
Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Es sind nur noch knapp zwei Wochen, dann ist das Börsenjahr 2024 gelaufen. Die wichtigsten Akteure haben sich vom Markt verabschiedet. Das übliche Windowsdressing ist bereits erfolgt, die großen Fondsmanager haben ihre Boni sicher und sich zurückgezogen. Jetzt ist die Zeit der Kleinanleger, denn die sorgen für Bewegung an den Börsen.
Ihr Autor wird auch zum Jahreswechsel wieder einen Rückblick 2024 schreiben und auch einige Prognosen für 2025 wagen. Es war ja wirklich ein interessantes Jahr. Bis dahin ist noch etwas Zeit, erst einmal müssen wir das Jahr 2024 einigermaßen geordnet zu Ende bringen.
Eine Prognose eines Kollegen aus Österreich möchte ich ihnen gern schon offerieren, die zwar nicht ernst gemeint ist, aber vielleicht die ganze Tragik von VW und anderer deutscher Autobauer widerspiegelt. Was wäre, wenn der chinesische Autobauer BYD den VW-Konzern in seiner Gesamtheit übernehmen würde? Keine Sorge, VW ist durch den Anteil des Landes Niedersachsen hinreichend gesichert. Aber spannend wär´s natürlich schon, wenn ein Unternehmen aus dem (mehr oder weniger) planwirtschaftlich organisierten China einen Konzern aus dem (auch mehr oder weniger bzw. immer weniger werdenden) kapitalistischen Westen übernimmt, um diesen zu restrukturieren und zu reformieren. Managementfehler und politische Fehleinschätzungen beiseitelassend und mithin den RunUp zur aktuellen Problematik ignorierend, ist das Drama, dem wir hier erste Reihe fußfrei beiwohnen müssen, ein exemplarisches für die Schwierigkeiten des vermeintlich post-kapitalistischen Europas.
Die Frage stellt sich dabei, ob ein chinesischer Konzern sich so auf der Nase herumtanzen lassen würde und über Job- und Lohngarantien, Lohnerhöhungen in Krisenzeiten, die Beibehaltung von Produktionsstandorte etc. so hart diskutieren würde, wie derzeit hierzulande? Ok, die Chinesen haben eh kleinere Nasen ;), aber sie spielen nun mal in einer anderen Liga.
Es deutet vieles darauf, dass BYD seine Ziele im laufenden Jahr sogar noch übertreffen wird. So war bis dato geplant, im laufenden Jahr 4 Millionen Einheiten zu verkaufen. Der Konzern wird dieses Ziel nach Meldungen aus China übertreffen, weil es „Verkaufszuwächse aufgrund der wettbewerbsfähigen Modellpalette“ geben würde. Das ist zu schwammig. Machen wir es konkreter, BYD hat schlicht und ergreifend schon seit Jahresbeginn z. B. die richtige Rabatt-Politik im Wettstreit mit dem US-Anbieter Tesla gewählt. BYD konnte damit den Anteil am chinesischen Markt deutlich steigern (der im Übrigen der wohl wichtigste der Welt ist, was E-Fahrzeuge betrifft). Der Anteil ist im Oktober auf 16,2 Prozent geklettert. Ein Jahr zuvor waren es 12,5 Prozent.
In den kommenden 12 Monaten würde das Unternehmen nach den aktuellen Berechnungen aus China bei einer anhaltenden Verkaufsstärke sogar mehr als 6 Millionen Einheiten verkaufen können. Damit würden die Chinesen sich auf das Niveau der weltweit führenden Companies begeben: General Motors oder Stellantis lassen grüßen. Das ist ein gigantischer Erfolg.
Aber jetzt gibt es ja wieder Hoffnung für die deutschen Verbrenner-Autoproduzenten.
Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen und Handelskommissar Maroš Šefčovič sind – trotz französischer Kritik – nach Montevideo geflogen, um nach über 25 Jahren (!) Verhandlungen den EU-Mercosur-Vertrag zu unterschreiben. Das Abkommen schafft mit 700 Millionen Menschen die größte Freihandelszone der Welt. In Zeiten von Protektionismus und Zöllen ist das Abkommen ein wichtiges Signal – auch, dass sich Europa in der Welt engagiert. Schließlich ist das Handelsvolumen der Mercosur-Länder mit Europa in den vergangenen gut zwei Jahrzehnten von 31 auf 15 Prozent gesunken, während Chinas Anteil von zwei auf 24 Prozent gestiegen ist. Größter Profiteur des Vertrages dürfte die zuletzt wenig verwöhnte deutsche Automobilindustrie sein. Noch müssen Ministerrat und EU-Parlament zustimmen, aber der Subindex für Autos und Autoteile des STOXX 600 reagierte mit plus vier Prozent in drei Tagen und schon einmal positiv. Mit Recht, denn wie mir ein Schulfreund, der im Dreiländereck Paraguay, Argentinien und Brasilien lebt, berichtete, sind Verbrenner dort sehr gefragt. Er hat noch kein Elektroauto dort gesehen. So wird es wohl auch noch einen Weile bleiben. Zumindest bis China oder Tesla den Markt entdecken wird.
Wenn deutsche Autobauer beim E-Autobau ins Hintertreffen geraten sind, der Rohstoff Lithium, das dafür benötigt wird, ist nicht mehr Schuld. Zumindest in Europa wird in Serbien, gehört zwar noch nicht der EU an und hat eine Russland-freundliche Regierung, Lithium gefördert. Bundeskanzler Scholz und Präsident Vucik unterzeichneten eine entsprechende Vereinbarung.
Gut drei Jahre nach seinem Amtsantritt hat Kanzler Olaf Scholz beim Bundestag die Vertrauensfrage beantragt, um eine vorgezogene Bundestagswahl herbeizuführen. Er übermittelte den Antrag am 11. Dezember 2024 wie geplant an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Die Abstimmung darüber soll dann am 16. Dezember stattfinden mit erwartbarem Ergebnis und am 23. Februar 2025 wird die Bundestagswahl sein. Was machen wir aber, wenn die Vertrauensfrage gewonnen wird und Scholz das Vertrauen bekommt? 😉 Keine Sorge, wird bestimmt nicht passieren.
Und weil der geschäftsführende Kanzler ja jetzt nicht mehr so viel zu tun hat, hat er zu einem Stahlgipfel eingeladen, herausgekommen ist nichts Konkretes. Erstens hat er keine Gestaltungsmehrheit im Parlament, zweites kein Geld und drittens muss er erst in Brüssel nachfragen, was überhaupt geht. Aber es täuscht Aktivität vor im heraufziehenden Wahlkampf. Werden wir also noch öfter erleben in den nächsten Wochen.