Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Wenn Sie diesen Newsletter erhalten, dann wird die zweite Runde der Wahl in Frankreich abgeschlossen sein. Aber diese Frankreichwahl wird aus Sicht ihres Autors wirtschaftlich nicht viel verändern, egal wie sie ausgeht. Der Präsident in Frankreich hat sehr viel Einfluss auf die Politik (Stichwort: Cohabitation), im Gegensatz zum deutschen Bundespräsidenten, dessen Einfluss gleich null ist.
Und auch die Wahl in Großbritannien wird bereits dann entschieden sein. Die Tories abgewählt und Labour wird die Regierung im Vereinigten Königreich übernehmen. Keine große Überraschung, haben die Briten doch unter den vielen Premierministern ihrer bzw. seiner Majestät in letzter Zeit geradezu gelitten. Keir Starmer, Chef der Labour-Party und damit auch gleichzeitig als Wahlsieger Premierminister, hebt sich wohltuend ab vom Chaos und Skandalen der letzten Torie-Jahre. Außerdem gilt er als EU-freundlich. Den Brexit wird er aber nicht rückgängig machen. Die Lebenshaltungskosten steigen, die Wirtschaft lahmt, das Gesundheitswesen ist förmlich im Eimer, die Einwanderungszahlen liegen auf Rekordniveau. Es gibt unzählige Baustellen, aber nur wenig Geld. Wo das herkommen soll, hat Starmer bisher nicht erklärt, aber das scheint den britischen Wähler auch nicht zu interessieren. Hauptsache eine neue Regierung in Downing Street 10.
Aber kommen wir jetzt zu den Geschehnissen in den USA.
Schlimmer geht nimmer, so kann man das Duell der Greise in den USA bezeichnen. Warum zum Teufel sagt niemand zu Old Joe, es ist genug, genieße deinen wohlverdienten Ruhestand? Nur Lyndon B. Johnson stellte sich in den vergangenen 100 Jahren in den USA nicht zur Wiederwahl. Er übernahm das Amt 1963, als John F. Kennedy ermordet wurde, wurde 1964 wiedergewählt und verzichtete 1968 auf eine erneute Kandidatur. Seine Entscheidung war eine Reaktion auf die drastisch gesunkenen Zustimmungswerte aufgrund der Ausweitung des Vietnamkriegs. Eine solche Entscheidung wäre der richtige Weg für Joe Biden gewesen.
Doch Biden möchte antreten. Die Demokraten demonstrieren Geschlossenheit und stehen hinter ihm. Doch sein Auftritt im TV-Duell mit Donald Trump war katastrophal. Er hält sich für die einzige Alternative zu Donald Trump, der seiner Überzeugung nach eine Katastrophe für die USA wäre. Biden, ein seniler und vergrämter Greis soll die größte Wirtschafts- und nebenbei auch mächtige Militärnation die nächsten vier Jahre führen? Die Demokraten schaffen es intern noch nicht Biden von einem Rücktritt zu überzeugen, höchstwahrscheinlich, weil andere im Weißen Haus im Hintergrund die Fäden ziehen.
Der einzige Grund, warum sie Biden sonst noch nicht ausgetauscht haben, wäre in den enormen Summen an Wahlspenden zu sehen und hier will man das geölte, erfolgreiche Spendensystem weiter nutzen, was auch verständlich erscheint. Bis Ende Mai 2024 haben die US-Politiker in Höhe von 2,7 Milliarden Dollar Wahlspenden eingesammelt. Die Demokraten liegen mit 1,34 Milliarden immer noch knapp vor den Republikanern mit 1,27 Milliarden.
Und so könnte es passieren, dass die Demokraten ihren Kandidaten kurz vor der Wahl noch austauschen werden und einen Kandidaten aus dem Hut zaubern, bei dem die gegnerische Partei mangels Zeit kaum noch nennenswert Leichen im Keller suchen kann. Eine Wiederwahl Bidens hält die Welt für ausgeschlossen. Entweder er verzichtet oder Donald Trump zieht ins Weiße Haus ein.
Aber würde das die internationalen Märkte wirklich negativ beeinflussen? Sicher nicht, denn jeder weiß, wie Trump tickt. Mag er für sein Leben und seine Lügen kritisiert werden, wirtschaftspolitisch hat er den Märkten nicht geschadet. Seine Steuersenkungsprogramme haben die Märkte wohlwollend goutiert. Natürlich waren sie auf Pump finanziert, aber was ist in den Staaten nicht kreditfinanziert? Und hier dürfen wir Trump wirklich einmal glauben, dass er die Wirtschaft entfesseln will. Niedrige Steuern, Strafzölle, Massenabschiebungen: Trumps Wirtschaftsprogramm nimmt Form an. Die Zustimmung wächst – unter Wählern und wen wundert`s an der Wall Street. Als Beispiel mag hier die in ihren Anlageentscheidungen auch nicht immer richtig liegende Star-Investorin Cathie Woods gelten: „Trump wäre am besten für die US-Wirtschaft.“ Und Fakt ist auch, dass ein Präsident Trump die Gesetze seines Vorgängers bzgl. des IRA= Inflations Reduction Act nicht oder nicht vollständig zurücknehmen wird. Dazu wurde zu viel schon investiert durch amerikanische Unternehmen. Zentraler Inhalt von IRA ist bekanntlich die gezielte Förderung der inländischen Produktion von Batterietechnik für Elektromobilität und der Aufbau von Wasserstoffstrukturen innerhalb der USA. Außerdem ist ein Sozialpaket zur Gesundheitsvorsorge enthalten, z. B. durch die Begrenzung der Preise für verschreibungspflichtige Medikamente. Finanziert werden soll die Umsetzung hauptsächlich durch die Einführung einer Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne in Höhe von 15 Prozent. Auch die China Sanktionen dürften wohl unangetastet und vielleicht weiter ausgebaut werden.
Einer würde unter Trump wahrscheinlich seinen Hut nehmen müssen, Fed-Chef Jay Powell. Im Februar dieses Jahres sagte Trump in einem Interview, er werde im Falle seiner Wiederwahl Powell ersetzen. Die gegenwärtige zweite Amtszeit des Notenbankchefs endet im Mai 2026.
Trump will dem gut informierten „Wallstreet Journal“ zufolge jemanden an der Spitze der Notenbank, der ihn de facto als ein Mitglied des FOMC genannten Zins-Ausschusses behandelt. Die Zeitung beruft sich dabei auf mehrere Personen, die mit Trump über die Fed gesprochen haben. Trumps Wunsch: Der Fed-Chef müsse ihn regelmäßig nach seiner Ansicht über die Zinspolitik fragen und dann versuchen, diese im Ausschuss durchzusetzen. Ob das allerdings den Märkten so gefällt, bleibt abzuwarten.