
Torsten Arends, Geschäftsführung des NDAC
Den Tag der Befreiung begingen die DDR-Bürger am 08. Mai, lange Zeit war das sogar ein Feiertag. Ob die US-Bürger den „Liberations Day“, den der US-Präsident in der abgelaufenen Woche ausgerufen hat, auch einmal feiern werden, bleibt dahingestellt.
Show kann er, der Entertainer im Weißen Haus, muss man ihm lassen. Und er wusste genau, was er tat, als der die Strafzölle gegen den Rest der Welt verkündete. Er tat es nicht im Laufe des Tages, sondern wartete mit seinem Auftritt im Rosegarden des Weißen Hauses bis die Wallstreet geschlossen war. Irgendwie muss er mit einer negativen Reaktion der Märkte gerechnet haben und das wäre der großen Showveranstaltung unwürdig gewesen. Jetzt merken es die Bürger in den USA, wenn sie sich bspw. ein neues Auto zulegen wollen, einen importierten Wagen, weil diese qualitätsmäßig den inländischen Fahrzeugen überlegen und für bisher 30.000 Dollar zu haben waren. Jetzt kostet er nach den neuen Zöllen wohl mehr als 37.000 Dollar.
Die Liste der Länder ist lang gewesen, die die US-Amerikaner bislang ausgebeutet haben, wie der Präsident es formulierte. Eigentlich betraf es fast die ganze Welt. Außer bspw. Nordkorea, Kuba und ganz erstaunlicherweise auch Russland. Na ja, da hat er sich wieder einmal in den Staub vor Putin geworfen, der Donald. Israel hat vor lauter Demut im Vorfeld gleich alle Zölle auf importierte US-Produkte fallen gelassen.
Es wird Gegenmaßnahmen geben und die werden die US-Wirtschaft wiederum hart treffen. Das worst case Szenario für die US-Tech-Riesen würde eintreten, wenn sie im EU-Raum den gesamten erzielten Gewinn versteuern regulär müssten, was ja irgendwie geplant ist. Dann dürfte der Druck auf das Weiße Haus sehr groß sein, die Zölle wieder aufzuheben.
Wenn wir uns das ganze volkswirtschaftlich betrachten, dann trifft es den Welthandel nicht ganz so hart, wie befürchtet. Denn, und das wird den Imperator im Weißen Haus gar nicht gefallen, die US-Wirtschaft spielt nicht mehr die Hauptrolle im globalen Handel. Am Ende des Jahrhunderts waren sie noch für 20 Prozent des Welthandels verantwortlich. Mittlerweile sind es nur noch 15 Prozent. In der Zwischenzeit sind andere Freihandelsabkommen, zum Beispiel zwischen Japan, Mexiko und Chile, das Transpazifische Abkommen, gewachsen. Das sind 22 Prozent des Welthandels. Dazu kommen noch zwölf Prozent der Europäischen Union. Und wir sehen, wenn diese zusammenarbeiten, liegen sie mit 34 Prozent schon über dem, was die USA für den Welthandel beitragen. Und damit ist das auf die Ratifizierung wartende Abkommen zwischen den Mercosur-Staaten und der EU noch gar nicht berücksichtigt.
Besonders wird es die Volksrepublik China treffen. Dass dies nicht zu Unrecht geschieht, dürfte wohl den meisten Experten klar sein. Der US-Präsident hat immer wieder darauf hingewiesen, dass durch Währungsmanipulation oder durch erschwerten Zugang zum Markt etwa die Handelsbilanz oder der Handel überhaupt und generell behindert wird. Und da haben ja auch die Europäer und die Deutschen sich schon oft an China gewandt und sich beschwert. China ist zwar 2001 der Welthandelsorganisation beigetreten, hat aber alles getan, um die Regeln, die dort gelten, zu unterminieren. Und von daher ist das, was im Hinblick auf die Volksrepublik jetzt gesagt wurde, die erhöhten Tarife, die Strafzölle, in der Tat richtig und wird wahrscheinlich auch von vielen anderen Ländern und Experten so geteilt werden.
Warten wir ab, wie die Europäer und der Rest der Welt reagieren werden. Die Börsen haben in der Woche einen schwarzen Donnerstag erlebt, aber die Welt dreht sich weiter und sehr bald wird sich der Staub legen, die Karawane zieht weiter, wie man so schön sagt. Ganz mutige Anleger sammeln jetzt die Aktien, die schon sehr teuer waren, billig auf. Natürlich nach der Reaktion der Welt auf die US-Zölle.
Und noch ein Tag der Befreiung steht bevor. Elon Musk, der erratisch agierende Präsidentenberater, zieht sich (vorerst) zurück. Er wird sich wahrscheinlich um sein Baby Tesla kümmern müssen. Der US-Elektroautobauer Tesla hat zum Jahresauftakt einen deutlichen Absatz-Rückgang zu verkraften. Von Januar bis März fielen die globalen Verkäufe gegenüber dem Vorjahr um 13 Prozent auf 336.681 Autos. Dies war der tiefste Stand seit Mitte 2022. Analysten waren zuletzt von 390.000 Autos ausgegangen. Im Januar hatten die Prognosen noch bei 460.000 Einheiten gelegen. Zur Begründung für den schlechten Jahresauftakt verwies Tesla auf den Modellwechsel beim Bestseller Model Y. Das habe zu Produktionsstopps in vier Werken geführt. Das Musk und sein Ausflug in die Politik ebenfalls für den Absatzschwund verantwortlich ist, wird natürlich nicht vom Unternehmen kommentiert. Er ist ja schließlich der Boss.
Allerdings verweisen Beobachter auch auf die umstrittene Rolle von Elon Musk. Der Tesla-Chef hatte den Wahlkampf von Donald Trump mit über 250 Millionen Dollar unterstützt. Nach dem Einzug ins Weiße Haus wurde vom neuen Hausherrn an die Spitze des neu geschaffenen Departments of Government Efficiency (DOGE) berufen. Es soll die US-Bundesbehörden radikal verkleinern und die im republikanischen Wahlkampf bemängelte Verschwendung von unsinnigen Staatsausgaben stoppen. Am amerikanischen Tag der Befreiung wurde bekannt, dass Musk seinen Job als Regierungsberater womöglich vorzeitig niederlegen will, auch wenn seine Behörde DOGE weiter agieren soll. Als Unternehmer ist er wirklich besser geeignet. Auch wenn er sich aus dem Umfeld des Weißen Hauses nicht zurückziehen wird, dazu hat er zu viel in die Republikanische Partei investiert. Medien sprechen über vier Milliarden Dollar in den letzten Jahren.