Ein Kommentar von Torsten Arends, Geschäftsführer NDAC-Anlegerclub
Der 24. Februar 2022 war ein Wendepunkt in der neueren Geschichte. Der Überfall der russischen Armee auf die benachbarte Ukraine rief eine Zeitenwende in der Welt hervor. Ursprünglich von der russischen Führung auf 48 Stunden, höchstens 72 Stunden geplant, werden wir bald den ersten Jahrestag dieses brutalen Krieges erleben. Putin und seine Kremlstrategen hatten den Freiheitswillen des ukrainischen Volkes und die Solidarität sowie die Geschlossenheit der westlichen Staatengemeinschaft sträflich unterschätzt. Geheimdienstberichten zufolge hat Putin den Angriff auf das ehemalige Brudervolk dreimal verschoben. Wahrscheinlich schwante ihm damals schon, dass die ursprünglich kleine Spezialoperation zu einem langwierigen Krieg ausarten würde. Die Wirtschaft Russlands ist nicht auf den Krieg vorbereitet gewesen. Und die Armee und ihre Bewaffnung waren ebenfalls nicht für einen so langen Krieg ausgelegt. Die Völker der Ukraine und Russland werden weiter einen hohen Blutzoll bezahlen für den Größenwahnsinn eines ideologisch verblendeten Autokraten und all seiner Strippenzieher im Kreml.
Die neu ins Amt gekommene Bundesregierung versuchte natürlich die Kriegsgefahr zu bannen, aber auch mit Hilfe anderer internationaler Politiker waren die diplomatischen Bemühungen leider nicht von Erfolg gekrönt.
Also versuchte der Westen das zu tun, was er immer als Strafmaßnahmen tut. Er beschloss, Sanktionen zu verhängen. Schließlich bezahlt der Westen durch seine Rohstoffimporte den Krieg der Russen. Nur stellten speziell die Regierenden in Deutschland ganz schnell fest, dass wir gar nicht in der Lage sind, ohne Gas, Erdöl, seltene Erden etc. aus Russland wirtschaftlich zu überleben. Deutschland hatte sich sehenden Auges in die Putin`sche Falle der Abhängigkeit begeben. Das, was jeder Volkswirt im Studium lernt, die Streuung auf verschiedene Anbieter zu erreichen, wurde sträflich vernachlässigt. Die Eurozeichen des billigen Rohstoffimports aus Russland vernebelten allerdings auch den Unternehmenslenkern das klare Denken. Und die Wirtschaftsminister der verschiedenen Merkel-Regierungen hatten nicht den notwendigen ökonomischen Sachverstand auf diesem Gebiet.
Also begaben sich Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck auf Reisen. Um die Industrie und die Bevölkerung vor einem Blackout bei der Gasversorgung zu bewahren, sprachen sie mit vielen internationalen Entscheidern über teure Flüssiggaslieferungen. Nur haben wir schon damals in unserem Kommentar dazu festgestellt, dass Erdgas auf lange Sicht bereits geordert und der Markt aufgeteilt ist. Jeder zusätzliche Kubikmeter kostet die deutsche Wirtschaft und die Verbraucher sehr viel Geld. Jetzt könnten einige einwerfen, was ist denn mit DEA Wintershall geschehen, daran ist unser ehemaliger Depotwert BASF neben russischen Partnern doch beteiligt? Aber die BASF bekommt kein Gas mehr aus Russland (das sind übrigens sehr komplexe und komplizierte Beteiligungsverträge, die BASF schon von vornherein benachteiligt haben) und darf wohl auch ihre Beteiligung abschreiben, immerhin rund eine Milliarde Euro in diesem Jahr.
In diesem Jahr haben wir wahrscheinliche keine Gasmangellage zu befürchten, aber aufgrund der langfristigen Erdgasverträge im internationalen Geschäft sehen Experten im nächsten Jahr schwere Probleme. Leider verstromten wir kostbares Gas auch noch zur Sicherung der Stromversorgung, weil die französischen Atomkraftwerke in diesem Jahr zu rund 50 Prozent nicht mehr funktionierten.
Kein Wunder, dass die Grünen in der Regierung die Entscheidung des Bundeskanzlers zum zeitlich begrenzten Weiterbetrieb der drei verbliebenen AKW`s mit der geballten Faust in der Tasche aufgenommen haben. Wir dürfen aber davon ausgehen, dass die AKW`s eventuell am Netz bleiben müssen, auch gegen den Widerstand des grünen Partners.
Von 5.000 Helmen für die Ukraine sind wir nach einer längeren Phase des Zögerns zur Lieferung schweren Gerätes ins Kriegsgebiet übergegangen. Wir wissen nicht, ob die Ukraine den Kampfpanzer Puma auf dem Wunschzettel schreiben wollte. Es ist wirklich gut, dass der Puma nicht zum Einsatz kommt. Denn bei einem Test für den Ernstfall an der Ostgrenze der NATO wurde ein sagenhaftes Ergebnis erzielt. Das Rheinmetallerzeugnis versagte in 18 von 18 Fällen, bedeutet eine Ausfallquote von 100 Prozent. Wir vernichten uns damit selbst im Ernstfall. Hoffen wir zugunsten des Steuerzahlers, dass die Gewährleistung für den Panzer noch nicht abgelaufen ist. Kein Wunder, dass der Kurs der Aktie auf unter 177 Euro absackte (Jahreshöchstkurs 227,90 Euro).