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Börsenwissen: Zölle Teil 2

Ein Kommentar von Carsten Witt, stellv. Geschäftsführer des NDAC Anlegerclubs

Den einzigen Ausweg, das Haushaltsdefizit etwas zu verringern, sehen die beiden Protagonisten Trump und Lightizer in der Verhängung von Strafzöllen. Und sie werden dabei teilweise von bekannten Börsianern unterstützt. Sie plädieren für Maßnahmen, um das Handelsdefizit der USA zu reduzieren. Der Gründer unseres Depotwertes Berkshire Hathaway Warren Buffett schlägt etwa vor, dass alle Länder oder Unternehmen, die in die USA exportieren wollen, im Gegenzug Handelszertifikate erwerben müssen, die sie aber nur bekommen, wenn sie auch entsprechende Einfuhren aus den USA vorweisen können – nach dem Motto „geben und nehmen.“ Diskutiert wird zudem auch eine „Marktzugangsgebühr“, quasi ein „Eintrittsgeld“, dessen Einnahmen in den Vermögenshaushalt eines Landes fließen.

Nun hat sich die Situation in den zurückliegenden Jahren nochmals zugespitzt. Unter dem Strich kaufen die Amerikaner mehr Waren aus dem Ausland, als sie selbst dort verkaufen. Allein 2023 belief sich das daraus resultierende Minus auf 1,15 Billionen Dollar. Ähnlich viel könnten es auch 2024 gewesen sein. Das Defizit ufert aus, sagen Kritiker, und gefährdet damit die Stabilität nicht nur der USA, sondern der gesamten Weltwirtschaft. Ein Umstand, an dem auch Donald Trump während seiner ersten Regierungszeit von 2017 bis 2021 wenig ändern konnte. Trotz Handelszöllen und der Neuverhandlungen von Handelsverträgen zugunsten der USA wie dem NAFTA (heute USMCA) hat sich am Ende wenig getan. Das Defizit bleibt konstant hoch und es wird weiter ansteigen.

Dabei stellt sich die Frage, ist es wirklich so schlimm, wenn ein Handelsdefizit konstant hoch bleibt? Die Experten sind sich darüber auch nicht einig. Einerseits kann ein anhaltendes Handelsdefizit das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) eines Landes beeinträchtigen, da es eine Verlagerung der Nachfrage von der inländischen Wirtschaft an ausländische Produzenten bedeutet. Das ist in den USA zum Teil auch der Fall, wie der Niedergang der klassischen US-Industrie im sogenannten „Rust Belt“ zeigt, einer Region, die sich von Chicago über Detroit bis nach New York erstreckt und wo Trump bekanntlich seine treuesten Wähler findet. Andererseits waren die USA bisher fit genug, diesen Niedergang mehr als auszugleichen, etwa durch den Aufstieg der Computer- und Internetbranche, die vorzugsweise an der Westküste des Landes, in Kalifornien und im Bundesstaat Washington, angesiedelt ist. Sie hat erheblich dazu beigetragen, dass die USA in Sachen Bruttoinlandsprodukt nicht nur stetig wachsen, sondern bislang auch ihren Rang als größte Volkswirtschaft der Erde erfolgreich verteidigen konnten. Dementsprechend fordern einige Experten eine Stärkung „der Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Exportindustrie“ statt Handelszölle. 

Ein Abbau des Defizits erfordert allerdings Zeit und Geduld, die Trump scheinbar nicht hat. Er verbindet mit dem amerikanischen Handelsdefizit in erster Linie den Verlust von Industriejobs, die er schnell und ohne Rücksicht auf Verluste zurück ins Land holen will. Das Zeitproblem ist wahrscheinlich das wichtigste für Trump (Alter, keine Wiederwahl mehr möglich, möglicher Verlust der Mehrheit im Kongress nach zwei Jahren etc.).

Trump fordert eine Reindustrialisierung der USA, jenseits von Computer und Internet. Die klassischen Industrien – Autos, Flugzeuge, Stahl und Bau – sollen wiederauferstehen. Um das zu erreichen, setzt er auf Handelszölle. Die Zölle sollen die ausländischen Produkte deutlich verteuern und damit die inländische Industrie stärken. Nur in den klassischen Industrien hat die USA entweder in der Qualität verloren (bestes Beispiel ist hier Boeing) oder aber der Preis ist zu hoch (bspw. Stahl und Bau) oder die Produkte entsprechen nicht mehr dem internationalen Standard (mit Ausnahme Tesla, Autos = teure Spritfresser). 

Über die Handelszölle sollen am Ende auch die Staatsschulden reduziert werden, die ebenfalls eine Folge des Handelsdefizits sind. Denn um dieses zu finanzieren, haben die USA Schulden aufgenommen. Diese belaufen sich aktuell auf etwa exorbitante 35 Billionen Dollar und übertreffen damit das jährliche US-Bruttoinlandsprodukt von derzeit etwa 27 Billionen Dollar. Die USA haben in absoluter Höhe die höchste Staatsverschuldung weltweit. Zum Vergleich: Die Staatsverschuldung der Europäischen Union betrug im Jahr 2023 rund 14 Billionen Dollar. Dies entspricht einer Schuldenquote von rund 84 Prozent. Die Schuldenquote der USA belief sich für das Jahr 2023 auf mehr als 120 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Vor diesem Hintergrund wird der Wunsch der neuen US-Regierung nach Ausgleich verständlich. Strittig ist dabei wirklich, ob Handelszölle dabei der richtige Weg sind oder am Ende zu einem Einbruch der Weltkonjunktur führen, unter der auch die US-Wirtschaft leiden würde. Eine Gefahr, die durchaus relevant ist, wie historische Beispiele (Ausbruch der Weltwirtschaftskrise in den 30iger Jahren des vorigen Jahrhunderts) zeigen.

Möglicherweise wird es dieses Mal vielleicht nicht so schlimm kommen. Aber Fakt ist auch, die Europäische Union etwa betont zwar immer wieder die Bedeutung des Freihandels, nutzt gleichzeitig aber auch sehr wohl Handelszölle dazu, ihren Markt zu schützen.