Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Unser alter Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe hatte noch nicht mit den Gipfeln der heutigen Zeit zu tun, als er sein Wanderers Nachtlied veröffentlichte, aus dem wir uns heute einmal für unsere Überschrift bedient haben.
Wir hätten auch schreiben können, die Gipfelstürmer sind unterwegs. Nur haben Gipfelstürmer meist etwas Revolutionäres an sich und das waren die Gipfel im Kanzleramt und beim Finanzminister bestimmt nicht. Und wenn wir den Deutschlandfonds des Wirtschaftsministers dazu nehmen, ist wirklich über allen Gipfeln der Regierenden in diesem Land Ruh. Motto: Wir haben doch etwas getan, unabgestimmt und ergebnislos. Es ist weder das Geld vorhanden und auch nicht der politische Wille. Eigentlich ist die Ampel am Ende. Aber es ist egal, wann diese Regierung aufgibt. Ob dieses Jahr noch oder nächstes Jahr. Deutschland ist in die Lethargie der letzten Kohl- oder Merkeljahre gefallen, nur dass die ein paar Jährchen länger am Ruder waren. Da sind die Ampeljahre nur eine kleine zu vernachlässigende Episode in der bundesdeutschen Geschichte.
Die Inflation in Deutschland ist im Oktober überraschend kräftig gestiegen. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich um durchschnittlich 2,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einer Teuerungsrate von 1,8 Prozent gerechnet. Im September war sie mit 1,6 Prozent noch auf den tiefsten Stand seit rund dreieinhalb Jahren gesunken. Von September auf Oktober erhöhten sich die Lebenshaltungskosten um 0,4 Prozent. Das dürfte die EZB bzgl. Zinssenkungen ins Schwitzen bringen.
Aber kommen wir jetzt zum Feiern. Nein, ihr Autor meint jetzt nicht die Steigerung des BIP, das im dritten Quartal 2024 um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen ist. Nein, wir feierten am 30. Oktober den Weltspartag. Und nicht irgendeinen Weltspartag, der jedes Jahr unterschiedlich in den einzelnen Filialen der Kreditinstitute begangen wird. Es war immerhin der 100. Weltspartag. Allerdings, große Geschenke zum Jubiläum haben die Kreditinstitute eh nicht gemacht, denn geht es mit den Zinsen auf Tages- und Festgeld bergab.
Die deutsche Bevölkerung spart trotzdem. Statistiker haben ausgerechnet, von 100 Euro, die ein privater Haushalt zur Verfügung hat, wandern im Schnitt 11,10 Euro auf die hohe Kante. Das führt dann dazu, dass 280 Euro jeden Monat durch jeden Einwohner hierzulande gespart werden. Wow, dann dürften die Probleme mit der Altersvorsorge gar nicht so gravierend sein.
Aber wie das nun einmal mit Statistiken so ist, sie stimmen für den einzelnen meistens nicht so richtig. Während einige Haushalte viel Geld sparen können, bleibt bei anderen am Monatsende wenig bis nichts übrig. Wie viele Deutsche das betrifft, zeigt eine repräsentative YouGov-Umfrage im Auftrag des Finanzunternehmens Raisin: Demnach gaben zwei von fünf Befragten an, zu wenig verfügbares Einkommen zum Sparen zu haben. 18 Prozent legen gar kein Geld zur Seite, bei den Frauen sind es sogar 22 Prozent. Oder wie lautete dazu die passende Lebensweisheit, die für viele Menschen in unserem Land zutrifft: Am Ende des Geldes ist immer noch so viel Monat übrig. Frauen müssten eigentlich wirklich mehr sparen als die Männer. Grund ist ihre größere Rentenlücke, also die Differenz zwischen dem Geld, das sie im Ruhestand benötigen, und ihrer erwarteten gesetzlichen Rente. Ja und dann, wer sein Geld auf einem Sparkonto liegen lässt, wird am Ende wegen der Inflation weniger haben als er eingezahlt hat. Wir werden uns im Zuge der privaten Altersvorsorge und den geplanten Neuerungen noch einmal damit beschäftigen.
Wir haben zu viel Strom in Deutschland, was auch einen Mangel darstellt. Klingt verrückt? Ist es auch. Grundsätzlich stehen 90 Gigawatt Photovoltaik-Leistung zur Verfügung. Diese Gesamtkapazität wird allerdings nicht einmal im Winter abgerufen – in der Spitze steigt die Nachfrage auf bis zu 75 Gigawatt. Im Sommer, wenn der Stromverbrauch geringer ist, führt das zu einer deutlichen Überkapazität. Und so verwundert es nicht, dass bereits im September dieses Jahres für 413 Stunden negative Strompreise zu Buche standen – so viel wie im ganzen Jahr 2023. Diese negativen Preise ergeben sich, weil aufgrund der garantierten Einspeisevergütung am Tag mehr Strom produziert als verbraucht wird. Mangels Speicherkapazität und um Blackouts zu vermeiden, wird der überschüssige Strom ins Ausland verkauft, beispielsweise an Pumpspeicherbetreiber. Paradox an der Situation ist, dass Deutschland nachts Strom teuer aus dem Ausland importiert. Warum also nicht massiv in Stromspeicher investieren, um den tagsüber produzierten Strom auch nachts zur Verfügung stellen zu können? Denn dann müsste weniger Geld aus dem Klima- und Transformationsfonds für die Einspeisegarantie ausgegeben werden und die Mittel stünden für andere Zwecke bereit, beispielsweise für den Ausbau des ÖPNV.
Bald ist das Theater um die US-Präsidentenwahl entschieden. Keine Sorge, ihr Autor hält sich an sein Versprechen bis zum Ergebnis nichts mehr darüber zu schreiben. Aber das Weiße Haus wird einiges in der Wirtschaft zu tun bekommen, wie die neuesten Daten aus den USA beweisen. Die Zahl der offenen Stellen ist laut JOLTS- Report im September merklich niedriger als erwartet worden war; sie sank von 7,9 auf 7,4 Millionen – das niedrigste Niveau seit Anfang 2021. Die Zahl der freiwilligen Kündigungen blieb bei 3,1 Millionen, die Entlassungen stiegen jedoch von 1,6 auf 1,8 Millionen. Trotzdem: Die Stimmung der US-Verbraucher hat sich dagegen spürbar aufgehellt. Der Conference Board Index des Verbrauchervertrauens stieg von 99,2 auf 108,7 Punkten – der stärkste monatliche Anstieg seit März 2021. Besonders der Subindex für die Einschätzung der aktuellen Lage verbesserte sich stärker als von Analysten im Vorfeld erwartet wurde. Da die US-Notenbank Fed zuletzt deutlich gemacht hatte, dass sie sich bei ihren geldpolitischen Entscheidungen primär nach den Entwicklungen an den Arbeitsmärkten richte, wurden die JOLTS-Daten an den Märkten stärker gewichtet als der Anstieg des Verbrauchervertrauens. Also auch hier unterschiedliche Signale. Und über allen Gipfeln ist Ruh, dürfte das Motto bis zum Januar 2025 lauten. Bis dahin oder noch länger wird der juristische Streit andauern, wer denn nun wirklich gewonnen hat.