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Der Blick über die Märkte: die PIGS speziell am Beispiel Spaniens Teil 3

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Gibt es schon ein deutsches Silicon Valley? Ihr Autor würde sagen nein, nicht einmal in der Entwicklung gibt es hierzulande so etwas. In Spanien dagegen schon und das heißt Aragonien. Neben der Energieerzeugung ist Aragonien vor allem auch wegen seiner geografischen Lage interessant. Als nördliche Region in Spanien sind die Wege nach Frankreich und Deutschland relativ kurz. Die Region ist zudem gut an das europäische Straßensystem angebunden. Unter diesem Aspekt hat Aragonien vor den anderen Regionen in Spanien, die sich bei der Erzeugung von regenerativen Energien hervortun, einen strategischen Vorteil. Einige Beobachter bezeichnen Aragonien auch schon als „europäisches Silicon Valley“, da sich hier immer mehr Industrie- und Technologiefirmen niederlassen. Sowohl Amazon als auch Microsoft haben sich für Aragonien als Rechenzentrums-Hub für Südeuropa entschieden. Im vergangenen Mai kündigte etwa Amazons Cloud-Computing-Sparte AWS an, bis 2033 rund 16 Milliarden Euro in Rechenzentren in Aragonien zu investieren. Aragonien soll zu einem Drehkreuz für internationale Rechenzentren werden, große Gruppen von vernetzten Computerservern, die für große Unternehmen, die auf digitale Daten angewiesen sind, unerlässlich sind, da sie für die Fernspeicherung, -verarbeitung oder -verteilung großer Datenmengen verwendet werden.

Ein weiterer Standortvorteil für die Unternehmen ist der Grüne Wasserstoff. Der hohe Anteil regenerativer Energien am spanischen Strom-Mix, der noch weiter ausgebaut werden soll, macht Spanien für die Herstellung von „grünem Wasserstoff“ interessant, der keine schädlichen Treibhausgase freisetzt (wir haben in der Vergangenheit über die verschiedenen Methoden der Wasserstoffgewinnung bereits ausführlich gesprochen). In der spanischen Provinz Kastilien steht südlich von Madrid bereits Europas größte Produktionsanlage für grünen Wasserstoff. Für rund 10 Milliarden Euro entstehen derzeit zwei weitere Zentren in La Coruña in Galizien und in der Bucht von Algeciras. Als Zielmarke hat die Regierung eine Elektrolyseleistung von 12 Gigawatt bis zum Jahr 2030 in ihren nationalen Energie- und Klimaplänen festgeschrieben. Der grüne Wasserstoff wird derzeit noch per Schiff transportiert, soll aber künftig über Pipelines in andere europäische Länder gelangen. Zentral ist hier das „H2med-Projekt“, eine länderübergreifende Initiative, um die Wasserstoffnetze der Iberischen mit Nordwesteuropa zu verbinden. Damit soll Europa bis 2030 mit grünem Wasserstoff zu tragbaren Preisen versorgt werden. Die Initiative wurde von Frankreich, Spanien und Portugal mit starker Unterstützung Deutschlands ins Leben gerufen und wird von den Fernleitungsnetzbetreibern dieser Länder gefördert. Das würde uns eine gewisse Unabhängigkeit von Erdgas und anderen fossilen Rohstoffen und vielleicht auch von Kernkraft bescheren. Warten wir es ab, wie weit die Entwicklung in fünf Jahren fortgeschritten ist.

Kommen wir zurück zu den Reformen, denn klimafreundliche und günstige Energie ist nicht alles, was in Spanien das Wachstum angekurbelt hat. Reformen haben dazu beigetragen, dass die Wirtschaft in Spanien in den zurückliegenden Jahren an Flexibilität gewonnen hat. Hier hat maßgeblich der Reformdruck aus Brüssel geholfen. Vor allem die Reformen des Arbeitsmarkts und des Finanzsystems könnten der Wirtschaft geholfen haben, wieder auf die Beine zu kommen.

Anlass für die Reformen war die Finanzkrise, die im Jahr 2007 begann. In der Folge kletterte die Arbeitslosenquote auf mehr als 25 Prozent, und Finanzinstitute mussten mithilfe staatlicher Gelder gerettet werden. So kam es unter anderem zu einer Reform des Arbeitsrechts, die vor allem eine flexiblere Gestaltung der Beschäftigungsverhältnisse zum Ziel hatte. So wurde die Möglichkeit geschaffen, tarifliche Abschlüsse temporär zu umgehen. Das hat auch die Arbeitslosenquote nach unten gedrückt, aktuell liegt sie bei rund 10 Prozent. Ja, das ist immer noch zu hoch, aber die Integration vor 15 Prozent der Menschen ohne Beschäftigung zurück in den Arbeitsmarkt ist schon eine sehr anspruchsvolle Leistung. Zumal Spanien ja augenscheinlich kein demografisches Problem aufweist und der Zustrom und die Integration von Menschen aus Lateinamerika ebenfalls eine Herausforderung darstellt.

Allerdings wird die Reform von einigen Experten kritisch gesehen. Denn die Flexibilisierung hat auch zu einem Anstieg etwa von Zeitverträgen geführt. Bei einem durchaus möglichen Wirtschaftsabschwung kann das die Arbeitslosenquote wieder schnell ansteigen lassen. Gerade der wichtige Tourismusbereich bietet häufig nur saisonale Beschäftigungsverhältnisse an. Wer so arbeiten muss, so Beobachter, schränkt seinen Konsum vielleicht ein. Das trägt nicht unbedingt zu einem stetigen Wirtschaftswachstum bei. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die unter anderem auf ein nicht so dual praxisorientiert ausgerichtetes Bildungssystem wie in Deutschland zurückzuführen ist. Es gibt also trotz großer Fortschritte noch viel zu tun.

Von „Eviva España“ können wir also nicht unbedingt in jedem Fall sprechen. Denn die Probleme bleiben für die spanischen Regierungen also weiter bestehen. 

Im letzten Teil werden wir einige Aktien vorstellen, die uns aussichtsreich erscheinen, um uns am gegenwärtigen spanischen Aufschwung teilhaben zu lassen.