffekt bei. So entstehen bei der Produktion einer Tonne Wasserstoff etwa zehn Tonnen CO2.
Blauer Wasserstoff entsteht auf die gleiche Weise wie grauer Wasserstoff. Das entstehende CO2 wird jedoch abgetrennt und dauerhaft gespeichert – Carbon Capture and Storage (CCS) nennt sich die verwendete Technologie. Mit ihr gelangt das bei der Dampfreformierung erzeugte CO2 nicht in die Atmosphäre, was die Methode ebenfalls klimaneutral macht. Die Langzeitwirkungen der Speicherung sind noch unbekannt.
Türkiser Wasserstoff wird durch die thermische Spaltung von Methan erzeugt (Methanpyrolyse). Bei diesem Prozess entsteht fester Kohlenstoff. Damit türkiser Wasserstoff klimaneutral ist, muss die dem Hochtemperaturreaktor zugeführte Wärme aus erneuerbaren Energiequellen stammen und der Kohlenstoff dauerhaft gebunden bleiben.
Eines ist bei allen Wasserstofffarben gleich, es kostet zunächst einmal Energie, die aufgebracht werden muss, um die ganzen Prozesse durchzuführen. Natürlich kann man Kohlendioxid bzw. Kohlenstoff dauerhaft lagern. Das Problem ist, wo? Denken wir einmal an die komplizierte Suche nach Lagerstätten für den Atommüll in Deutschland. Jetzt müssten wir auch noch Lagerstäten für die anderen Schadstoffe finden. Ihr Autor denkt, dass unsere Bevölkerung weder für den Atommüll noch für andere Schadstofflager in der Erde bereit ist. Und das wird wahrscheinlich auch noch sehr lange andauern.
Also bleibt uns nur der Einsatz von grünem Wasserstoff, wenn wir die Ziele der verschiedenen Klimakonferenzen, die in den letzen Jahrzehnten stattgefunden haben, erfüllen wollen.
Grünen Wasserstoff herzustellen ist wiederum mit anderen Problemen verbunden, die bisher leider auch nicht gelöst sind und wohl so schnell auch nicht zu lösen sind.