Das G7-Treffen, der Protektionismus und die Konjunktur
Das G7-Treffen der führenden Industrienationen (USA, Kanada, Japan, Deutschland, Frankreich Großbritannien, Italien) endete mit einem politischen Eklat: Präsident Donald Trump zog seine Unterschrift unter der gemeinsamen Abschlusserklärung per Twitter zurück, während er bereits auf dem Weg nach Singapur war, um dort einen weiteren durchaus international beachtenswerten Deal mit Nordkoreas Führer Kim Jong Un abzuschließen.
Betrachtung des G7-Treffen
Ob das nächste Treffen bei Präsident Emmanuel Macron überhaupt noch in diesem Format stattfinden wird, steht in den Sternen. Ok, wenn wir uns die restlichen sechs führenden Industrienationen so anschauen, dann haben wir eh arge Zweifel, ob Italiens seit Jahren schuldengeplagte Volkswirtschaft im Rückwärtsgang, Großbritanniens schon jetzt unter dem Brexit leidende Wirtschaft und Japans seit Jahren unter deflationären Tendenzen ächzende Industrie überhaupt noch zu den führenden Industrienationen der Welt gehören. Wo sind die wirklichen Player der Zukunft in diesem Verein – China, Indien und Russland? Sind solche persönlichen Treffen in einer digitalisierten Welt außerdem überhaupt noch notwendig, oder lässt sich so eine Runde nicht besser kostensparend und umweltschonend in einer Videokonferenz organisieren?
Wir stehen vor einem Handelskrieg
Die EU, die auch irgendwie mit am Tisch der G7 saß, hat Strafzölle gegen die USA beschlossen und wird diese voraussichtlich ab dem 1.7.2018 einführen. Kanada und Mexiko werden analog reagieren und China auch – so viel ist zumindest bis heute klar.
Seit dem 1.6.2018 sind die Strafzölle auf Stahl und Aluminium in Kraft, aber verschiedene amerikanische Kunden haben schon verlauten lassen, dass sie dennoch wohl weiter Stahl aus Deutschland importieren werden wegen der höheren Qualität der Produkte.
Die USA wiederum haben weitere Sanktionen angekündigt, u. a. gegen deutsche Autos. Das wäre ein schwerwiegender Schlag gegen die deutsche Konjunktur.
Wie sind die Aussichten für Deutschlands Konjunktur?
Wir haben in Deutschland bisher lange Zeit über den Wolken geschwebt. Diese Zeiten des Wachstums gehen jedoch nun langsam zu Ende. Wahrscheinlich werden sie durch den Protektionismus weltweit (USA, EU, China, politisch begründete Sanktionen gegen Russland) noch schneller beendet sein, als uns lieb ist.
In den letzten Tagen bekamen wir einige enttäuschende Daten zur Entwicklung der deutschen Konjunktur geliefert. Der Anstieg der Auftragseingänge für die deutsche Industrie, das Plus bei der Entwicklung der deutschen Exporte und die Zunahme der Industrieproduktion fielen schwächer aus als erwartet. Der ifo-Geschäftsklimaindex, der auf einer monatlichen Beurteilung der aktuellen Geschäftslage und der zukünftigen Erwartungen von ca. 9000 deutschen Unternehmen beruht, fand dabei besondere Beachtung bei den Ökonomen. Der fünfte Rückgang in Folge wird von vielen Experten als Zeichen einer baldigen konjunkturellen Abkühlung gesehen.
Fehlende Fachkräfte
Eine andere nicht von der geopolitischen Lage und auch nicht von US-Präsident Trump verursachte Misere in Deutschland ist der Fachkräftemangel, der immer mehr auf die Wirtschaft und damit auch auf die Konjunktur durchschlägt.
Eine Frage des ifo-Instituts für den Index befasst sich auch mit den geplanten Neueinstellungen. Trotz guter Auftragslage werden weniger Beschäftigte eingestellt werden, denn es wird zunehmend schwieriger, geeignete Arbeitskräfte für die hohe Zahl an offenen Stellen zu finden. Auch die Bundesbank hat in ihrem Monatsbericht für April festgesellt, dass sich das Verhältnis von offenen Stellen zu Arbeitslosen mit 600 zu 1000 derzeit auf dem höchsten Stand der vergangenen 20 Jahre befindet.
Die Maßnahmen vonseiten der Politik (Qualifizierung, erleichterter Zugang ausländischer Fachkräfte, Reformierung des deutschen Bildungssystems etc.) kommen, wenn sie denn wirklich kommen, leider wieder zu spät.
Konjunkturschwäche oder nur eine kurzfristige Bremsspur?
Das protektionistische Säbelrasseln der vergangenen Monate und auch die Drohgebärden aus den USA (Atomabkommen mit dem Iran) haben dazu beigetragen, dass das eine oder andere Unternehmen eine geplante Investition verschoben oder sogar einen bereits erteilten Auftrag storniert hat.
Aber von einer Konjunkturschwäche würden wir trotzdem nicht sprechen. Dazu ist das deutsche Wirtschaftswachstum nach wie vor zu robust. Angesichts der noch immer ungewohnt rasanten Geschwindigkeit der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland ist eine kurzfristig angelegte Tempodrosselung noch lange keine Vollbremsung. Vielleicht erweist sich die leichte Bremsung auch als hilfreich, z. B. für den Ausbau eingeschränkter Kapazitäten, um danach wieder mit mehr Power durchzustarten.
Fazit
Für den Aktienmarkt sind die politischen Ereignisse um den um sich greifenden Protektionismus aktuell noch nicht so relevant. Aber wenn das Weiße Haus die nächste Stufe im Handelskrieg zündet und die deutsche Automobilindustrie sanktioniert, wird es Zeit, sich als Kleinanleger etwas zurückzunehmen. Eine Fondslösung bei der Anlage wird dann immer wichtiger, um das Risiko durch das Fondsmanagement weiter zu streuen, als es ein Kleinanleger mit seinen Einzelwerten je tun kann.