
Wir können ja die Enttäuschung des Landes Sachsen-Anhalts nachvollziehen, dass Intel aus Geldmangel die Investitionen in eine neue Chipfabrik in diesem Bundesland um einige Jahre verschiebt. Einige gut informierte Experten sagen, in zwei Jahren wird da auch nichts passieren, die Messen sind gelesen, da kommt nichts mehr. So ist es verständlich, wenn der Bundeswirtschaftsminister die zehn Milliarden Euro an Subventionen zur Haushaltkonsolidierung zurückführen will. Aber der nicht so gut informierte Bürger fragt sich schon, warum ein milliardenschwerer Konzern kein Geld mehr hat. Zwar zahlt kein Unternehmen die Bausumme von 30 Milliarden Euro aus der Portokasse, zugegeben, doch Geld war für Intel bislang kein Problem. Die Betonung liegt auf bislang. Denn in den zurückliegenden Monaten musste Intel sehr herbe Einschläge ins Kontor verzeichnen. Umsatz und Gewinn gingen zurück. Zudem wurde bekannt gegeben, dass bis zu 15.000 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Fakt ist, dass es unter solchen Voraussetzung schwer erklärbar ist, wenn die Konzernführung den eigenen Leuten erklären muss, dass in einem Hochlohnland wie Deutschland ein neues Werk mit der gleichen Produktion wie in den anderen Werken in den USA hochgezogen werden soll.
Die Zahlen und Ankündigungen verwundern auf den ersten Blick, profitierte Intel doch bisher von der stark steigenden Nachfrage nach Halbleitern aller Art. Schließlich sind die kleinen Bauteile in nahezu jedem elektronischen Gerät in großen Mengen verarbeitet. Und Trends wie Big Data und Künstliche Intelligenz erfordern immer mehr und leistungsfähigere Chips. Da stutzt man schon, wie kann es da überhaupt zu düsteren Prognosen kommen? Die Antwort liegt auf der Hand, andere Halbleiterhersteller wie unser Clubfondswert NVIDIA haben Intel den Rang abgelaufen. Schon länger ist in der Szene bekannt, dass Intel-Halbleiter nicht das Nonplusultra sind. Kunden sind abgewandert, Intel hat zu spät reagiert. Aus dem einstigen Klassenprimus wurde sozusagen ein „Nachsitzer“, der nun sogar in den Fokus von Übernahmespekulationen rückt. Die Konkurrenz in Gestalt von Qualcomm ist wohl interessiert an einer Übernahme. Qualcomm ist vor allem stark im Bereich mobiler Chips, also von Bauteilen für Tablets und Smartphones.
Die Frage ist, was will ein modernes Unternehmen, mit dem alternden Riesen aus längst vergangener Zeit? Mit der Übernahme würde Qualcomm vor allem Zugriff auf die Fertigungsanlagen von Intel erhalten, die zwar nicht mehr ganz so modern sind, aber immer noch große Kapazitäten aufweisen. Damit könnte Qualcomm seine Stellung am Markt quasi über Nacht um zehn Prozent ausbauen, zumindest ist das der aktuelle Anteil von Intel am weltweiten Halbleitermarkt. Natürlich müssen wir im Fall einer Übernahme die Kosten derselben dagegen stellen und ganz ohne Investitionen wird es wohl auch nicht gehen. Zumindest sollten Anleger diese durchaus mögliche Übernahme im Blickfeld haben.
Fakt ist, der Problembär Intel ist kein Einzelfall in der Halbleiterbranche. Gleich mehrere Unternehmen, darunter auch „Hidden Champions“ aus der Chipbranche haben zu kämpfen. So auch AMS Osram. Die Österreicher galten bislang als Crème de la Crème, als Technologieführer im Bereich der Sensor-Chips. Das sind kleine Bauteile, die Signale aus der analogen in die digitale Welt übertragen. Wenn sich der Smartphone-Bildschirm beim Telefonieren abdunkelt, sobald das Gerät ans Ohr gehalten wird, steckt dahinter häufig ein Sensor aus Österreich. Nun ist aber ein Großkunde, nämlich Apple, abgesprungen und hat AMS Osram zu einem Umdenken gezwungen. Das Unternehmen hatte zuvor zahlreiche Ressourcen in die Errichtung einer Fabrik im malaysischen Kulim sowie in Forschung und Entwicklung einer MicroLED-Strategie investiert. Mit MicroLEDs können extrem hochauflösende Displays hergestellt werden, die mehrere Meter im Durchmesser groß sein können.
Wir sehen also, der Halbleitermarkt ist tiefgreifenden Veränderungen ausgesetzt. Dass ist aber auch nicht neu, denn es hat sich schon seit Längerem abgezeichnet, auch an der Börse.
Mit einer Urgewalt ist NVIDIA in den zurückliegenden Jahren an Intel vorbeigezogen. Ab 2020 wurde die Kluft zwischen Primus und Nachsitzern immer deutlicher. Während Intel an der Börse bestenfalls seitwärts läuft, wenn man mal beide Augen zudrückt, hat das NVIDIA-Papier über 2.000 Prozent zugelegt. Und jetzt achselzuckend sagen, bei NVIDIA läuft es halt besser, dürfte auch nicht richtig sein. Unser führender Clubfondswert NVIDIA ist vor allem bei Grafikprozessoren stark aufgestellt und hat hier eine ganze Reihe an sehr leistungsstarken Produkten zu bieten. Die kommen überall da zum Einsatz, wo es auf dem Display etwas zu sehen und zu bewegen gibt. Videospiele sind da nur eine Facette. Grafikprozessoren kommen auch verstärkt bei der Künstlichen Intelligenz zum Einsatz, da sie besonders effizient bei der Durchführung von Berechnungen mit großen Datensätzen sind. Auch Intel hat in diesem Bereich etwas zu bieten, doch im direkten Vergleich schneiden die NVIDIA-Produkte besser ab. Trotzdem würde NVIDIA nie auf die Idee kommen Intel zu übernehmen, das passt einfach nicht.
Fakt ist, der Halbleitermarkt wächst rasant. Allein 2023 wurden über 500 Milliarden Dollar weltweit mit Halbleitern umgesetzt. Im laufenden Jahr sollen es schon über 600 Milliarden Dollar sein. Damit ist die Branche einer der wachstumsstärksten Wirtschaftssektoren schlechthin. Zur Nachfrage trägt auch die E-Mobilität bei. Schon heute werden im Schnitt über 900 Halbleiter in einem E-Auto verbaut, mehr als doppelt so viel wie in einem Verbrenner. Und es werden noch mehr. Autonomes Fahren und die Kommunikation zwischen den Autos machen weitere Halbleiter notwendig. Der Halbleitermarkt bleibt also für Anleger interessant.