Jedes Mal, wenn es ernst wird in Politik und meistens in der Wirtschaft, setzen Anleger auf bestimmte Wertpapiere. Denn auch vor den Zahlen eines Unternehmens positionieren sich Anleger und stellen Vermutungen an wie die Zahlen wohl sein werden. Sollen sie die Papiere halten, sollen sie gar noch aufstocken, weil sie gute Zahlen vermuten oder eben nicht. Oder sollen sie sogar verkaufen, weil sie umgekehrt der Zukunft ihres Unternehmens nicht mehr so richtig trauen. Und dann sind alle wieder überrascht oder geschockt über die realen Zahlen, je nachdem.
Etwas Sicherheit geben Stop-loss Marken, die Anleger festlegen. Warum das auch nicht das nicht Gelbe vom Ei ist, erfahren Sie weiter unten.
Stop-Loss-Orders sind Verkaufsorders, die erst ausgeführt werden, wenn eine bestimmte Bedingung erfüllt ist. Diese Bedingung beim Broker lautet: „Verkaufe das Wertpapier, sobald die von mir eingegebene Stop-Loss-Marke erreicht oder unterschritten ist.“ Die Stop-Loss-Marke definiert also der Anleger selbst. Sie soll 10 bis 30 Prozent unterhalb des aktuellen Börsenkurses liegen, so lautet eine gängige Empfehlung. Solange der Aktienkurs steigt, seitwärts tendiert oder allenfalls leicht sinkt, passiert nichts. Nur bei starken Kursverlusten wird die betreffende Aktie verkauft. Als Eingabe erlaubt ist ein fester Kurs in die Maske, beispielsweise 85 Euro bei einem aktuellen Aktienkurs von 100 Euro. Möglich ist oft aber auch eine Prozentzahl, also Verkauf bei 15 Prozent Kursverlust, was in diesem Beispiel auf dasselbe hinausläuft.
Nun gehen Anleger davon aus, dass der Verlust ihrer Papiere begrenzt ist. Egal, ob der Kurs um 20, 30 oder noch mehr Prozent fällt.
Bei klassischen Stop-Loss-Orders muss die eingegebene Verkaufsschwelle von Zeit zu Zeit an das gestiegene Kursniveau angepasst werden. Die Alternative lautet Trailing-Stop-Loss-Order. Da kümmert sich die Depot-Bank beziehungsweise Börse automatisch um eine Anpassung an gestiegene Kurse.
Gedacht sind beide Formen von Stop-Loss-Orders als Absicherung: Fallen die Märkte, soll ein rechtzeitiger Verkauf verhindern, dass die Aktie noch weitere Verluste erleidet.
Aber leider funktioniert das in der Praxis häufig nicht – und Schuld ist nicht die Bank oder der Broker, sondern ein weit verbreitetes Missverständnis unter Anlegern. Denn es passiert häufig, dass Anleger erschüttert mit Blick auf ihrer Verkaufsabrechnung feststellen, dass ihre Aktien weit unter dem angegeben Stop-Loss-Level verkauft wurden.
Woran liegt das? Das fragen sich nun die Anleger. Viele wollen gleich die Bafin oder zumindest doch erst einmal den Ombudsmann des Kreditinstituts einschalten, weil sie einen Fehler vermuten. Beide, aber auch die Banken, werden die verunsicherten Anleger über ihren Irrtum aufklären: Der eingegebene Stop-Loss-Kurs definiert lediglich, wann eine Verkaufsorder ausgelöst wird: just dann, wenn der Börsenkurs der betreffenden Aktie erreicht oder unterschritten wird. Der Stop-Loss-Kurs ist aber keine Preisuntergrenze. Verkauft wird ganz einfach zur nächsten festgestellten Kursnotierung an der Börse. Ab dem Auslösezeitpunkt verwandelt sich die schwebende Stop-Loss-Order in eine ganz normale Verkaufs-Order mit dem Orderzusatz „Bestens“. Der Verkaufskurs kann bei kurzfristigen Crashs schon weit darunter liegen. Wenn wir unser Beispiel von oben noch einmal hernehmen, dann bedeuten die 85 Euro, dass bei diesem Kurs eine Verkaufsorder ausgelöst wird. Der Wert der Aktie ist aber noch nicht am Markt bestimmt und wird je nachdem, zu welchem Preis Käufer bereit sind die Aktie zu kaufen. Das könnte in unserem Beispiel 83 Euro aber auch noch weiter darunterliegend sein.
Noch ein zweites Problem haben Stop-Loss Orders: Sie fragen bei Kursstürzen nicht nach dem Warum. Sie verkaufen allein aufgrund der gefallenen Kurse. Fallen Aktienkurse aber lediglich aufgrund einer allgemeinen Marktschwäche, sollten Anleger nicht verkaufen. Die Wahrscheinlichkeit ist extrem groß, dass sie sich wieder erholen. Das ist jüngst auch binnen kürzester Zeit geschehen. Ganz schnell geht es bspw. auch nach dem Zahltag der Dividende, an welchen der Wert des Papiers um einige Prozent sinkt
Ein Ratschlag von ihrem Autor: Anleger sollten überhaupt keine Stopp-Loss-Grenze in den Eingabemasken festlegen. Es ist auf jeden Fall besser, nur mentale Stopp-Loss-Schwellen zu setzen. Auch diese sollten, je nach Schwankungsanfälligkeit des Titels, 10 bis 30 Prozent unter dem aktuellen Kurs liegen. Überprüfen Sie dabei regelmäßig, ob eine Ihrer Aktien darunter gefallen ist. Falls ja, prüfen Sie den Grund dafür: Schwächelt der Gesamtmarkt oder ein Marktsegment (aktuell zum Beispiel Nebenwerte), gibt es keinen Grund für einen sofortigen Verkauf, wenn die fundamentalen Daten des Unternehmens noch gut sind.
Schwächelt aber die einzelne Aktie oder die zugehörige Branche, suchen Sie nach der Erklärung: Haben sich die Aussichten dauerhaft eingetrübt oder gibt es massive Risiken, dann verkaufen Sie. Falls nicht, lohnt es sich, auf eine Kurserholung zu warten.