Ihr Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Die Teuerungsrate in den USA fiel auf drei Prozent im Jahresvergleich und damit deutlicher als von den Analysten erwartet. Das ist fast schon wieder eine normale Inflationsrate. Ok, ein Prozent tiefer muss es noch gehen mit der Teuerung. Der tiefste Stand seit mehr als zwei Jahren zeigt, dass die Normalisierung bei den Preisen zügig voranschreitet. Ganz anders ist die Situation in der Eurozone, wo die Inflationsrate zwar von 6,1 im Mai auf 5,5 Prozent im Juni gefallen ist. Doch stieg die Kernrate im Juni von 5,3 auf 5,4 Prozent, nachdem sie in den beiden Vormonaten gefallen war. Die Kernteuerung bildet nach Meinung vieler Ökonomen die grundlegende Teuerung ab und stellt den Inflationstrend daher etwas besser dar als die Gesamtrate. Zudem geht EZB-Chefin Christine Lagarde davon aus, dass die Inflation nun in eine neue Phase eintritt, in der vor allem die höheren Löhne die Preise treiben werden. Gründe sind die Arbeitskräfteknappheit und der zuletzt vergleichsweise geringe Produktivitätsfortschritt.
Nun hätte Powell die Zinsen durchaus auf dem Stand lassen und damit ein Zeichen setzen können, es läuft wieder normal in den USA, zumal schon im Juni eine Zinspause ohne große Verwerfungen an den Märkten eingelegt wurde. Hat er aber nicht. Die Fed hob ihren Leitzins in dieser Woche um 25 Basispunkte auf einen Korridor von 5,25 bis 5,50 Prozent. Das bedeutet, der US-Leitzins ist nun auf dem höchsten Niveau seit 2001. Und um allen Auguren den Wind aus den Segeln zu nehmen, die jetzt orakeln, es war die letzte Zinserhöhung und im September könnte wieder eine Zinspause kommen und danach wird die große Zinswende eingeleitet, sagte Jay Powell, eine weitere Zinsanhebung sei im September durchaus möglich. Es sei aber auch möglich, dass die Zinsen dann stabil bleiben. Die Entscheidung werde datenabhängig getroffen, und zwar unter Berücksichtigung der Inflationsraten, der konjunkturellen Entwicklung und des Arbeitsmarktes. Bis zur Sitzung am 20. September werden unter anderem noch je zwei Inflations- und Arbeitsmarktberichte veröffentlicht.
Und wie reagieren die Märkte? Sie preisen nach der letzten Sitzung mit rund 80 Prozent Wahrscheinlichkeit ein, dass die Fed am Mittwoch den Zinserhöhungszyklus beendet hat. Die Renditen der US-Staatsanleihen gaben deshalb während der Pressekonferenz Powells leicht nach, der US-Dollar wertete zum Euro moderat ab. Die US-Aktienbörsen, zuckten bloß mit den Schultern und schlossen kaum verändert zu ihren Vortagesschlusskursen.
Auch die EZB zog, sich eh noch im Zinserhöhungsmodus befindend, am Donnerstag nach. Und genau wie die Fed erhöhte sie den Leitzins um 25 Basispunkte auf 4,25 Prozent. Es ist die nunmehr die neunte Erhöhung der Leitzinsen im Kampf gegen, und das muss man immer wieder betonen, die teilweise durch die EZB selbstverschuldete Inflation. Nach Jahren mit Null- und Negativzinsen haben die Währungshüter angesichts der hohen Teuerung die Zinsen seit Juli 2022 in einer beispiellosen Serie angehoben. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte die neunte Erhöhung bereits in Aussicht gestellt. Und wir dürfen im Euro-Raum mit Sicherheit davon ausgehen, dass auch hier noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Erstens hat die EZB zu spät begonnen das Ruder bei den Zinsen herumzureißen. Und zweitens ist die Inflation noch nicht so stark gesunken wie in den USA.
Sparer profitieren nach jahrelanger Flaute von steigenden Zinsen für Tagesgeld und Co. Der Durchschnittszins bundesweit verfügbarer Tagesgeldangebote liegt nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox aktuell bei 1,31 Prozent (Stand 20. Juli 2023). Trotzdem bleiben Aktien mit Ausschüttungsquoten von über sieben Prozent wie bspw. BASF oder gar acht Prozent wie unser Depotwert Mercedes Group und andere Dividendenaktien aus dem DAX40 unerreicht. Dazu kommt die Chance auf Kurssteigerungen der Papiere. Übrigens, parken Banken Geld bei der EZB, erhalten sie dafür künftig 3,75 Prozent Zinsen, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte. Ein sehr gutes Geschäft für die Banken. Sparer sollte sich also doch überlegen, ob sie sich mit solchen, immer noch zu niedrigen Zinssätzen für Tagesgeld & Co zufrieden geben wollen!
Natürlich sind die Aussichten für die Wirtschaft nicht die besten. Die Wirtschaft im laufenden Quartal scheint zu schwächeln. Der ifo Index sank von 88,6 auf 87,3 Punkte – ein Acht-Monats-Tief. Es ist der dritte Rückgang in Folge, was meist einen Abschwung innerhalb der kommenden sechs Monate signalisiert. Hauptverantwortlich für die schlechte Stimmung: deutlich schlechtere Bewertungen der aktuellen Lage durch die befragten Unternehmen. Die Erwartungen fielen dagegen nur geringfügig pessimistischer aus.
Und was macht der DAX40? Er vollführt einen Sprung von aktuell ca. 200 Punkten und erreicht beinahe das Allzeithoch von 16.427 Punkten. Es ist wie in den USA am Mittwoch, die Börsen zucken nur kurz mit den Schultern und streben weiter nach neuen Höchstständen. Die Stimmung an den Märkten ist besser wie die Stimmung in der Wirtschaft. Anlegern bleibt nichts weiter übrig, als die Rallye mitzunehmen. Nur irgendwann ist jede Rallye zu Ende, ein wenig Vorsicht ist immer angebracht.