Ohne Rückversicherer würden wir eine riesige Beitragslast bei den Erstversicherern vor uns herschieben. Deshalb sollten wir uns mit der Branche der Rückversicherer näher beschäftigen. Und nicht zuletzt auch deshalb, weil unser Depotwert Munich Re wieder gute Zahlen abgeliefert hat, doch dazu später.
Die Rückversicherungsbranche hat natürlich viel mit dem Klimawandel zu tun. Auch wenn 2023 kein Rekordjahr war, der Trend zeigt dennoch klar nach oben. 250 Milliarden Dollar, so hoch fiel der finanzielle Schaden aus, der im zurückliegenden Jahr durch Naturkatastrophen verursacht wurde. Das sind rund 100 Milliarden Dollar weniger als dem Rekordjahr 2017, aber zugleich 100 Milliarden Dollar mehr als der Durchschnitt von zehn Jahren. Der Grund für den steigenden Trend ist in den Augen der meisten Experten offensichtlich: Weil sich das Klima erwärmt, nehmen die Unwetter weltweit zu. Starkregen, Hagel und Überschwemmungen. Was früher eine Ausnahme war, wird heute mehr und mehr zur traurigen Normalität. Dass 2023 dabei nicht ganz so schlimm ausfiel wie 2017, liegt vor allem an einem extremen Wetterereignis in Nordamerika; damals wüteten dort gleich drei Hurrikans. Sie führten unter dem Strich zur Rekordschadenssumme von über 350 Milliarden Dollar. Doch nur ein Teil der jährlichen Schadenssummen wird letztendlich durch Versicherungen bezahlt. Wir sehen schon daran, dass es bei der Rückversicherung nicht um Bagatellversicherungen geht. Ein Schaden im Hausrat, die immer wieder einmal passieren, zum Beispiel eine auslaufende Waschmaschine und die damit verbundenen Leistungen durch den Erstversicherer, wird wahrscheinlich keinen Vorstandschef ins Schwitzen bringen.
2023 beliefen sich die versicherten Schäden auf rund 95 Milliarden Dollar. Doch auch hier zeigt der Trend nach oben. Im Durchschnitt der zurückliegenden zehn Jahre belaufen sich die versicherten Schäden auf 90 Milliarden Dollar, im Durchschnitt der zurückliegenden fünf Jahre aber schon auf 105 Milliarden Dollar. Das finanzielle Risiko nimmt also für die Versicherungskonzerne zu. Und was machen die mit den Kosten? Richtig, sie legen diese auf die Versicherungskunden um. In Form von steigenden Beiträgen oder im Schlimmsten Fall die Verweigerung von Versicherungen in Hochrisikogebieten, zuletzt erlebt nach der Flutkatastrophe im Ahrtal.
Doch letztendlich bleibt ein hohes Risiko für die Versicherungsunternehmen weiter bestehen, wenn etwa Extremereignisse zu außerordentlichen Schäden führen. Das führt dazu, dass sich auch die Versicherer mehr und mehr versichern. In der Branche spricht man von der Rückversicherung, im besten Versicherungslatein auch Reassekuranz oder Zession genannt. Vorteil der Rückversicherung: Die Versicherungsunternehmen können zumindest einen Teil ihrer finanziellen Aufwendungen im Schadensfall über die Rückversicherer zurückholen. Dadurch mindern sie ihre Risiken. Die Rückversicherer wiederum agieren häufig in einem Verbund. An einem größeren Rückversicherungsvertrag sind in der Regel mehrere Rückversicherer beteiligt. Sie teilen sich die aus den Verträgen mit den Versicherungsunternehmen resultierenden Risiken untereinander auf. Rückversicherer wiederum diversifizieren diese Risiken geografisch und über mehrere Sparten hinweg. Das stabilisiert lokale Versicherungsmärkte und sichert die Zahlungsfähigkeit bei Großschäden. Ohne Rückversicherer wäre der globale Versicherungsmarkt deutlich instabiler, urteilen Experten. Der Staat müsste öfter mit Steuermitteln eingreifen, einzelnen Versicherungsunternehmen könnte im Extremfall in die Insolvenz rutschen.
Und natürlich lassen sich das die Rückversicherer gut bezahlen. Nach Daten des Ratinghauses AM Best und des Rückversicherungsspezialisten Guy Carpenter belief sich das Rückversicherungskapital 2023 auf 461 Milliarden Dollar. Das Rückversicherungskapital gilt als Indikator für die bereitgestellte Rückversicherungskapazität. Es ist sozusagen der große Topf, aus dem die Versicherer im Schadensfall bedient werden können. Diese Summe lag 2022 noch bei 431 Milliarden Dollar, konnte also gesteigert werden und wird wohl auch noch weiter gesteigert werden. Wie viele Kapazitäten bereitgestellt werden, hängt davon ab, ob Ertrag und Prämien für die Rückversicherer stimmen. Wie die Versicherungsunternehmen bei ihren Endkunden die Prämien bereits erhöht haben, so haben auch die Rückversicherer ihrerseits die Prämien für die Versicherer angehoben.
Die Gewinnmargen steigen also. Neue Tarifmodelle sehen eine Kostenübernahme erst ab einer bestimmten Schadenshöhe vor, also eine Art Selbstbehalt, den die Versicherungsgesellschaften tragen.
Zu den weltweit größten Rückversicherer gehören unser Depotwert Münchener Rück und Hannover Rück aus Deutschland, Swiss Re aus der Schweiz, Canadian Life Re aus Kanada – diese Gesellschaft gehört zum Finanzdienstleistungskonzern Great- West Lifeco – und überraschenderweise auch unser Depotwert Berkshire Hathaway aus den USA.
Wie eingangs erwähnt, schauen wir auf die Zahlen von Munich Re und die haben überraschenderweise sehr viel verdient. Nach vorläufigen Zahlen verdiente der Münchner DAX-Konzern unter anderem dank geringer Großschäden und gute Finanzgeschäfte rund 2,1 Milliarden Euro. Das sind fast zwei Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Damit hat der Konzern bereits mehr als 40 Prozent des angepeilten Jahresgewinns von fünf Milliarden Euro erwirtschaftet. Dass Vorstandschef Wenning sein Gewinnziel trotz des starken Jahresstarts nicht anhebt, sollte Anleger kaum überraschen. Der Konzern wartet mit solchen Anpassungen meist bis zum Sommer oder gar bis zum Herbst. Denn Naturkatastrophen und andere Großschäden können Gewinne aus den ersten Quartalen schnell wieder aufzehren. Besser es passiert nichts, das ist gut für die immer betroffenen Menschen und für uns als Aktionäre. Ansonsten gilt der Slogan: besser rückversichert!